FolkWorld #71 03/2020
© Walkin' T:-)M

Article in English

Tony McManus & Julia Toaspern

Vielseitig interessiert, offen für alles

Julia Toaspern zusammen mit Tony McManus "Live in Concert", von Potsdam auf Bühnen in ganz Europa und Nordamerika. Wie kommt's? Julia reflektiert ihren musikalischen Werdegang!

Julia Toaspern

Artist Video Julia Toaspern @ FROG

www.juliatoaspern.de

Als kleines Kind habe ich mit meiner Oma Blockflöten-Duette gespielt, alles angefangen hat es aber vorher sicher mit den täglichen Abendliedern meiner Mutter und dem Jazzklavierspiel meines Opas. Habe dann meine Jugend verbracht in einigen Orchestern (Geige) und Chören (fast alles klassische und sakrale Musik) und nebenbei dann mit der Gitarre angefangen und vor allem Nirvana und Hansons mitgeschrammelt (absoluter Fan des 90er Jahre Pop). Nach dem Abi erstmal ein Schulmusik-Studium begonnen, jedoch bald abgebrochen zugunsten eines privaten Operngesangstudiums bei einer Italienerin, später dann bei einer Amerikanerin in Berlin.

Dann habe ich schottische Dudelsackmusik über einen guten Freund kennengelernt, der mich später auch an die irische Musik geführt hat. Zu der Zeit habe ich Rilke und Brecht mit Stimme und Gitarre vertont und mehr oder weniger im Theater und an der Oper gelebt... Nachdem ich länger mit einem Iren zusammen war (mit dem ich einiges an Tunes und Songs auf dem Banjo lernte und spielte) schrieb ich bei einem langen Aufenthalt in New York meine ersten eigenen Lieder. So fing das an.

Du hast mittlerweile zwei Soloalben veröffentlicht. "Folk Jazz mit irischen, schottischen und amerikanischen Wurzeln", las ich irgendwo über dich. Wie würdest du dich selbst beschreiben?

Selbst beschreiben ist immer schwierig, und Kategorien sowieso. ;-) Dazu kommt meine musikalische Entwicklung, die ja fortlaufend stattfindet. Die erste Platte ist eher folkig, die zweite viel jazziger, aber auch folkiger, da im Gegensatz zur ersten irische und amerikanische Tunes mit vertreten sind. Übrigens auch ein deutsches Volkslied - wir haben auch ein paar sehr schöne. :-) Alles in allem bin ich sehr vielseitig interessiert und all die Einflüsse sind musikalisch hörbar. Zudem hat eigentlich fast alles einen sehr direkten persönlichen Bezug.

Tony McManus

Artist Video Tony McManus @ FROG

www.tonymcmanus.com

Ich bin gleichzeitig mit den Hansons aufgewachsen und habe als Kind immer, wo ich gerade war, mit Hansons auf den Ohren (Discman) Musikvideos gestellt. Das was die machten, wollte ich auch. Inspirierend finde ich immer Leidenschaft und Großzügigkeit und Humor - das hört man bei der Geigerin Anne-Sophie Mutter (die ich über Brahms kennenlernte als ich etwa 14 war), bei Cecilia Bartoli (beste Opernsängerin alive!) und natürlich bei Ella Fitzgerald. Helge Schneider ist auch so ein großartiger Improvisator, musikalisch und überhaupt. Auch immer sehr beeindruckend, sich selbst so mit Humor zu nehmen. Die Schauspielerin Julia Louis-Dreyfus haut mich immer weg, so viel Power und Echtheit im Ausdruck (und Mut zur Hässlichkeit, zugunsten der Echtheit!). Ansonsten ist mir jede(r) gute Musiker(in) ein Vorbild - alle haben so unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten, ich bin von so vielen ständig beeindruckt und versuche offen für alles zu sein.

Du spielst eine ganze Reihe von Instrumenten: Geige, Gitarre, Banjo, Flöte, ... Hab ich was vergessen? Hast du ein Lieblingsinstrument?

Die Frage kommt oft :-) Ich könnte mich nie entscheiden, zum Glück muss ich nicht. Jedes Instrument hat seine Besonderheiten, auf der Geige kann man wirkliches Legato spielen, auf der Gitarre vielschichtige Harmonien. Brauche ich beides; auch was den Ton betrifft. Überhaupt kann ich mich mit jedem Instrument anfreunden, gestern habe ich auf meines Opas Dachboden ein Tenorhorn entdeckt und ein paar einfache Kinderlieder gespielt - wenn ich die Zeit zum Üben hätte, und das Geld für lauter brauchbare Instrumente, ich würde noch mindestens drei dazulernen. Schlagzeug ist im Moment mein Hobby-Instrument, da kann ich auf einem in der Musikschule üben, in der ich unterrichte.

Die Überraschung des Jahres 2019 war, zumindest für mich, deine gemeinsame Konzerttour mit dem schottischen Celtic-Fingerstyle-Gitarristen Tony McManus. Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Tony McManus & Julia Toaspern: Live in Concert

Tony und ich haben uns vor ein paar Jahren bei einem Konzert in Berlin kennengelernt, das er mit dem italienischen Gitarristen Beppe Gambetta gab. Wir sprachen in der Pause über Bach und hatten uns damit gefunden. Am Anfang war es eine große Herausforderung mit und neben einem solch virtuosen Meister zu spielen, aber wenn man die Verschiedenheit anerkennt, wird es leichter und sie bereichert. Natürlich hatten wir auch genug Gemeinsamkeiten, in musikalischen Vorlieben und im Verständnis. Die Vielseitigkeit und Verschiedenheit an Klängen (Gitarrenduette, Gitarre/Geige, Vocals,...) und Repertoire bringt hier das Spannende.

Was war dein spezifischer Beitrag zum gemeinsamen Programm?

Das Repertoire hat sich über ein paar Monate langsam aufgebaut, in denen wir viel gemeinsam gespielt und geguckt haben, was wir zusammen angehen wollen. Wir fordern uns gegenseitig ganz gut heraus und haben komplementäre Stärken im Spiel, was uns manchmal an unsere Grenzen bringt und im Idealfall über uns hinaus wachsen lässt. Auch im Probenprozess ist es komplementär - ich gebe mehr Jazz-Harmonik, dynamische Struktur und "klassisch" ausgearbeitete Arrangements, Tony mehr traditionelles Repertoire und Ideenreichtum zur Umsetzung auf der Gitarre.

Tony McManus & Julia Toaspern

Wir haben bei fast allen Stücken im Probenprozess gemeinsam unsere Parts erarbeitet; manchmal hat Tony einen Tune vorgeschlagen, dann habe ich separat eine Chord-Progression erarbeitet, manchmal andersherum - die Abläufe und feinen Nuancen sind immer gemeinsam entstanden. Auf das Repertoire einigen wir uns ebenfalls gemeinsam - man spielt besser, wenn man die Tunes liebt :-) Ganz speziell kam von mir das Arrangement zu dem Jazz-Standard "Black Orpheus", verbunden mit dem irischen Tune "Musical Priest". Das italienische Barocklied "Amarilli" hat, glaube ich, sogar Tony vorgeschlagen, aber es ist mir ein Herzensstück. Bei den Songs macht besonders die gesangliche Zweistimmigkeit Spaß, davon soll noch mehr kommen.

Was ist dein Resümee bezüglich dieser Konzerte? Wie nimmst du überhaupt gegenwärtig Konzerte und Publikum wahr?

Julia Toaspern: One Step at a Time

Wir haben inzwischen einiges an Gigs hinter uns, in Europa, Australien und Nordamerika - ganz kleine gemütlich-intime und große Bühnen, alle völlig verschieden. Allermeistens sind es tolle und herzliche Begegnungen und wir wissen um unser wahnsinniges Privileg, die Musik als Arbeit machen zu dürfen. Im Ganzen wird es schwieriger, Konzerte zu organisieren und ich habe den Eindruck, dass das Publikum nicht so richtig neu nachwächst. CDs werden auch nicht mehr viele verkauft, und man braucht wohl auch so einen kleinen weißen Klotz (Kreditkarten-Lesegerät) um alle zu bedienen, da bin ich hinterm Mond.

McManus Toaspern Live in Concert ist nun auch auf CD erhältlich ... Was liegt in nächster Zukunft an?

Im Moment planen Tony und ich weitere gemeinsame Konzerte und arbeiten an neuem Repertoire, das unsere klassische Seite etwas mehr involviert. Ansonsten möchte ich weiter und mehr meine Songs performen und würde gern ein Jazz-Repertoire zusammenstellen, für Solo-Gitarre (deutsche alte Liedmelodien vertont) und Stimme mit Band (Standards). Außerdem habe ich jetzt - Tatsache - Hühner; so schöne wie auf dem Cover meiner zweiten Cd ;-) und viel schlauer als im Lied beschrieben, naja, etwas schlauer. Bisher wurden sie vom Fuchs verschont!



Photo Credits: Julia Toaspern / Tony McManus (unknown/website).


FolkWorld Homepage German Content English Content Editorial & Commentary News & Gossip Letters to the Editors CD & DVD Reviews Book Reviews Folk for Kidz Folk & Roots Online Guide - Archives & External Links Search FolkWorld About Contact Privacy Policy


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Homepage
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld