FolkWorld Ausgabe 36 07/2008; Live-Bericht von Walkin' T:-)M


Venner Folkfrühling
www.folkfruehling.de
Musikalisches Feuerwerk
10. Venner Folkfrühling, 1.-4. Mai 2008

Jeden Mai ist der Folkfrühling in Venne der Treffpunkt für deutsch-sprachige Liedermacher und anglo-amerikanische Singer-Songwriter sowie keltische und nordische Folkmusik. Der kleine Ort im Südwesten Niedersachsens steht für hochkarätige Musiker, gleichzeitig aber moderate Eintrittspreise. Das Festival konserviert das Feeling der siebziger Jahre, aber durchaus im positiven Sinne.

Im Jahr 1999 schlug die Geburtsstunde des sympathischen Festivals nördlich von Osnabrück in der Gemeinde Ostercappeln. Dabei waren bereits Gruppen wie Laway und Solisten wie Günter Gall und Jan Cornelius, die auch 2008 wieder auf die Bühne stiegen.
Malbrook, Venner Folkfrühling 2008
Wer hat Angst vor Qwade Wulf ...

Icon Library FW #26, #28, #29, #30, #36

Icon Sound @ www.myspace.com/malbrookband

www.malbrook.de
Vom Anfangserfolg überwältigt musste sich alsbald ein Verein gründen, um das Festival organisieren zu können. Regelmäßige Konzerte über das Jahr verteilt, sowie einmal im Monat eine Folk-Session kamen dazu. Ab dem fünften Festival wurde Eintrittsgeld erhoben; dank Sponsoren mussten den Künstlern keine Hungergagen gezahlt, konnten jedoch auch moderate Eintrittspreise garantiert werden.

Zum 10jährigen Jubiläum haben Dieter Wasilke und sein Team keine Kosten und Mühen gescheut. Rund 200 Musiker tummeln sich vier Tage lang in dem 3.000-Seelen-Ort. Diesmal geht es schon am Donnerstag los, der in diesem Jahr sowohl 1. Mai-Feiertag als auch Himmelfahrt ist. Auf der Mühleninsel steigt das Celtic-Folk-Rock-Sonderkonzert mit der Connemara Stone Company aus dem Ruhrpott (-> FW#36). Aus Krankheitsgründen musste die zweite Band absagen, dafür sprang spontan die holländische Kultband Rapalje ein, um dem bereits zahlreich erschienenen Publikum den Wild Rover zu geben.

Freitagabend heißt es im Saal des Gasthauses Linnenschmidt: Musik aus dem Norden. Der plattdeutsche Liedermacher Jan Cornelius präsentiert passend zum Festival-Jubiläum seine zehnte CD mit ostfriesischen Liedern. Das Duo Kelpie, bestehend aus Kerstin Blodig und Ian Melrose (-> FW#34), zieht die Zuhörer mit mittelalterlich klingenden, norwegischen Balladen in den Bann. Liederjan (-> FW#32) ist nun 33 Jahre auf deutschen Bühnen unterwegs, hat aber immer noch nichts von seiner Vitalität verloren; im besten Alter eben. Zum guten Schluss sollen sich allerdings nicht nur die Lachmuskeln bewegen und das Kieler Sextett Hans Dans spielt zum Danz-op-de-Deel auf.

Den Samstag über ist an allen Spielorten der Teufel los. Im Garten des Gasthauses Linnenschmidt präsentiert die Fraunhofer Saitenmusik
Iontach, Venner Folkfrühling 2008
Ein irisches Trinklied ...

Icon Library #30, #32, #34, #34

Icon Sound   Down the Green FieldsThe
Final Round
, Cad É Sin Don Té Sin

www.iontach.de
ihr vielsaitiges Spectrum; die Münchner Gruppe begeht zudem ihr 30jähriges Bühnenjubiläum (-> FW#35). Richard Kurländer (Harfe) sowie Heidi (Hackbrett) und Gerhard Zink (Kontrabass) tragen ein dänisches Stück vor, das verdächtig nach Led Zeppelins "Stairway to Heaven" klingt. (Welches, nur nebenbei bemerkt, damals mit Blockflöten daher kam und angeblich von Tolkiens "Herrn der Ringe" inspiriert worden war.)

Es geht weiter mit Iontach (-> FW#34) und Na Cloicha Bui, Hemållt aus Schweden (-> FW#32) und der englischen Singer-Songwriterin Lorraine Jordan (-> FW#23). Jörg Nassler begibt sich in die stabile Saitenlage, die Lokalmatadoren An Rinn sind den Kohlegruben entstiegen (-> FW#32) und präsentieren ihr neues Programm Songs of the Sea.

Über Cara (-> FW#34) habe ich schon mehr gesagt und geschrieben, als mir augenblicklich einfällt, also gönne ich mir jetzt einfach mal eine Stunde Auszeit und genieße einfach mal nur die Musik. Mit dem Australier Carus Thompson endet das Außenprogramm auf der Mühleninsel mit einer Mischung aus Reggae und Folkrock. Auch schön, schätze ich doch Reggaemusik als die einzige Tanzmusik, zu der man sich nicht bewegen muss.

In der in unmittelbarer Nähe gelegenen, neugotischen Walburgiskirche geht es etwas ruhiger, aber nicht weniger exzellent zu: das Duo Lara Schallenberg & Eddie Nünning (-> FW#35), Gitarrist Franco Morone (-> FW#35), Harfenistin Nadia Birkenstock (-> FW#22). Die Northern Lights, ein Streichquartett aus Bremen, interpretieren traditionelle irische Tanzmusik auf ungewöhnliche Art und Weise. Mozart im Streichquartett? Irische Tänze auf der Fiedel? Die vier junge Damen wollen beides - und bekommen es auch.

Der Abschluss des Festival-Tages im Linnenschmidt-Saal beginnt etwas melancholischer. Doch bei Luz del Norte mit der Iki Dünya-Sängerin Sophie Wachendorff schlägt es bald in latein-amerikanische Lebensfreude um. Das Trio ZebraSommerwind (-> FW#33) mit Fiedel-Michel-Geiger Thomas Kagermann (-> FW#11), Gitarrist Urs Fuchs (Bassist bei www.farfarello.de und Talking Water -> FW#15) und Sängerin Andrea Leonhardi zelebriert eine Art Mantra-Folk.

Harriet Bartlett spielt Jigs & Reels auf dem Akkordeon. Die junge Danziger Irish-Step-Dance-Truppe Elphin (-> FW#30) vollführt gekonnte Luftsprünge. Die Begleitung dazu liefert die westfälische Gruppe Deirin De um Sängerin Ann Grealy (-> FW #24), unterstützt von Uilleann Piper und Flötist Colman Connolly (-> FW#34) und Guido Plüschke an der Bodhran (-> FW#30). Letzterer kann sich an dem Zeitpunkt, an dem ich dies jetzt schreibe, rühmen, den 3. Platz bei den World Bodhran Championships belegt zu haben.

Moin Moin, Venner Folkfrühling 2008

Auf ihrem aktuellen Album "Qwade Wulf" spielen Malbrook (-> FW #36) - neben Wolfgang Meyering (Gesang, Mandola) bestehend aus Harfenistin Merit Zloch, Dudelsackspieler Ralf Gehler und Geigerin Vivian Zeller - die von der Kieler Deutsch-Folk-Legende Moin (-> FW #22) gelernte "Rockkauer-Polka". Beim 10. Venner Folkfrühling tritt Moin nach Malbrook auf der Mühleninsel-Bühne auf.

Moin gehörte 1974 bis 1980 zu den bekanntesten Gruppen des (nord)deutschen Folk-Revivals. Manfred Jaspers (Geige, Konzertina, Gitarre, Mandola, Gesang), Jutta Mensing (Geige, Flöten, Gesang) und Mense Schwitters (Waldzither, Banjo, Gitarre, Bandoneum, Gesang) entstaubten Tänze und Tanzlieder, traditionelle Balladen als auch Texte des niederdeutschen Dichters Klaus Groth. Das hatte eine unerhörte Frische und gab der Folkmusik in Deutschland damals zahlreiche Anstöße.

Seit nun beinahe 30 Jahren machte das Trio nur noch ab und zu Musik miteinander. Dem Folkfrühling ist es gelungen, Manfred Jaspers, Jutta Mensing und Mense Schwitters zu einem im wahrsten Sinne einmaligen Konzert auf die Bühne zu bringen. Gut, die dreißigjährige Pause ist nicht spurlos vorübergegangen; die ersten beiden Stücke gehen noch mit verstimmter Fiedel über die Bühne, die zu lange in der Sonne gelegen hat. Bald aber springt der Funke über und man darf sich an einem hohen musikalischen Niveau erfreuen.

Der Sonntag beginnt gemütlich und jetzt kommen die deutsch-sprachigen Liedermacher zum Zuge: Bartsch aus Halle an der Saale,
Laway, Venner Folkfrühling 2008
Solang de Wind is freei as de See...

Icon Library FW#33 Icon Sound O sore Winter, Wind in de Wilgen
www.laway.de
Günter Gall (-> FW#35) vom Niederrhein und Gerd Schinkel aus Köln. Wem dabei zuviel gelästert wird, für den zaubert Ulli Bögershausen (-> FW#11) auf der Gitarre.

Das südschwedische Duo Dråm (-> FW#32) mit Anna Rynefors und Erik Ask-Upmark (-> FW#32, FW#35) verzaubert mit nordischen Klängen. Peter Kerlin (-> FW#31) kehrt noch einmal die keltische Seite heraus, gefolgt vom nordenglischen Fiddler Tom McConville (-> FW#10), der sich ebenfalls zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil des Venner Folkfrühlings entwickelt hat.

Auf der Mühleninsel setzt die Braunschweiger Sängerin und Gitarristin Meike Koester einen ersten Höhepunkt mit ihrem dynamischen Akustik-Pop. Laway um Sänger und Gitarrist Gert Brand (-> FW#33) ist Kult und kommt aus Ostfriesland und beinahe jedes Jahr nach Venne.

Auch zum Inventar beim Folkfrühling ist Allan Taylor (-> FW#18) zu zählen. Als dieser zum Abschluss am Sonntagabend mit allen Beteiligten "Will the Circle Be Unbroken" anstimmt und ein Feuerwerk zum Himmel steigt, ist klar, dass dies kein Ende, sondern nur eine Etappe auf dem Weg ist.

Man sieht sich in alter Frische - nächstes Jahr!

Photo Credits: (1) Folkfrühling-Logo (by Folkfrühling); (2) Malbrook, (3) Iontach, (4)-(5) Moin, (6) Laway, (by Walkin' Tom).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 07/2008

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