FolkWorld #68 03/2019
© Festival Musik und Politik

Festival Musik und Politik

Wider Dumpfheit und nationalen Ungeist

20. Festival Musik und Politik

29.-31. März 2019


www.musikundpolitik.de

Grußwort

Nun ist es also fast geschafft, das legendäre Festival des politischen Liedes nach Jahren einzuholen. Was in den Jahren bis 1990 wurzelt, ist durch den Enthusiasmus der Festivalmacher*innen aufgehoben und weiterentwickelt worden. Ich freue mich, dass das 20. Festival in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz stattfindet und auch so eine Brücke zu seiner großen Tradition schlägt.

Dresens Gundermann-Film ist im vorigen Jahr dafür gewürdigt worden, wie er die Widersprüchlichkeit der DDR zeigt, gerade und vor allem, wenn man für Freiheit, Demokratie und Sozialismus stand. Dass das Festival Gundermann mit Musik seiner Erben feiert, ist wunderbar, genauso wie das gesamte Programm von Künstler*innen, die mit Musik und Text für gesellschaftlichen Fortschritt zu streiten, sich Dumpfheit und nationalem Ungeist entgegenstellen.

Ich wünsche dem Festival Musik und Politik 2019 großen Erfolg und viele Besucher.

Dr. Klaus Lederer, Senator für Kultur und Europa

Das 20. Festival Musik und Politik findet vom 29.-31. März 2019 in der Volksbühne Berlin statt!

Zum ersten Mal seit seinem Bestehen wird das Festival in den März verschoben. Drei Tage in der Volksbühne Berlin erwarten Euch mit üppig besetzten Abend- und Nachtkonzerten; zusätzlich gibt es täglich Veranstaltungen und Konzerte bei freiem Eintritt:

Hintergrund: Von 1970 bis 1990 gab es das Festival des politischen Liedes in Berlin, einen Treffpunkt politisch engagierter Musiker aus der ganzen Welt mit interessiertem Publikum. 1991 bis 1994 setzte der ZwischenWelt-Förderverein für ein progressives Kulturfestival die Tradition des Festivals des politischen Liedes fort. Nach seiner Auflösung fanden bis 1999 keine weiteren Festivals statt.

Im Jahr 2000 gelang mit einem kleinen, aber erfolgreichen Festival ein Neustart unter veränderten Vorzeichen. Die heutige inhaltliche Ausrichtung manifestiert sich seit 2001 in einem neuen Namen: Festival Musik und Politik.

Der Veranstalter, Lied und soziale Bewegungen e.V., ist ein gemeinnütziger Verein, der sich dem politischen Lied verschrieben hat. Im Archiv sammelt er seit 1991 Lieder und Dokumente der neuen Liedkultur seit den 60er Jahren, insbesondere der Liedermacher- und Singebewegung der DDR und des internationalen Festivals des politischen Liedes in Berlin (1970-1990).

Gundermann - Der Film

Artist Video Gundermann
@ FROG


www.gundi.de
www.gundermann-derfilm.de

www.dieseilschaft.de
www.erich-fried-chor.de
www.hardchor-ella.de

Seit dem Jahr 2000 veranstaltet der Verein das Festival Musik und Politik, Konzerte, Diskussionen und Ausstellungen, gibt Broschüren heraus und unterstützt journalistische, wissenschaftliche und künstlerische Projekte.

Gundermann. 1 Band + 2 Chöre

Dieses Konzert nähert sich der Musik Gerhard Gundermanns von zwei bemerkenswert unterschiedlichen Positionen aus:

Die Band

1992 suchte der Liedermacher Gerhard Gundermann eine Band, die mit ihm seine CD „Einsame Spitze“ live umsetzen sollte. Das war die Initialzündung von „Gundermann & Seilschaft“.

Bis zum Tod des rastlosen Songschreibers 1998 spielte die Band viele Konzerte und nahm mehrere CDs auf. Gundermann Lieder gewannen mit ihrer ganz eigenen, zugleich rauen und gefühlvollen Poesie im markanten Seilschaft-Sound die Herzen eines weit über die Liedermacherszene hinausreichenden Publikums. In dieser Zeit erhielt die Band den Jahrespreis der Liederbestenliste des SWR, den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und tourte gemeinsam mit Bob Dylan und Joan Baez.

Zum zehnten Todestag Gundermanns 2008 stand die Seilschaft erstmals wieder auf einer Bühne, nun mit dem neuen Frontmann Christian Haase, dem es gelingt, die Lieder vertraut und gleichzeitig neu klingen zu lassen.

Wiederum 10 Jahre später kam der hochbeachtete Gundermann-Film von Andreas Dresen in die Kinos und verlieh dem Ansehen der Band – auch ihre Geschichte wird in dem Film erzählt – einen weiteren Aufschwung.

Die Seilschaft – mit Christian Haase
•Tina Powileit – perc, voc
•Christian Haase – voc, git, ukulele
•Mario Ferraro – git, pedalsteel, lapsteel, voc
•Andreas Wieczorek – sax, flute, voc
•Michael Nass – keyboard, hammond, accord., voc
•Christoph Frenz – bass, voc

Die Chöre

Der Erich-Fried-Chor wurde 1999 am gleichnamigen Gymnasium gegründet, wuchs noch stärker zusammen in den Jahren der Kämpfe um den Erhalt dieser Schule und tritt bis heute ein für emanzipatorisches Engagement. Er singt Lieder von Gundermann bis Eisler, Lieder aus alten Quellen und aus aller Welt – er ringt um Lebens-Konzepte, Prinzipien und Utopien.

hardChor”ELLA”: „Wir sind die extrem lebenslustigen Amateure aus Pankow.“ Das 1991 als Schulchor gegründete Ensemble ist Lernort und Chor zugleich. Er verfügt über ein vielfältiges Repertoire und tritt an verschiedensten Aufführungsorten auf. Seine Nicht-mehr-Schüler begleiten wie Mentoren die neu dazu Kommenden.Gemeinsam beschreiten sie die verschlungenen Wege in der Welt der Chormusik. Besonders zu spüren ist ihre Freude am Gesang.

Wecker, Wenzel, Ratz – auf einer Bühne

Wenzel

Artist Video Wenzel
@ FROG


www.wenzel-im-netz.de

Heinz Ratz

Artist Video Heinz Ratz
(Strom & Wasser)
@ FROG


www.strom-wasser.de

2009 schrieb Konstantin Wecker zum zehnjährigen Bestehen des “Festivals Musik und Politik”: “Es ist Zeit, dass wir für unsere Vorstellungen einer besseren Welt aktiver, lauter und selbstbewusster werden (und singen!).” Nach den Vorfällen in Chemnitz stellte Wecker 16 seiner antifaschistischen Lieder, die er seit 1978 geschriben hat, auf einer CD zusammen, Lieder, die den Menschen Mut machen sollen. Mut, um aufzustehen, sich einzumischen, Mut, zu widerstehen.

Sein Name und seine Stimme rütteln wach. Seit über vier Jahrzehnten zählt Konstantin Wecker zu den bedeutenden deutschen Liedermachern. Gestern. Heute. Und morgen.

Poesie und Musik können vielleicht die Welt nicht verändern, aber sie können denen Mut machen, die sie verändern wollen.” Dies ist und bleibt der Wunsch des Liedermachers Konstantin Wecker. Die Gäste seines Solo-Programms erleben einen Abend, der geprägt sein wird von Wut und Zärtlichkeit, Mystik und Widerstand – und immer auch von der Suche nach dem Wunderbaren. Es bei Konstantin Wecker zu finden, ist nicht schwer.

Konstantin Wecker

Artist Video Konstantin Wecker @ FROG

www.wecker.de

Er denkt mit dem Herzen und singt gegen soziale Kälte, Ungerechtigkeit und Fremdenhass. Vielleicht mehr denn je setzt sich der Münchner Liedermacher Konstantin Wecker kraft- und vor allem auch gefühlvoll für eine Welt ohne Waffen und Grenzen ein.

•Konstantin Wecker – voc
•Jo Barnikel – piano

Wenzel & Band

Wenzel ist Auor, Komponist, Musiker, Sänger, Schauspieler und Regisseur. Sein Konzertprogramm “Wo liegt das Ende dieser Welt?” lässt die Welt im Mondlicht erscheinen wie einen fernen Stern.

Behutsam suchen die Lieder nach Wegen aus unerträglicher Nähe in ersehnte Ferne. Durchtanzte Nächte voller Geheimnisse. Surreale Mixturen in einer Welt, die am Abhang balanciert. Feinsinnig musiziert und sanft gesungen, gerufen mit heiserer Stimme und geflüstert ins Unbekannte. Die Spuren der Zeit filigran eingezeichnet in Träume und Befürchtungen.

•Wenzel – voc, git, acc, piano
•Hannes Scheffler – git, bass
•ThommyKrawallo – git, bass
•Stefan Dohanetz – drums
•Manuel Abreu: t

Heinz Ratz & Band

Strom & Wasser, die Band von Heinz Ratz, hält durch ihre brillante Musik, einer wilden Mischung aus Politik, Party und anspruchsvollen Texten das Konzertpublikum im Bann.

Auch ihre politischen Aktionen sind spektakulär. 1000 km sind sie für Obdachlose gelaufen, 800 km für den Artenschutz durch deutsche Flüsse geschwommen, fast 7000 km für Flüchtlinge durch die Lande geradelt – um dann mit Weltklasse-Musikern, die in deutschen Flüchtlingslagern ohne Auftrittsmöglichkeiten leben, auf Tour zu gehen. Strom & Wasser präsentieren sich angriffslustig, spielfreudig und bunt: Ska-Punk-Polka-Randfiguren-Walzer-Rock.

•Heinz Ratz – voc, b
•BurkhardRuppaner – drum
•IngoHassenstein – g
•Arne Assmann – sax, acc, qf

Danny Dziuk & Karl Neukauf

Artist Video Danny Dziuk
@ FROG


www.dziuks-kueche.de
www.karlneukauf.de

Moderiert wird der Abend von der Liedermacherin Johanna Zeul.

Danny Dziuk mit Karl Neukauf

Seine Lieder begeistern viele tausend Hörer – von denen die meisten gar nicht wissen, dass er sie geschrieben hat. Danny Dziuk ist ein begnadeter Songschreiber, der einige der schönsten Songs von Annett Louisan, Stoppok und anderen geschrieben hat. Als musikalischer Leiter von Axel Prahls Inselorchester tourt er mit dem Münster-Tatort-Star kreuz und quer durch die Republik, dessen Debüt- und Nachfolgealbum er zuvor im Alleingang produziert hatte, und zahlreiche Filmmusiken, u.a. für die WDR-Tatorte, sind ebenfalls von ihm.

Daneben gerät in der Öffentlichkeit fast ins Hintertreffen, was für ein großartiger Bühnenkünstler Dziuk auch mit seinen eigenen Liedern ist, die er mit seiner Band Dziuks Küche auf zahlreichen CDs aufgenommen hat. Völlig zu Recht gab es dafür den Deutschen Kleinkunstpreis, den Preis der Liederbestenliste, den Preis der Deutschen Schallplattenkritik, den Deutschen Musikautorenpreis.

Nach 7-jähriger Veröffentlichungspause erschien im April 2016 ein weiteres Album Danny Dziuks, profund betitelt mit „Wer auch immer, was auch immer, wo auch immer“. Rezensenten überschlugen sich:

„Superlative soll man ja scheuen wie der Teufel das Weihwasser, aber wenn ich ein Meisterwerk höre, erkenne ich es.“ Thomas Wörtche, CULTURMAG

„Die Musik hat eine unbändige Kraft, die Texte haben sie auch, seien sie politisch, satirisch oder lyrisch. In der Kombination gibt es derzeit keinen, der ihm das Wasser reichen könnte.“ Thomas Veigel, ZETT5

“Unter den deutschen Liedermachern (…) denkt niemand das Private und das Politische, die Schönheit und den Protest so berückend und überzeugend zusammen wie Dziuk.“ Maik Brüggemeyer, ROLLING STONE

„Immer ist seine Sprache poetisch und konkret zugleich, und seine Musik ist nicht nur meisterhaft gedacht, sondern auch sinnlicher Genuss.“ Wiglaf Droste, JUNGE WELT

„Dabei sind seine Songs durchdrungen von hinreißend trockenem Humor, mit dem er sich gekonnt zwischen der romantischen Leidenschaft Rio Reisers und dem lakonischen Erzählstil Sven Regeners platziert.“ Norbert Krampf, FAZ

Daniel Kahn

Artist Video Daniel Kahn @ FROG

www.paintedbird.de

Live vorstellen wird er diese Songs und andere – und zwar im Duo bzw. Rohformat – mit seinem kongenialen Co-Produzenten, dem Berliner Chansonnier Karl Neukauf.

•Danny Dziuk – voc, keys, g
•Karl Neukauf – voc, keys, g, perc

Daniel Kahn & Painted Bird

Daniel Kahn, Sänger,Gitarrist und Akkordeonist, manchmal komisch, manchmal wie ein Albtraum, mitunter todtraurig, dann wieder wild, kämpferisch und zum Tanz auffordernd.

Die„explosive Mischung aus Klezmer, radikalen jiddischen Songs, politischem Kabarett und Punk Folk” (“Zeit”) sucht auch weiter ihresgleichen. Stücke wie „Freedom Is A Verb“ und „99“ erzählen über den konkreten Moment ebenso wie über den ewig andauernden Kampf zwischen sozialer Klasse und Befreiung. Balladen wie„Children In The Woods“ und „Sheyres Hora“ erforschen die Tiefen von Traum und Trauma.

Lüül

Artist Video Lüül @ FROG

www.luul.de

Der bewährte Schlagzeuger Hampus Melin sorgt für perkussive Sounds und den nötigen Drive, Michael Tuttle schlägt den Bass wie gewohnt furios und sensibel zugleich, und so sorgen The Painted Bird für die bekannte und faszinierende Stimmung von Intensität und jiddischer Party.

•Daniel Kahn: voc, acc, g, p
•Michael Tuttle:kb
•Hampus Melin:drum
•Yeva Lapsker:Projektion

Lüül

Hinter dem Künstlernamen Lüül steckt der Berliner Sänger und Gitarrist Lutz Graf-Ulbrich, der Insidern aus vielen Projekten bekannt ist. Er spielte Gitarre bei Agitation Free und Ash Ra Tempel, er begleitete Velvet Underground-Sängerin Nico über einige Jahre, hatte einen Neue Deutsche Welle Hit, gründete das Rocktheater Reineke Fuchs und ist Gründungsmitglied der 17 Hippies. Nachzulesen in Lüüls Autobiografie „und ich folge meiner Spur”, in der er sein wechselvolles Musikerleben Revue passieren ließ. Neben kurzen, unterhaltsamen Anekdoten beschreibt er, wie bereits in dem Film “Nico-Icon”, unter anderem sein Leben mit der Ex-Velvet Underground Sängerin Nico.

Als Banjospieler der 17 Hippies, aber nicht nur als solcher, hat Lüül mehr als die halbe Welt bereist und davon handeln seine Lieder. Mit seiner rauen Stimme erinnert er an einen Seemann, der aus jedem Hafen der Welt eine neue Moritat zu berichten hat. Ob als Rocker, als Tango-Spieler, als Polka-Hannes, als balladesker Frauen-Freund, als Lagerfeuer-Romantiker, als Dub-Rastafari oder als Weltmusik-Exot – immer versprüht er eine Prise trockenen Humors, immer wieder erweist er sich als schräger Poet.

Trotz alledem und alledem - Kulturerbe Arbeiterlied

Trotz alledem und alledem - Kulturerbe Arbeiterlied

Arbeiterlieder zu singen, gehört in Deutschland seit 2014 offiziell zum immateriellen Kulturerbe. Wieso das? Ist das nicht ein Griff in die sozialistische Mottenkiste? Sicher sind diese Lieder etwas Historisches, doch die Zeit ihrer Verklärung ist es mittlerweile auch. Arbeiter-Marseillaise und Agitprop, Männergesangsvereine und revolutionäre Schellackplatten, Freiheitsgöttinnen und Eisler-Lieder, alles zusammen ergibt ein buntes Bild voller Widersprüche. Musik und Bilder erschließen eine Geschichtsperspektive von unten, denn Arbeiterlieder waren die Protestsongs des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ihr Ursprung steht in Zusammenhang mit der industriellen Revolution. Millionen von Menschen haben diese Lieder gesungen.

Die Ausstellung begibt sich auf Spurensuche nach einer Liedkultur, die 1933 durch die Nazis verboten und zerstört wurde. Nach 1945 geriet sie im Sog des Kalten Krieges zum Zerrbild, nach 1990 verschwand sie ganz im Abseits. Und heute? Vorwärts und vergessen? Oder: Vorwärts – und nicht vergessen?

Die Ausstellung von Maren Köster und Thomas Neumann wurde zuerst beim Rudolstadt-Festival 2018 gezeigt.

Gespräch zur Ausstellungseröffnung: unter der Moderation von Dr. Lutz Kirchenwitz sprechen Dr. Maren Köster (Kuratorin der Ausstellung), Hans-Eckardt Wenzel (Musiker), Dr. Joachim Hetscher (Initiator des Antrags zum immateriellen Kulturerbe), Peter Deeg (Arbeiterlied-Archiv Akademie der Künste Berlin) und Ingar Solty (Rosa-Luxemburg-Stiftung).



Photo Credits: (1) Festival Musik und Politik, (2) Gundermann Der Film, (4) Konstantin Wecker, (5) Heinz Ratz (Strom & Wasser), (6) Danny Dziuk & Karl Neukauf, (8) Lüül, (9) Thüringer Arbeiter-Sängerbund-Fest (unknown/website); (3) Wenzel, (7) Daniel Kahn (by Walkin' Tom).


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