FolkWorld Ausgabe 39 07/2009

FolkWorld CD Kritiken

Matt & Shannon Heaton "Lovers' Well"
Label: EatsRecords; CD008; 2009
Mehr oder weniger zufällig erzählt jeder Song auf ihrem aktuellen Album "Lovers' Well" eine Liebesgeschichte, wobei die interessanteren Aspekte im Vordergrund stehen: obskures Liebeswerben, Trennungsschmerz, Begierden, die zu Mord und Totschlag führen. "Lily of the West", "Bay of Biscay", das thailändische "Lao Dueng Duen" (Im Licht des Vollmonds) aus dem 10. Jahrhundert, sowie einige Instrumentalsets, wobei die Titel der einzelnen Tunes ebenfalls mit dem Thema Liebe in Zusammenhang stehen. Matt und Shannon Heaton (FW#26, FW#27, FW#35) leben in Boston, Massachussets. Beide singen, Shannon spielt Flöte und Whistle, Matt Gitarre und Bouzouki. Die Musik ist tief in irischen Traditionen verwurzelt, das Duo lehnt andere Einflüsse aber nicht puristisch ab. Eine Quelle guter Musik, die einfach zum liebhaben ist.
www.mattandshannonheaton.com
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"Noarnfülm - 25 Jahre Aniada a Noar" [DVD Video]
Label:
Extraplatte; EX-DVD 013; 2008; 75 min + Extras
Die steirische Gruppe Aniada a Noar (FW#10, FW#39) spielt Volksmusik. Die Betonung liegt auf Volksmusik, weder volkstüm- noch -dümmlich. Zum 25jährigen Jubiläum der Band ist nun ein Film vom Grazer Regisseur Heinz Trenczak über Aniada a Noar und den Folkrockableger Polka Potente erhältlich. Der Regisseur folgte wie narrisch der Gruppe 22 Monate lang von der Weststeiermark über Wien nach Mittelamerika. Michael Krusche (Gitarre, Geige), Wolfgang Moitz (Flöte, Dudelsack), Bertl Pfundner (Zieharmonika) und Andreas Safer (Geige; Herausgeber des Doku-Bandes "Folk & Volxmusik in der Steiermark" -> FW#13) erzählen von ihren ganz unterschiedlichen Werdegängen und wie sie gemeinsam älter geworden sind. Es sind Auftritte im Orpheum in Graz und im Wiener Porgy & Bess zu sehen, sowie die Tour von Polka Potente im Januar 2008 durch Guatemala. Als Bonus gibt es Konzertausschnitte aus den achtziger Jahren, als man noch Folkfriends hieß, "Dat du min Leevsten büst" sang und Irish tunes spielte. Der Doku-Film ist keine große Kunst, eine gekürzte Fassung lief im ORF, aber doch unterhaltsam und informativ.
www.aniada.at, www.polkapotente.at
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Liz Carroll & John Doyle "Double Play"
Label:
Compass; 7 4502 2; 2009
Es ist Liz Carrolls (Geige) und John Doyles (Gitarre) zweites Abum nach "In Play" (FW#32). Hat man seit 1999 hin und wieder zusammengespielt, sind beide mittlerweile ein konstant tourendes Duo und gut eingespieltes Team. Es gibt wenige Musiker, deren eigene Kompositionen so schnell ins Sessionrepertoire eingegangen sind als die von Liz. Auf "Double Play" finden sich 14 Tunes von ihr, darunter ihr Kompositionsdebüt, der schnittige "Quitter"-Reel, sowie das "Lament for Tommy Makem", das so freundlich und wohlerzogen daherkommt wie der verstorbene Tommy Makem gewesen ist (FW#34). Sechs Stücke stammen von John, weitere sechs sind traditionell, inklusive Gitarrensolos. Eine Neuerung sind Johns Gesangsleistungen, und Stimme wie Gitarre passen. Er hat Ed Pickfords Streiklied "A Pound a Week Rise", das traditionelle Liebeslied "Down at the Wakehouse" und die Jagdballade "The Hare's Lament" gewählt. Eines der besten irisch-amerikanischen Duos, das derzeit unterwegs ist, verschafft mir das Vergnügen, das mir beispielsweise Johns alte Band Solas schon lange nicht mehr bietet (FW#32).
www.lizcarroll.com, www.johndoylemusic.com
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An Lar "Yarn"
Label: Eigenverlag; 2009
Geht das? Fetzige irische Musik aus Bern, dem gemütlichsten Kanton der Schweiz? Es geht. An Lar sind weniger gemütlich denn lässig, und das steht der Musik gut an. An Lar steht in Irland auf den Verkehrsschildern und zeigt den Weg ins Stadtzentrum an, den Weg von traditioneller Musik zu urban folk music. Dävu Brühlmann singt mit cooler Stimme (erinnert mich an Tears for Beers -> FW#18), den Opener, das selbstverfasste "Launching the Boat", gleichermaßen wie die Traditionals "John Barleycorn" und "The Night Before Larry Was Stretched" und Ewan MacColls "Tunnel Tigers". Die Lieder enthalten nette musikalische Ideen, so kann man beispielsweise an einer Stelle die Melodie des bekannten Liedes vom "Blacksmith" als Zwischenspiel vernehmen. Stefanie Aeschlimann (Geige), Jürg Frey (Banjo, Gitarre, Whistle, Konzertina) und Matteo Hofer (Mandola, Gitarre, Whistle, Flöte, Mandoline) spielen aber auch (überwiegend selbst komponierte) Tunes. "Yarn" ist bereits die vierte CD der Berner Band: Seemannsgarn aus den Bergen. So wenig widersprüchlich wie irische Musik aus der Schweiz.
www.anlar.ch
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Haase "Nimmersatt"
Label: O.K. Büro; 2008
Der Leipziger Christian Haase (FW#32) ist als Interpret von Gundermann-Liedern (FW#11) bekannt geworden. Er hat den Absprung rechtzeitig geschafft und eigene Texte, trockenen Witz und lakonische Melodien zu bieten. Gundermannhaft, rio-reiserisch, mit einem Schuss Grönemeyer und ein bißchen Wecker sucht er gesanglich nicht den Weg in den Schlüpfer jedes Mädchens, sondern in Herz und Hirn seines Publikums. Die Pop- und Folkrock-Lieder auf "Nimmersatt" sind sparsam instrumentiert. Haase hat akustische und elektrische Gitarren, Klavier und Perkussion selbst eingespielt. Das einzige Coverstück, eine Interpretation des alten "Papst und Sultan" des Theologen und Lehrers Christian Ludwig Noack (1767-1821), macht mir Lust, es selbst mal wieder mit dem Lied zu versuchen. Stücke wie "Affenkrieg" können sich durchaus zu Ohrwürmer entwickeln. Mich irritieren nur die plötzliche Ausblendungen, vieles wirkt unvollendet und skizzenhaft. Das klingt negativer, als ich es meine. "Nimmersatt" ist ein interessantes und unterhaltsames Album. Ein guter Beginn, die ersten Schritte sind getan ...
www.haase-band.de
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Deirdre Starr "The Tree Below the Road"
Label:
Peregrina; PM50552; 2009
Don't sing love songs ... Deirdre Starr (FW#34) ist eine irische Sängerin und Pianistin, die hier in Deutschland seit der Irish Spring Festival Tournee 2005 bekannt ist. Auch auf ihrem dritten Album "The Tree Below The Road" verzaubert sie mit warmer, eindringlicher Stimme und getragenen, besinnlichen Balladen. Populäre als auch weniger bekannte Lieder aus dem keltischen und anglo-amerikanischem Raum: "The Wind that Shakes the Barley", "Matty Groves", "Go From My Window", "I Live Not Where I love", "Lover's Ghost", "Cliffs of Dooneen". "Silver Dagger" hat eine neue Melodien erhalten, Deirdre nimmt sich einige Freiheiten, die sich unter living tradition einordnen lassen. Eine Version von Bob Dylans "Make You Feel My Love" von seinem Album "Time Out of My Mind" (1997) rundet das Ganze ab. Die melodramatischen Balladen sind geprägt durch ihr intensives Klavierspiel, das sanft perlt, aber auch in poppigere Gefilde aufbricht, prägnantem Bass (teils gestrichen) und Flöten- und Fiddletupfern (z.B. von Tola Custy). So weit, so gut. Aber neben den Liedtexten im Booklet gibt es englische und deutsche Erklärungen und damit hat sich Deirdre keinen Gefallen getan: aus dem Unquiet Grave wird Das laute Grab und ein Slow Air ist die irische Tradition der Weitergabe von Musik ohne Noten, nur durch Vorsingen oder Vorspielen ...
www.deirdrestarr.com
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Carinthian Folk Project "Carinthian Folk Project"
Label:
d'Ohr Records; 2008
Kemmts lei eina in die Stubn, kemmts lei eina ins Haus. Wann ma mitanand singan gehn die Liadln nia aus. Ruckt's lei zuaba, ruckt's lei zuaba, stellt's das Sorgnsackl hin. Seint vielleicht in etla Stundn lauta liabe Liadlan drin. Klingt nach Kärnten, dabei ist der Kärtner Sänger und Bouzoukispieler Hubert Dohr vor allem für irische Musik bekannt, zuletzt in der Formation Squadune (FW#7, FW#25) mit Martin Moro (FW#32 und Stony Steiner (FW#36). Sammy Vomacka und Andy Irvine sind Huberts Vorbilder, außerdem hat er ein großes Interesse an Balkan- und Bordunmusik. Ich weiss nicht, was die Kärntner Chorpolizei nun zu einem Stück wie "Auf da fratn verschlaft die Sunn" im 7/8-Takt sagt? Oder wenn "Gestern auf die Nacht" als irischer Jig gespielt wird? Der Ergebnis ist wohlbekömmlich. Auf den (wahrscheinlich nicht bewusst gewählten) Spuren von Deitsch (FW#31) verbindet Hubert seine keltische Sozialisation mit dem überkommenen Kärntnerlied. Es singen bekannte und weniger bekannte Kärntner Sängerinnen und Sänger und abhängig vom jeweiligen Interpreten (und dem Geschmack des Zuhörers natürlich) entsteht locker-flockiger Folk oder volkstümliche Gravitas.
www.hubertdohr.com
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Brian McGrath "Pure Banjo"
Label:
Gael Linn; CEFCD 192; 2008
Brian McGrath aus dem schönen irischen County Fermanagh kann bereits auf eine illustre Karriere zurückblicken. Als Kind erlernte er das Piano und später Akkordeon und Banjo, seinen Eltern gehörte ein Pub, das kein Musiker ausließ. Später dann spielte er in Bands wie Dervish (FW#35), Four Men and A Dog (FW#35), De Dannan und der Sean Keane Band (FW#39), um seinen gegenwärtigen Hafen bei At the Racket (FW#3) zu finden. Mit Mitspielern wie Aidan Flanagan (Flöte), Alec Finn (griechische Bouzouki), Arty McGlynn (Gitarre) und Ringo McDonagh (Bodhran) hat er nun sein Solodebüt eingespielt. Den Titel "Pure Banjo" darf man dabei nicht allzu ernst nehmen, Brian spielt nicht nur das irische Tenorbanjo, sondern auch Keyboardbegleitung und Sologitarre, wie beispielsweise bei der Carolan-Weise "Planxty Davis". Der überwiegende Part zeigt allerdings seine Banjokünste: gefühlvoll und virtuos - mit einem Gefühl für den Sound in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
www.myspace.com/brianmcgrathirishmusic
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Red Hot Chilli Pipers "Blast Live" [DVD Video]
Label:
REL Records; RDVD 078; 2008; Spielzeit: 1:32:42 + Extras
Anderthalb Stunden live im Old Fruitmarket in Glasgow sowie diverse DVD-Extras wie ein Interview (sofern man es durch den schottischen Akzent schafft) bieten uns die Red Hot Chilli Pipers. Nomen est omen: In schwarze Kilts gehüllt, die Instrumente und Strümpfe blutrot, drei Bagpiper, zwei Snare-Trommler, sowie eine Rockbesetzung bestehend aus Stromgitarre, Bass und Schlagzeug. Sie spielen Bagrock, Instrumentalmusik jenseits von Wolfstone und den Leningrad Cowboys. Überwiegend schottische Pipemusik, aber auch ein wildes Medley aus "Smoke on the Water" (Deep Purple) und "Thunderstruck" (AC/DC), Coldplays "Clocks" (absolut stimmig, vor allem, da Coldplay mich bislang nicht überzeugt haben), John Farnhams "You're the Voice", Queens "We Will Rock You", "Hey Jude" von den Beatles und "Rockin' All Over the World" von Status Quo. Es lässt sich nicht vermeiden, dass sich musikalisch nach einer Weile alles wiederholt. Der Innovationsfreudigkeit sind natürliche Grenzen gesetzt, auch wenn es sich um begabte Knaben handelt. Der Folkrocksound der Red Hot Chilli Pipers dürfte hierzulande Gefallen finden. Natürlich ist vieles hier Show - auch das wird vielen gefallen, also sollte man als Kritiker lieber den Kopf zuhause lassen und einfach eine gute Zeit haben.
"Blast Live" ist auch als leicht gekürzte CD erhältlich, es kommt visuell aber einfach besser.
www.redhotchillipipers.com
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Die Strottern "I gabat ois"
Label:
Cracked Anegg Records; 2008
Grüß Gott, ich bin das Wienerlied und woit mi bei ihna beschwean, wo sie do oiweu mochn, i kauns scho nimma hean, glaums nua weu sie saufn, dirfns mi scho rezitiern ... Die Strottern stemmen sich zäh und biegsam wie ein Weinstock am Wiener Nussberg gegen Klischees von Heurigen- und Fiakerseligkeit. Keine Reblaus, keine Dirndl und Trachtenjanker. Auch wenn es in ihren eigenen Texten sowie zwei Wilhelm-Busch-Adaptionen um Alkohol und Tod geht und man damit in einer langen Wienerliedtradition steht. Sie verraten die Tradition nicht, wollen aber nicht in weinseligen Klischees von Wiener Gemütlichkeit versinken. Das ist eher Hans Moser auf Acid. "Linz" ist Teil 1 des Landeshauptstadt-Bashings, weitere Teile sollen folgen. In "Dod und Dodal" will Gevatter Tod sich zur Ruhe setzen und übergibt seinem Sohn das Geschäft. Ein Text von Peter Ahorner, Strottern-Ersatz für den legendären Artmann, den man nicht vertonen will; zwei weitere Texte stammen von Kollegium-Kalksburg-Kollege Vincenz Wizlsperger (FW#31). Mit selbigem und anderen Wiener Musikern wird der Klanghorizont von Gesang, Geige und Gitarre erweitert, sodass sich sogar das Jazzlabel Cracked Anegg ihrer angenommen hat. Grüß Gott, ich bin das Wienerlied, bei ihna woit ich mich bedankn. So zoat wie sie mit mir umgehn, das bringt ja an Fösn zum wankn. Leida sind sie da sehr alleine, niemand singt so schön mich wie sie. Sie hoitn s as hoch die Melodien, sie singan so schön, vielleicht wiads doch weidagehn, sie san hoid die bestn in Wien.
www.diestrottern.at
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Harpish "Daydreamdiving"
Label: Eigenverlag; 2009
"Daydreamdiving" ist ein relaxtes Album mit teils wunderschönen Tunes. Wenn man einen Vergleich ziehen möchte, fällt mir dazu Olaf Sickmann ein (FW#38). Harpish sind Manfred Noll (Bouzouki, Mandoline) aus Unterfranken, Stefanie Bieber (Harfe, Flöte, Whistle) aus Frankfurt/Main plus Gast-Bodhranist Matthias Eisenbarth. Beinahe alle Titel sind Eigenkompositionen (zwei Ausnahmen: der Reel "Lady Birr" und eine bretonische Melodie). Den teils keltisch, teils nordisch anmutenden Stücke gelingt es, Stimmungen auszudrücken und Atmosphäre zu schaffen. Wobei die Stimmung überwiegend träumerisch, eher selten lebhaft ist. Und mittendrin gibt es auch noch ein Lied: "Winter Is Gone". Und das stimmt schon: "Daydreamdiving" verbreitet keine winterliche Melancholie, sondern die Freude auf einen freundlichen Sommer.
www.harpish.de
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In Extremo "Am goldenen Rhein" [DVD Video]
Label: Universal; 2700718; Spielzeit: ca. 112 min + Extras; 2009
Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass In Extremo (FW#8, FW#25, FW#27) im vergangenen und zwölften Jahr ihres Bestehens in Sachen Popularität einen Höhepunkt erklommen hat. Der Crossover von mittelalterlichen mit Metal-Elementen überzeugt nicht nur in Deutschland. Die Band, in der Sackpfeifen mit Stromgitarre und Schlagzeug wetteifern, gilt bei Freund und Feind als Speerspitze dieser musikalischen Bewegung. Das "Sängerkrieg"-Album war auf Platz 1 der Charts geschossen, die anschließende Tournee wurde auf DVD (und Doppel-CD) dokumentiert. Mittlerweile auch schon die dritte Konzert-DVD von In Extremo. Der Titel "Am goldenen Rhein" spielt auf den Ort des Konzerts an – das Palladium in Köln am Rhein. In Extremo spielen Vertonungen traditioneller Texte wie "Ave Maria", "Ai Vis Lo Lop" und "Villemann Og Magnhild", sowie Eigenkompositionen, altes ("Spielmannsfluch", "Küss mich") als auch Neues ("Sängerkrieg"). Als Extras gibt es neben dem Konzertmitschnitt eine Dokumentation über die "Sängerkrieg"-Tournee, sowie alle bisher von In Extremo gedrehten Musikvideos.
www.inextremo.de
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Kari Bremnes "Ly"
Label:
Kirkelig Kulturverksted; FXCD 345-2; 2009
"Ly" heisst auf deutsch so viel wie Schutz, und Kari Bremnes aktuelles Album ist so etwas wie ein Bollwerk gegen die unwirtlichen Naturgewalten an der nordnorwegischen Lofoten-Küste. Kari Bremnes hat sicherlich bessere Alben gemacht, den elf neuen Liedern in Folk-, Jazz- und Pop-Gefilden fehlt Tiefgang und Eindringlichkeit. Doch ihre Stimme ist virtuos wie immer: warm, aber kräftig, melancholisch, doch ausdrucksvoll. Eine Stimme, die sich in die Gehörgänge hineinschleicht und kleben bleibt. Es kommt mir so vor, als ob sie alte und archaische nordische Lieder (was sie nicht sind) in einen modernen Kontext überführt.
www.karibremnes.no
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Loreena McKennitt "A Mummers' Dance through Ireland"
Label:
Quinlan Road; QRCDC-IR09; 2009
Rechtzeitig zu Paddy's Day und um die Wartezeit auf das nächste Album zu verkürzen, hat die kanadische Chanteuse und Harfenistin Loreena McKennitt (FW#12, FW#38) eine Kompilation Best of Irish zusammengestellt. Also eher der ruhige Teil des McKennittschen Lebenswerkes wie "Stolen Child" und "She Moved Through the Fair". Loreena McKennitts sphärischen Folkpop muss man natürlich mögen. die waters and the wild sind ziemlich gezähmt. Wer dies tut, hat mit "A Mummers' Dance through Ireland" nun endlich ihren keltischen Seelenausstoß auf einer Scheibe versammelt und kann die selbstgebrannten Zusammenstellungen wegwerfen. Am Schluss ertönt noch die "Never-Ending Road", die man erst jüngst in einer deutschen Version von Laway hören konnte (FW#38).
www.quinlandroad.co
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Jim Malcolm "The First Cold Day"
Label: Beltane Records; Belcd106; 2009
Jim Malcolm, der langjährige Frontmann der Old Blind Dogs (FW#8, FW#12, FW#19, FW#28, FW#31) und seit einiger Zeit wieder solo unterwegs (FW#5, FW#5, FW#15, FW#25, FW#28, FW#32), ist ein herausragender Interpret schottischen Liedguts, sowohl traditioneller Balladen als auch selbstverfassten Lieder. Sein aktuelles und siebtes Solo-Album "The First Cold Day" ist eine Sammlung überwiegend eigener Stücke (Ausnahmen sind zwei Texte von Andy M. Stewart bzw.Robert Frost und zwei traditionelle schottische Balladen: "The Shearing", "Maggie's Bairn"). Die sieben Originale führen den Zuhörer von den frostigen Höhen auf Craigie Hill und Mount Schiehallon zu Sonnenschein in Tennessee und den Baumwollfeldern Alabamas. "An Hour in the Gloaming" ist eine Homage an den großen schottischen Nationaldichter Robert Burns (-> FW#38). Malcolms Stimme ist warm und sympathisch, keine Spur von Kälte, sie lässt Herzen schmelzen. Die Instrumentierung ist sparsam: neben seiner Gitarre hört man nur die Geige von Marie Fielding und die Keyboards von Brian McAlpine. Dabei steht Jim Malcolm mehr in einer musikalischen Tradition einer Band wie The Easy Club (FW#19), als seinen ehemaligen Old Blind Dogs.
www.jimmalcolm.com
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Hubert von Goisern live "Haut und Haar"
Label:
Sony Music/Lawine; 88697 52419 2; 2009
Hubert von Goisern (FW#36, FW#37, FW#39) ist der Vollblutmusiker par excellence, egal ob er mit einer Rock'n'Roll-Combo spielt oder traditionelle Volkslieder aus dem Alpenland schrammelt. Hubert von Goisern anno 2009 (die Aufnahmen entstanden im Rahmen seiner Linz Europa Tour von 2007 bis 2009, die den Goiserer von Linz die Donau flussauf- und flussabwärts geführt hat) zeigt Stromgitarren und Schlagzeug, Akkordeon, Geigen und Bläser, und eine Menge herausragender Stimmen. Beginnend mit es gibt kein deutsches Wort für Showtime liefert der charismatische Performer eine tief berührende Show ab. Die Doppel-CD mit gerade einmal 17 Titeln enthält sehr viele ruhige Stücke, die schon mal gute zehn Minuten lang sein können. Einfach zu sagen des is eh guat wäre ein Understatement. Die alten Hadern ("Hiatamadel" etc.) hat er wahrscheinlich live auch gespielt, fehlen hier aber völlig. Dazu muss man zu den beiden älteren Livealben greifen.
www.hubertvongoisern.com
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Ginger "Drifted"
Label:
LeiseLaut; LLCD 1-010; 2008
Nils Nolte ist der Flötist und Sänger der deutschen Irish-Folk-Gruppe An Tor (FW#23, FW#33, FW#33, FW#34). Gelernt hat er das Flötenspiel u.a. bei Meistern wie Gary Hastings (FW#23); zu hören sind seine Flötentöne u.a. auf Alben von den Goo Birds Flight (FW#34), der Tom Bombadil Folkband (FW#35) und Gout d'hier (FW#15). Zusammen mit seinem Bandkollegen Klaus Feketics (Bouzouki, Gitarre) und ein paar Gästen, die ein paar Farbtupfer und Duftnoten setzen (Klavier, Akkordeon, Trompete, Cello, Geige), hat er nun unter dem Projektnamen Ginger das Album "Drifted" eingespielt. Wie Nils stolz vermerkt: das erste Irish-Flute-Album eines deutschen Flötisten. Zehn Eigenkompositionen und traditionelle Instrumentalstücke aus Irland, Galizien und Schweden, beginnend mit Mike McGoldricks "Kepplehall" im 7/8-Takt, an den sich zwei traditionelle irische Reels anschließen. Des weiteren ein irischer Walzer ("Tommy Bhetty's" vom allerersten Altan-Album -> FW#37) und ein schwedischer. So geht es fort: mehr Irisches, mehr Schwedisches, dazwischen ein Tune der galizischen Band Berrogüetto (FW#22). Das Flötenspiel ist selbstsicher und ausgereift, mal sanft, mal druckvoll. Nils Nolte hat es wirklich nicht nötig, sich hinter den Schultern von McGoldrick & Co. verstecken.
www.myspace.com/nolteflutevocals
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Fairport Convention "Live at Cropredy '08"
Label: Matty Groves; MGCD048; 2009
Jedes Jahr am zweiten Wochenende im August versammelt sich die englische Folkrockgemeinde in den Felder von North Oxfordshire. Höhepunkt des Cropredy Gatherings ist der Auftritt von Fairport Convention (FW#2, FW#23, FW#24, FW#34, FW#35, FW#39), von denen jetzt 16 Lieder der Show des vergangenen Jahres vorliegen. Es geht los mit "Ye Mariners All" und "Reynard The Fox" aus dem Jahre 1978, nicht unbedingt oft gehörte Stücke. Dann geht es noch weiter zurück in die Vergangenheit: "The Bonny Bunch Of Roses", die "Babbacombe Lee"-Suite "Breakfast in Mayfair", der "Cell Song" und der "Hanging Song". Mit "Reynardine" sind wir im Jahr 1969 angelangt. Jetzt kommen die Gäste: Vikki Clayton singt "Fotheringay", Chris While "It'll Take A Long Time", ihre Tochter Kellie "Meet On The Ledge" und beide zusammen "Who Knows Where The Time Goes". Die Homage an Sandy Denny ist im vollen Gange. Die zu früh verstorbene Sängerin darf für sich verbuchen, der einzige Studiogast von Led Zeppelin gewesen zu sein, und nun kommt Robert Plant zusammen mit Kristina Donahue auf die Bühne, um "The Battle Of Evermore" zu schmettern. So langsam geht es dann dem Ende entgegen. Simon Nicol (Gesang, Gitarre), Dave Pegg (Bass), Ric Sanders (Geige) Chris Leslie (Gesang, Mandoline) und Gerry Conway (Schlagzeug) waren an diesem Abend in guter Form. Für Fairport-Fans ein Muss, für andere, wieder mal eine Gelegenheit, die Folkrockveteranen (wieder)zuentdecken.
www.fairportconvention.com
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V/A "The Leitrim Equation ft. Lunasa"
Label: Leitrim County Council; 2009
Damian O'Brien & Oliver Loughlin "The Factory Turn"
Label: Own label; 2007
Eine großartige Idee: man nehme eine populäre und fantastische Band und bringe sie mit lokalen Musikern zusammen. So geschehen im irischen County Leitrim, und die Band ist die supergroup Lúnasa (FW#37). Achtzehn Monate lang besuchte die Band informelle Workshops in der Region. Die Aufnahmen der Doppel-CD versammelt die Bandmitglieder von Lúnasa sowie 28 Musiker aus Leitrim. Darunter auch so bekannte Namen wie Flötist Dave Sheridan (FW#33), die Fiddler Ben, Charlie und Maurice Lennon ( FW#23, FW#34, FW#37) und Tom Morrow (FW#32, FW#35). Eleanor Shanley (FW#19) singt "My Own Leitrim Home" (Christy Moore hat die Melodie für sein "Viva La Quinta Brigada" benutzt) und Mary McPartlan "Generous Lover". So können wir zum allerersten Mal eine Liedebgleitung Lúnasa vernehmen. Eine Novität, genauso wie das halbe dutzend Tunes, die im Laufe der acht mehrtägigen Besuche komponiert worden sind. Die nächste Traditional Music Residency findet übrigens mit der Gruppe Dervish (FW#35) statt. Ich freue mich jetzt schon.
Auch dabei sind Damian O'Brien (Geige) und Oliver Loughlin (Pianoakkordeon), die seit ihrem zwölften Lebensjahr miteinander musizieren. Man kann sie jede Woche in Cryan's Pub in Carrick-on-Shannon erleben. Beide spielten zusammen mit Flötistin June McCormack (FW#29) in der Band Siona und in der von Oisin Mac Diarmada (FW#32) geleiten Inisfree Ceili Band, All-Ireland-Champion des Jahres 2008. Loughlins Spiel auf dem Pianoakkordeon ist angenehm und nicht zu vergleichen mit der oftmals gepflegten Haudraufmentalität. Das Zusammenspiel mit der Fiddle ist wasserdicht und ausbalanciert. Die Musik ist in der Region verwurzelt. Das Titelstück ist ein Reel des Geigers Joe Liddy und der Name entstammt von einer Straßenkreuzung, an der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Fabrik gebaut wurde. Man schreckt aber auch nicht vor Experimenten zurück. So wird gleich der Opener, der bekannte Reel "The Musical Priest", in einer tieferen Tonart als üblich gespielt. Jigs und Reels dominieren, ansonsten findet sich der traditionelle Setdance "The Princess Royal" und der Walzer "The Cherry Blossom" aus der Feder des Amerikaners Tony Ellis mit Ankängen an Old-Time-Musik, auf denen beiden James Blennerhassett Kontrabass spielt. Ansonsten werden die Stücke von Arty McGlynn (Gitarre) und Kevin Brehony (Piano) begleitet.
www.leitrimarts.ie, damianandoliver@gmail.com
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Deitsch "Heimat"
Label:
artes records; ARCD3044; 2009
Die Bürde deutschen Liedguts und deutscher Tanzweisen, ob traditionell oder im traditionellen Sinne neu komponiert, folkig, aber flott, scheint fast ganz allein auf den Schultern von Gudrun Walther und Jürgen Treyz zu liegen. Da kommt erst einmal Deitsch, dann Deitsch, dann lange Zeit nichts, dann wieder Deitsch ... (FW #31, #32). Die Betonung liegte auf folkig, denn jazzige und poppige Interpretationen gibt es mittlerweile zu genüge (FW#33, FW#38), und auf flott, denn was Thomas Friz und Konsorten immer noch fabrizieren, klingt mir bisweilen allzusehr nach Siebziger-Jahre und Schlaghosen (FW#38). "Heimat" hat allerdings mit den Deitsch der "Königskinder"-CD nicht mehr viel zu tun: Das Eingangsstück, "Liebesklage", ist ein mittelalterlich angehauchter Folkrocker, der Text eben aus dem Mittelalter, die Weise von Gudrun. Da ist die wunderbare Ballade "Heinz fährt Karussel" aus den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, sowie Stücke wie der "Wirtshaus-Zwiefacher" oder das "Kerwelied", die auch im Bierzelt nicht unangenehm auffallen würden. Außerdem Zwiefache, Reinländer und Polkas (zur Abwechslung aus Irland), die bunte Vielfalt desjenigen, das man Heimat nennt. So bunt wie das CD-Cover. Gudrun und Jürgen gelingt mit Gastmusikern wie ulman-Akkordeonist Johannes (FW#33), Cara-Flötist Claus Steinort (FW#33) und La Marmotte-Pfeifer Christoph Pelgen (FW#33) die Gratwanderung, diese doch ach so verschiedenen Stile zusammenzuhalten. Nicht alles wird für die Ewigkeit bestehen bleiben, doch die schwächeren Momente verblassen angesichts des Gesamteindrucks. Schön wäre nur ein Abdruck der Text gewesen.
www.deitsch.de
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An Erminig "Gourlen"
Label:
LEICO; 8650; 2009
Traditionelle irische Musik wird in Deutschland von jedermann und jederfrau gemacht, traditionelle bretonische Musik hat - ausser vielleicht bei den Tänzern - noch immer nicht diese Wertschätzung gefunden. Zwar wird der ein oder andere Andro gespielt, die ein und andere Band hat sich sogar auf ein rein bretonisches Repertoire verlegt, aber meines Wissens sind An Erminig (FW#18) die einzige deutsche Band, die auf einem Niveau spielt, das selbst in der Bretagne Anerkennung findet. Die neue CD "Gourlen" wird auch über das bretonische Label Coop Breizh vertrieben. Gourlen heisst soviel wie Flut und das Konzeptalbum, wenn man so will, ist dem Verhältnis der Bretonen zu dem Großen Meer gewidmet, dass gegen die Halbinsel brandet und Leben und Tod bringt. Barbara Gerdes (Harfe), Andreas (Geige) und Hans-Martin Derow (Gitarre) mit Bassist Thomas Doll und Schlagzeuger Amby Schillo spielen die charakteristischen Frage-und-Antwort-Lieder (kan ha diskan) und Rund- und Reigentänze (Ronde, Gavotte, Laride). Das Klagelied "Goureln Du" (Die schwarze Flut) ist eine typische bretonische Ballade (gwerz). Der Celtic Fringe verbindet, wie man an einer Suite aus einer galizischen Muineira, einem irischem Jig und einem bretonischen Derobee erkennen mag. Manchmal ist mir An Erminigs "Gourlen" etwas zu brav, es könnte spritziger sein, aber schließlich ist ein Andro auch kein Reel.
www.an-erminig.de
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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 07/2009

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