FolkWorld #48 07/2012
© Walkin' T:-)M

Set the House on Fire

Litha @ St. Georg Kirche, Wendessen, 29. März 2012.

Litha

Litha @ FolkWorld: FW#39, #43, #47, #47

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Zu Beginn das traditionell angehauchte "Blind George" aus der Feder Tim O'Learys: Ein Fiddler geht Geige spielend in eine Höhle im englischen Hertfordshire, in der angeblich der Teufel lebt:

While George his fiddle loudly played so all above the ground could hear
And up above they followed him led by the echoing fiddle sound
Until they heard a dreadful scream and all was silent underground ...

Und so ein Text wird in einer Kirche im Wolfenbütteler Land gesungen ;-) Es folgt der von Johann Wolfgang von Goethe gesammelte "Markgrafensohn" aus dem 16. Jahrhundert. Der vom König zurückgewiesene, als Kammerzofe verkleidete Graf sucht die Königstochter in ihrer Kemenate heim und summt auf dem morgendlichen Heimweg:

Hat mir der König die Tochter versagt,
aufs Jahr wird er sie bringen!

Den deutschen Strophen wurde ein englisch-sprachiger Refrain hinzugefügt. Dann werden ein paar Reels aus schottischer und irischer Feder gefiedelt und geflötet, um anschließend von den Inseln in deutsche Lande zurückzukehren und passend zur Jahreszeit "Nun will der Lenz uns grüßen" anzustimmen.

Nun will der Lenz uns grüßen, von Mittag weht es lau.
In allen Ecken sprießen die Blumen rot und blau.
Hei, unter grünen Linden, da leuchten weiße Kleid.
Heija, nun hat uns Kinden ein End' all Wintersleid!

Aaron Jones

Eine kuriose Mischung mag man denken. Gut, bei vielen deutschen Amateurbands aus dem Folkbereich ist es üblich, mehr oder minder gelungen ein breites Spektrum traditionellen Liedguts darzubringen. Aber hier handelt es sich um eine professionelle Gruppe, zwei Duos, die sich zu einem Quartett zusammengetan haben ...

Aus Schwaben und der Pfalz kommen Gudrun Walther (Geige, Akkordeon, Gesang) und Jürgen Treyz (Gitarre, Dobro), bestens bekannt von den Gruppen Deitsch[41] und Cara.[43] In Schottland leben Claire Mann (Flöte, Geige)[25] und Aaron Jones (Bouzouki, Gitarre, Gesang), letzterer ist derzeit vor allem bei den Old Blind Dogs tätig.[43]

Die Wege der beiden Paare hatten sich immer mal wieder auf diversen Festivals gekreuzt. Weil sie sich gut miteinander verstanden, taten sie sich zusammen und gingen seit 2008 unter dem Namen "2duos" auf Tour.[39] Drei Jahre hat das Quartett zu einer Band zusammengeschweisst und das lose Projekt der Anfangszeit entschied deshalb unter einem neuen Namen aufzutreten: Litha - der angelsächsische Name für die Sommersonnenwende.

Gudrun ist mit traditionell irischer Musik als auch Deutschfolk aufgewachsen. Sie singt Theodor Storms von ihr selbst vertontes Liebesgedicht "Mondlicht" und Johann Gottfried von Herders "Herr Oluf" (welches auf einer mittelalterlichen dänischen Ballade basiert und über Herder die Vorlage für Goethes "Erlkönig" geliefert hat). Herr Oluf wird am Vorabend seiner Hochzeit von der Elfenkönigin zum Tanz eingeladen, er weist sie zurück, wird von ihr verflucht - und stirbt!

2duos: Until the Cows Come Home

Litha: Dancing of the Light

Herr Oluf, er reitet spät und weit ...

Aaron ist der Singer-Songwriter-Typ. Er singt Anne Listers "Icarus" und Karine Polwarts "Waterlily", traditionell wird es mit "Braw Sailing". Der populäre Bothy-Song gilt in Schottland als fröhlicher Song, weil - ungewöhnlich für das Liedgut aus dem Hochland - niemand am Ende ums Leben kommt.

And it's braw sailing on the sea
When wind and weather's fair
But it's better to be in my love's arms
I wish that I were there

Das Publikum wird angehalten mitzusingen, was sich aber als gar nicht so einfach erweist. Aaron hat eine letzte Strophe erfunden (Bier liebt Aaron nach schottischem Whisky am meisten und Wein gibt es zum Abschluss des Konzerts als Präsent der Veranstalter):

And it's braw drinking German beer
It's better drinking wine 
But it's better to be in my love's arms
Where I have been many's the time

Gudrun Walther

Die Arrangements bei allen Stücken sind durchgängig keltisch geprägt. Celtic Crossroads nennt sich das Konzept - und waren die Kelten nicht in Schwaben und der Pfalz lange bevor sie britschen und irischen Boden betreten haben?

Claire Mann, die drei All-Ireland-Titel vorweisen kann, glänzt bei den Instrumental-Medleys, die immer mal wieder in den Programmablauf eingestreut werden. Auf Jürgen Treyz gehen wohl die Zwiefache aus der Oberpfalz zurück, der traditionelle süddeutsche Rhythmus, der zwischen 2/4- und 3/4-Takt variiert. Ein weiteres Highlight ist seine "Winterreise", ein Walzer im 5/4-Takt, der beschwingt beginnt, sich so dahinwindet und in einem explosiven Gitarrensolo endet.

Als Zugabe spielt das Quartett das zusammen geschriebene Lied "Ready for a Jar", das humorvoll die einwöchige Vorbereitung auf die Studioaufnahmen des aktuellen Albums "Dancing of the Light" im irischen Kinvara beschreibt und was dabei so alles schief gehen kann. Eines Abends hatten sie ein Huhn im Ofen, sie gingen noch auf ein Pint in den nahegelegenen Pub, das Guinness schmeckte zu gut, und als sie den Heimweg antraten, hörten sie schon den Warnton des Rauchmelders.

Hey ho, we're ready for a jar
Put the chicken in the oven and go over to the bar
Time for a swift one next door
Before we set the house on fire

Zum Glück wurde nur das Huhn in Brand gesetzt, und so können Gudrun, Claire, Jürgen und Aaron in Wendessen auf der Bühne stehen, um den Roten Hahn auf das Kirchdach zu setzen. Allerdings nur musikalisch.


Photo Credits: (1),(3),(4) Litha / 2duos (from website); (2) Aaron Jones, (5) Gudrun Walther (by Walkin' T:-)M).


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