FolkWorld #76 11/2021

CD Rezensionen

Tom Beaulieu "2021 Update"
Own label, 2021

English CD Review

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livedog777@yahoo.com

Tom Beaulieu[73] klingt wie ein übellauniger Sam Hawkens, und das ist schon mal interessant. Auf der CD gibt er auch Erklärungen zu den Liedern ab, kommentiert die Ereignisse, die ihn zum Schreiben inspiriert haben, und strahlt ganz allgemein eine düstere Endzeitstimmung aus. Dass in seinen Liedern so viele Zombies vorkommen, wirkt da nur folgerichtig. „Zombies on Zambonis“, z. B. Wobei, sein Lieblingssatz ist „Zamboni was a man and not a machine“, den er in mehreren Liedern wiederholt, ohne dass seine Erklärungen besonders viel zum Verständnis hülfen. Er experimentiert gern mit Klängen, manche Lieder klingen wie durch eine altmodische Flüstertüte gesungen. Er liebt es rockig, scheint sich an Bands aus den siebziger Jahren zu orientieren, ist einwandfrei eine spannende Bekanntschaft, aber folkig nur in Spurenelementen.
© Gabriele Haefs


Nolan McKelvey (with Megyn Neff and Tim Hogan) "Into The Silence"
Get Onus Stay Onus Music, 2021

Nolan McKelvey & Ron James "Songs of Hope"
Get Onus Stay Onus Music, 2021

English CD Review

Artist Video

www.nolanmckelvey.com

Nolan McKelvey ist ein Liedermacher aus den USA, der dort offenbar schon überall gespielt hat – seine Website erschlägt geradezu mit Auftrittsterminen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, geizt aber leider mit Infos über den Mann an sich. Egal, Hören ist auch schön, von Stimme und Gitarrenstil erinnert er an den jungen Donovan, wechselt aber gern zwischen den Musikstilen. Langsame balladenhafte Stücke, die zu seiner eher zarten Stimme passen, Old Time, klassischer US-Liedermacherstil, alles liegt ihm offenbar gleichermaßen. Die CD ist live aufgenommen, das Publikum hält sich aber wunderbar zurück und stört nicht weiter. Die Titel zeigen wunderbar die wechselnde Stimmung an: „After the wine“ und „Dark times“. Unbedingt positiv erwähnt werden muss die Geigerin Megyn Neff, die bei einigen Liedern auch die zweite Stimme singt.
Auf der kurzen CD „Songs of Hope“ (ca. 25 Min., 6 Stücke) hat Nolan McKelvey sich mit Paul James zusammengetan, die Texte stammen von beiden, jede Menge Studiogäste hat mitgewirkt, es geht folgerichtig los mit echtem Big-Band-Sound. Der Erlös aus dem Verkauf des Albums geht an eine Stiftung, die sich um Kinder mit Gehirntumoren kümmert. Die Lieder handeln diese Krankheit und ihre verschiedenen Stadien. Ein unterstützenswertes Projekt, vom Klang her allerdings kein bisschen folkig.
© Gabriele Haefs


Fia Ekberg "Bangatan"
Kakafon Records, 2020

English CD Review

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www.sofia.ekberg.com

Die schwedische Liedermacherin Fia Ekberg nennt ihre CD „Bahnhofstraße“, und auf dem Cover schreitet sie durch eine heruntergekommene Straße, auf der nur ein paar Autos herumstehen. Es sieht aus wie eine typische schwedische Kleinstadt, die bessere Zeiten gesehen hat, aber dann verschwanden die Arbeitsplätze und später wurde der Bahnhof stillgelegt. Fia Ekbergs knallrote Hose scheint zu versprechen, dass nicht alles so trist ist, wie es aussieht. Und damit sind wir mitten in ihren Liedern, die viele Themen aufgreifen: Alter, Verlassenheit, Zukunftssorgen, den Wunsch nach Liebe und Freundschaft, Schnee im Mai (ist das nun gut oder schlecht?), Rollenzwänge (ein Junge, der tanzen will) …. Und zu jedem Thema hat sie die passende Melodie. Dazu ihre unvergessliche Stimme, mit der sie bemerkenswert hohe Töne glasklar hinkriegt. Die Studiogäste liefern passende, niemals aufdringliches Begleitung (selbst der Saxophonist Sten Källman verzichtet auf den bekannten skandinavischen Einheitsbrei!) Einfach schön!
© Gabriele Haefs


Celenka "Villoi Varsa"
Nordic Notes, 2021

English CD Review

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www.celenka.net

Das finnische Trio Celenka[75] hat eine Vorliebe für Lieder und Sprache von Karelien, dem Teil Finnlands, der nach dem Zweiten Weltkrieg von der UdSSR annektiert wurde. Die Lieder auf dieser CD stammen aus Sammlungen, die in der großen Sammlerzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammengetragen wurden, als karelische Sängerinnen noch die traditionellen Gesangsstile beherrschten. Die Lieder wurden in vier Sprachen gesungen: Finnisch, Russisch, Karelisch und Wepsisch (Wepsisch ist eine dem Finnischen verwandte Sprache, die heute stark vom Aussterben bedroht ist). Durch das Zusammenleben so unterschiedlicher Kulturen hatte sich in Karelien ein Stil entwickelt, der Einflüsse aus allen vieren aufnahm, und das ist noch heute zu hören. Auf ein russisch klingendes Element folgt sogleich ein Stück finnischer Sakralgesang, und so geht es weiter. Wirklich eine klangliche Entdeckungsreise! Und unvergesslich – die wahrhaft schmissige Arbeiterhymne „Työväenlaulu“ – und gut zu wissen, dass „Solidarität“ in allen Sprachen ähnlich klingt!
© Gabriele Haefs


Annie Gallup "Oh Everything"
Gallway Bay Music, 2021

English CD Review

Artist Video

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www.anniegallup.com

Annie Gallup, Liedermacherin aus den USA, singt mit dunkler Stimme, die beim ersten Hören an Juliette Gréco erinnert, sie kleidet sich auch in Schwarz, und auf dem Cover sitzt sie in einem von Raben umflogenen Abbruchhaus. Das charakterisiert die Stimmung ihrer Lieder, bei denen sie ihren Gesang auf allerlei Gitarren begleitet. Aber nicht alles ist langsam und melancholisch, wie das Cover annehmen lässt, gleich nach dem ersten Gréco-haften Stück kommt ein fetziger Sprechgesang, der sich als Wiegenlied entpuppt und doch den unschlafliedhaften Titel „Rockabye“ hat. So ist Annie Gallup: eine Überraschung nach der anderen. Und immer, wenn man glaubt, ihren Stil irgendwie einordnen zu können, kommt ein neuer Wechsel in Melodie und Rhythmus. Ein Titel wie „Nothing/Everything“ ist da sicher programmatisch. Und dass sie immer schon so war, belegt das letzte Lied des Albums: „Portrait of the Artist as a Young Punk.“
© Gabriele Haefs


Asleep at the Reel "The Emerald Dream"
Own label, 2019

English CD Review

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www.asleepatthewheel.com

Asleep at the Reel sind eine australische Gruppe mit irischen Wurzeln und Vorlieben. Neben dem Vokalisten und Songschreiber Mark Cryle verdient vor allem die Akkordeonspielerin Rose Broe eine positive Erwähnung. Die Lieder der Band klingen teilweise traditionell, sind es aber nicht, sondern stammen allesamt von Mark Cryle, der sich auch von poetischen Ikonen wie John Donne und William Butler Yeats inspirieren lässt oder ein Lied über Moby Dick und den unseligen Kapitän Ahab verfasst. Die Musik ist in den meisten Fällen lebhaft, fetzig, zum Schunkeln, wozu auch die teilweise arg eintönige Schlagzeugbegleitung beiträgt. Ein leichter Hang zum Klischee fällt auch auf, wo Iren sind, fließt der Whiskey in Strömen, kennen wir ja von vielen auslandsirischen Gruppen. Und dem Klischee, dass Australien ein Macholand ist, werden Cryles Texte bisweilen auch gerecht. Trotzdem, macht Spaß zu hören, vor allem die Abstecher ins Schlagergenre bei Titeln wie „Red Dress“.
© Gabriele Haefs


Catriona McKay "Love in Secret"
Glimster Records, 2021

English CD Review

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www.catrionamckay.co.uk

Catriona McKay[65] ist eine schottische Harfnerin mit einer Vorliebe für klassische irische und schottische Kompositionen, und so finden wir Werke von Carolan wie „Carolan’s Concerto“ und bekannte alte Stücke wie „Sí bheag, sí mhor“ und „Casadh an tSugáin“. Sie arbeitet aber auch viel mit dem eher experimentellen Musiker Alistair MacDonald zusammen (nicht zu verwechseln mit dem traditionellen Sänger Alastair MacDonald!), und so bringt sie auch eigene sehr moderne Kompositionen zu Gehör, bei denen teilweise nur der Titel schottisch klingt, wie die „Whisky Reels“. Die Freude am Experimentieren zeigt sich auch darin, dass sie die alten Sachen viel lebhafter spielt, als es sonst üblich ist, gerade „Casadh an tSugáin“ wird dadurch ein ganz neues Musikstück (und der dramatischen Geschichte, mit der es verbunden ist, um so mehr gerecht). Eine CD zum immer wieder Hören und auf klangliche Entdeckungsreisen gehen.
© Gabriele Haefs


David Crosby "For Free"
BMG/Warner, 2021

English CD Review

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www.davidcrosby.com

Genau, der David Crosby,[75] und damit ist eigentlich alles gesagt. Er ändert seinen Stil nicht, bleibt sich also gewissermaßen ewig treu, die helle Stimme ist weiterhin unverkennbar, und alle alten Fans werden entzückt sein. Ein paar neue gewinnt er sicher auch dazu. Für dieses Album hat er sich mit seinem Sohn, „dem Multi-Instrumentalist“ (sic!) James Raymond zusammengetan, das entnehmen wir der Presse-Info, das auch sonst in vertracktem Deutsch verfasst ist. Aber das ist nur konsequent, beschreibt es doch die „vertrackten Texturen und komplexen Grooves“ von Crosbys Musik. Man sollte sich davon nicht abschrecken lassen, es ist wirklich wunderschöne, klangreiche Musik mit Texten, die nicht so leicht zu vergessen sind. In einem Punkt hat das Beiblatt jedenfalls recht: „For Free“, Crosbys Cover eines Liedes der von ihm so verehrten Joni Mitchell ist der grandiose Höhepunkt des Albums.
© Gabriele Haefs


Tip Jar "One Lifetime"
Coast To Coast, 2021

English CD Review

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www.tipjar.nl

Das Duo Tipjar kommt aus den Niederlanden, singt aber auf Englisch. Bart de Win und Arianne Knegt haben alle Lieder auf diesem Album selbst geschrieben, einige Male mit Hilfe von anderen (die Infos auf dem Cover sind sehr künstlerisch gesetzt, aber beim Lesen tanzt der armen Rezensentin alles vor Augen, deshalb folgen hier keine weiteren Auskünfte). Die beiden scheinen eine Menge Vorbilder zu haben, oder wie durch Osmose allerlei Musik zu verarbeiten. Das erste Stück ist einfach Pop, das zweite („Something I said“) klingt nach Joe Dassin, das 3. („Kiss me“) ist Country und Arianne Knegt zeigt, was sie für eine grandiose Sängerin ist, und so geht es weiter … das vom Text her scheußliche Stalkerlied „Tell me something“ weist Motown-Bezüge auf, beim Titelstück haben die Carpenters Pate gestanden – eine hochinteressante Mischung also, die bei allen Anklängen nie wie eine Kopie klingt, sondern absolut eigenständig, und die neugierig auf das weitere Werk von Tip Jar macht.
© Gabriele Haefs


Olaf Sickmann "New Irish Tin Whistle Tunes 2"
Timezone Records, 2021

English CD Review

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„Traumhafte Melodien treffen großartige Technik“, verkündet das Presseinfo, (die sich nur an Männer richtet, aber Frauen können das Lernprogramm ebenso verwenden!) und wir wollen auch gar nicht widersprechen. Olaf Sickmann hat alle Stücke selbst geschrieben, im traditionellen Stil, wobei er sich durchaus hier und da eine Abweichung von der strikten Tradition erlaubt. Die Titel zeigen, wie weit er sich manchmal von selbiger entfernt: „Sometimes TV is great“ oder „Restart“. Die CD und die Melodien sind zum Lernen gedacht, Sickmann spielt Tin Whistle und Gitarre, es gibt die Möglichkeit, Noten und eine Tonspur ohne Tinwhistle aus dem Netz herunterzuladen. Es gibt Reels, Jigs, Märsche, Walzer, Hornpipes, das ganze Spektrum eben! Eben perfekt zum Üben, und Erfolgserlebnisse stellen sich auf diese Weise schnell ein. Noch einmal das Presseinfo zitiert: „So verkauft man in der Zeit von Streaming-Diensten CDs!“ (zufriedener Amazon-Kunde). Zum Glück gibt es dieses interessante und lehrreiche Album ja nicht nur bei Amazon!
© Gabriele Haefs


Diana Jones "Song to a refugee"
Proper Records, 2020

English CD Review

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www.dianajonesmusic.com

Die Sängerin und Gitarristin aus Nashville hat viel Prominenz für dieses Album zusammengeholt, nennen wir nur Peggy Seeger und Richard Thompson, aber dass das Anhören eine Gänsehaut nach der anderen auslöst, liegt sicher nicht nur an der wunderbaren Musik und dem perfekten bisweilen mehrstimmigen Gesang. Der Titel erinnert an Woody Guthries „Deportees“, und das soll er auch, es geht um Flüchtlinge, Geflüchtete, Vertriebene, um Menschen aus vielen Ländern, die in ihrer Not irgendwo Zuflucht suchen – und die dann sehr oft nicht gastfreundlich aufgenommen, sondern hinter Stacheldraht eingesperrt und von ihren Lieben (denen, die Flucht und Vertreibung überlebt haben) getrennt werden. Das Titelstück schrieb Diana Jones für eine Mutter aus dem Sudan, die hofft, in England endlich wieder mit ihren Kindern zusammensein zu können. Welch ein Genuss die Musik ist, trotz des beklemmenden Themas, wurde schon gesagt – der Erlös aus der CD geht an Hilfswerke zur Unterstützung von Geflüchteten, zwei perfekte Gründe für den massenhaften Erwerb!
© Gabriele Haefs


West of Eden "Taube"
Own label, 2021

English CD Review

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www.westofeden.com

Evert Taube (1890 – 1976) war ein legendärer schwedischer Sänger und Dichter, alle in Schweden kennen heute noch mindestens ein Lied und viele Textfragmente von ihm. Die sechsköpfige Gruppe West of Eden[70] hat sich eine bunte Mischung ausgesucht, sehr bekannte und eher versteckte Juwelen aus dem Taubeschen Werk. Bei einigen übernehmen sie die Melodien, sich der Meister für seine Texte ausgesucht hatte, andere versehen sie mit neuen, wobei sie gern auf britische und irische Vorbilder zurückgreifen. Die glockenhelle Stimme von Jenny Schaub öffnet neue Einblicke in die eher männlich geprägte Textwelt von Evert Taube, der Vokalist Martin Schaub seinerseits sorgt dafür, dass die Überraschungen nicht zu groß werden. Oft werden die Lieder unterbrochen durch eine Instrumentaleinlage, zumeist ein Jig oder Reel, „Copperplate“ z.B., oder „I’ll tell me Ma“. Tinwhistle und Bodhrán tun das ihrige, um die kulturelle Fusion glücken zu lassen. Ein sehr abwechslungsreiches Album, und außerdem ein idealer Einstieg ins Werk des großen Evert Taube.
© Gabriele Haefs


Various Artists "Lyden av Vestfold"
ETNISK MUSIKKLUBB, 2021

English CD Review

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Diese CD wirkt wie ein grandioses Abschiedskonzert für den norwegischen Regierungsbezirk Vestfold, die im Januar 2020 gegen energischen Protest der betroffenen Bevölkerung mit dem Nachbarbezirk Telemark zu einer Rieseneinheit zusammengelegt wurde. Immerhin konnte verhindert werden, dass der neue Bezirk den einst vom norwegischen Naziführer Quisling ersonnenen Namen Vest-Viken erhielt! Die Sängerinnen Karolina Westling, Tone Krohn, Rikke Christine Roseng, Tone Juve und Elfi Sverdrup zeigen noch einmal, was Vestfold an Musik zu bieten hat – und dass sich die Region durchaus mit Telemark, sozusagen dem Hätschelkind der norwegischen Brauchtumspflege, messen kann. Sie liefern Vokalmusik vom Feinsten, singen solo oder mehrstimmig, aber immer a-capella. Wir hören lange Balladen aus alten Sammlungen, wie die Geschichte der unglücklichen Liebe des Ritters Ole von Rosenlund, es gibt kurze Scherzlieder wie das in vielen Varianten überall in Norwegen bekannte „Pål sine høner“, ein Menuett wirkt, gesungen und nicht auf dem Spinett gespielt, plötzlich gar nicht mehr höfisch, fromme Choräle und kurze Viehlockrufe, die die Stimmkraft der jeweiligen Sängerin unter Beweis stellen, wechseln einander ab. Selten wird bei Folkworld Richard Wagner zitiert, hier ist es angebracht: „Was für ein Abgesang!“
© Gabriele Haefs


Matt & Madeline "The Aim Was Song"
Eigenverlag, 2021

English CD Review

Artist Video

www.mattandmadelineshugert.com

Matt und Madeline sind ein junges Duo aus Colorado, das derzeit in Shanghai lebt, viel mehr an Infos gibt die Website nicht her, und das ist schade. Die CD wurde jedenfalls in Colorado aufgenommen. Alle Texte stammen von Robert Frost (1874 – 1963), viele von uns erinnern sich sicher aus dem Englischunterricht an seine Gedichte. Hier aber hören wir sie als Lieder, alle Melodien stammen von Matt und Madeline. Es klingt zunächst sehr folkig, Madelines helle Stimme erinnert an Carolyn Hester, das wird besonders deutlich im ersten Lied, „Love and a question“. Auch Matt singt, er spielt Gitarre, Madeline Banjo und Tinwhistle, eigentlich also die ideale Folkausrüstung. Bluegrass-Einflüsse sind deutlich zu hören, manche Lieder klingen auch ein bisschen irisch (oder eher wie irische Lieder, die einige Generationen in den USA überlebt haben) – aber dann wird es jazzig, und Matts Liebe zur Improvisation bricht Bahn (wobei ihm Schlagzeuger Christian Teale assistiert). Insgesamt eine hochinteressante Mischung und ein Grund, mal wieder Robert Frost zu lesen.
© Gabriele Haefs


The Accidentals "Time Out" [EP]
Own label, 2021

English CD Review

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www.theaccidentalsmusic.com

Diese kurze CD mit fünf Liedern ist sozusagen ein Nebenprodukt. Das Trio aus den USA arbeitete gerade auf Hochtouren an einer neuen CD, als Corona losbrach und der erste Lockdown kam. Im Hausarrest entstanden neue Lieder, in engem elektronischen Kontakt mit großen Kollegen wie Tom Paxton. Es sind folkige Lieder, wie wir sie aus den USA erwarten, sie greifen die Sorgen und Ängste der ersten Pandemiephase auf, verheißen aber auch Trost, das zeigt vor allem das letzte Stück, das fast wie ein Choral klingt, und in dem immer wieder wiederholt wird: All shall be well in the end.
© Gabriele Haefs


Eric Lambert "Beating the Odds"
Woodpicker Music, 2021

English CD Review

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www.ericlambert.com

Auf dieser CD zeigt Eric Lambert seine Fähigkeiten als Songschreiber. Alle Lieder stammen von ihm, mit der Ausnahme von „The music set me free“, das er mit Kari Estrin zusammen geschrieben hat, und dem Dylan-Stück „The Weight“. Der Musiker und Sänger präsentiert sich in einer Vielfalt von Stilen, manchmal swingt es heftig, dann wird es melancholisch, und eine Reise nach Irland inspirierte zu einem Instrumental, („Green“), das er mit einer im Dick-Gaughan-Stil gespielten Gitarre vorführt. Themen, die ihn bewegen, sind die Zerstörung von Natur und Umwelt („Mother Earth“), doch bei allem Elend macht er uns doch Hoffnung und für sich selbst nachahmenswerte Zukunftspläne: „I’ll dance when I’m a hundred“. Eine ungeheuer abwechslungsreiche CD, die durchaus Eric-Lambert-süchtig machen kann.
© Gabriele Haefs


Joy Zimmerman "The canvas before us"
Own label, 2021

English CD Review

Artist Video

www.joyzimmermanmusic.com

Joy Zimmerman ist eine Songwriterin aus den USA, die sich auf der Gitarre begleitet. Als weitere Instrumente führt sie auf dem Cover Geige, Ukulele, Djembe und Schreibmaschine an, die Schreibmaschine ist aber wohl nur zu hören, wenn die Hörerin genau weiß, in welchem Stück sie gespielt wird. Alle Lieder auf der CD stammen aus ihrer Feder, und das Universum ihrer Lieder ist groß. Das erste Stück, „Prairie Wind“, atmet die Karl-May-Stimmung, die wir von einem Lied mit einem solchen Titel schließlich erwarten. Stück Nr. 2, „Measure my heart“ klingt fast wie ein irisches Traditional, temperamentvoll wird es bei „If your life were a movie“, und gleich in mehreren Liedern zeigt sich ihre feministische Einstellung, und bei diesen Texten entwickelt sie eine wunderbare Ironie, die an eine hierzulande viel zu wenig bekannte Gruppe aus der Frühzeit der feministischen Bewegung erinnert, an die Womenfolk. Das letzte Lied klingt dann wie ein Choral und lädt unbedingt zum Mitsingen ein.
© Gabriele Haefs


John McCutcheon "Bucket List"
Appalsongs, 2021

English CD Review

Artist Video

www.folkmusic.com

Der Songwriter John McCutcheon[73] aus den USA hat vermutlich eine heimliche Liebe zu Roger Whittaker, jedenfalls klingt die CD zunächst so, wie Mr Whittaker hätte klingen können, wenn er nicht so schreckliche Sachen gesungen hätte. Dazu spielt er grandios Gitarre. Kaum aber hat sich die entzückte Hörerin eingehört, schon wechselt er, er verfügt über eine erstaunliche stimmliche Spannweite und schafft es mühelos, an Dick Gaughan zu erinnern. Fast alle Lieder hat er selbst geschrieben, bis auf das altvertraute „The Moonshiner“, das aber singt er mit einer anderen als der zumeist üblichen Melodie. Und er spielt nicht nur Gitarre, sondern auch Klavier, und als besonderes Highlight erklingt das Klavier (das früher einmal der Aktivistin und Liedermacherin Zilphia Horton gehört hat und das nun im Highlander Center in Tennessee steht), auf dem zum allerersten Mal „We shall overcome“ erklingen ist.
© Gabriele Haefs


Mala Oreen "Awake"
TOURBOmusic, 2021

Article: Mala Oreen

English CD Review

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www.malaoreen.com

Vorweg, wer die Luzerner Liedermacherin Mala Oreen nicht kennt, schaut sich sicher auf ihrer Website nach Infos um. Und da lesen wir, u.a., dass sie sich von irischer Musik inspirieren lässt, und dass irgendein Festivalmensch zuerst geglaubt hat, Joan Baez zu hören. Kein Wort glauben, von irischer Musik keine Spur, und weder vom Gesangsstil noch von der Stimme oder dem Repertoire gibt es irgendwelche Ähnlichkeiten mit Joan Baez. Was es gibt, ist die Sorte Folk, die derzeit gern als „Amerikana“ umschrieben wird. Mala Oreen, die auch verwandtschaftliche Beziehungen zu den USA hat (was sicher ihre wunderbare akzentfreie Aussprache erklärt, die zu hören allein schon eine Freude ist), hat ihre Lieder alle selbst geschrieben, sie spielt Gitarre und Geige. Ihre Themen sind Freundschaft, diffuse Ängste, wie sie sicher alle von uns ab und zu heimsuchen, der Versuch, nie die Hoffnung aufzugeben, manchmal vom Text her ein bisschen beliebig, aber von Musik und Stimme der pure Genuss.
© Gabriele Haefs


Christoph Hansen, Martje Johannsen, Kalle Johannsen "Mungard"
recordJet, 2021

English CD Review

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Außerhalb seiner Heimatinsel Sylt ist Jens Emil Mungard (1885 – 1940) heute wohl kaum bekannt, viele Lyrikliebende erinnern sich wohl vage, dass es ihn gab, dass er der große Dichter Nordfrieslands war, und dass er im KZ ermordet wurde. Ein frisch erschienenes Album bietet nun die Möglichkeit, sich mit dem Sylter Poeten genauer zu beschäftigen. Mungard schrieb auf Sölring, der Friesischvariante seiner Heimatinsel, die auch im übrigen nordfriesischen Sprachgebiet nicht auf Anhieb verstanden wird. Das hervorragend ausgestattete und bebilderte Beiheft macht uns mit seinem Leben und Werk vertraut. Der arme Mann war wohl zeitlebens vom Pech verfolgt, private Katastrophen vergällten ihm sein Privat- und Familienleben, und dann kamen die Nazis, mit denen er sich nun gar nicht anfreunden konnte. Die Melodien zu den auf der CD vertretenen Liedern stammen Christoph Hansen, der zudem für die Instrumentalbegleitung verantwortlich zeichnet. Die Stimmung der Texte entspricht wohl der, die Mungards Leben prägte, alles eher düster, aber doch nicht deprimierend. Und ein großartiger Grund, sich mit den friesischen Sprachen und diesem Dichter zu beschäftigen.
© Gabriele Haefs


Kalinec & KJ "Let’s get away"
Berkalin Records, 2021

English CD Review

www.briankalinec.com
www.kjsmile.com

Das Duo aus den USA macht neugierig darauf, wie sie wohl mit vollem Namen heißen, hier wird es verraten: Brian Kalinec und KJ Reimensnyder-Wagner, beide schreiben Lieder, manchmal auch in Zusammenarbeit mit anderen, und wer bei Wagner große Oper erwartet, wird überrascht: Es geht sehr sanft und melodisch zu. Und auch ohne die ganze großen Gefühlsaufwallungen. Der Gesang der beiden erinnert ein bisschen an die Carter Family, wenn auch ohne Religion – wobei ein Lied wie „Reach out“ durchaus spirituelle Elemente aufweist. Die Liebe der beiden gehört dem Walzer, das stellt gleich das zweite Lied unter Beweis: „New Lovers‘ Waltz“. Frau Reimensnyder-Wagner liebt außerdem Schottland, wo sie sich am Tay so richtig zu Hause fühlt (wer sich nun an Fontane erinnert fühlt, liegt total richtig), für ihr Lied „Home in Scotland“ hat sie den Sackpfeifer Jeff Duncan ins Studio geholt, der sich in einigen anderen Liedern dann noch als wahrer Teufelsgeiger entpuppt.
© Gabriele Haefs


Paul Kaplan "We shall stay here"
Old Coat Music, 2021

English CD Review

www.paulkaplanmusic.com

Paul Kaplan klingt wie früher die Folksänger aus den USA (Tom Paxton, Phil Ochs), und das nicht ohne Grund: Er war schon damals dabei, sein erstes Lied hat er 1966 geschrieben (wieso ist er hierzulande nicht so bekannt, wie er es verdient hätte?). Auf dem neuen Album sind Lieder von heute und von 1982, und alles klingt so von jetzt und doch vertraut (ein Lied über Umweltverschmutzung von 1982 ist eben leider nur noch aktueller geworden). Seine größte Stärke ist das Umdichten von altvertrauten Liedern auf neue Zustände. „Little Boxes“ von Malvina Reynolds handelte von genormten Vororthäusern, bei Paul Kaplan sind die kleinen Schachteln die Vierecke auf dem Bildschirm, in denen wir unseren total uninteressanten Scheiß posten. „Those were the days“ wird zu „These are the days“, einer Bestandsaufnahme des Lebens im Lockdown. Und ein Lied, das anfängt mit „I dreamed I heard Pete Seeger sing“ können wir doch alle mitsingen, und wie Joe Hill lächelt Pete Seeger ,und nein, seine Stimme lebt noch immer. Und das sind nur einige der wirklich wunderbaren und klugen Lieder auf dieser unbedingt immer wieder hörenswerten CD!
© Gabriele Haefs



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