FolkWorld #74 03/2021
© Karsten Rube



Eckpfeiler der progressiven Volksmusik

Wenn man sich durch die Südtiroler Musikszene scrollt, ist man erstaunt, wie vielfältig diese ist. Von Volksmusik bis Rock, von Ambient bis Jazz, von Straßenmusik bis Tanzhausunterhaltung. Und dabei hat man noch nicht mal die fetten Namen vor sich, die auf Stadionniveau agieren. Einer der umtriebigsten Vertreter der Region ist Herbert Pixner, der mit seiner Produktionsfirma Three Saints Records einigen Musikern Südtirols ein Zuhause bietet. Selbst komponiert und arrangiert und spielt er seit Jahren und lässt in wandelnden Verbindungen immer wieder neue Projekte vom Band laufen.

Herbert Pixner

Artist Video Herbert Pixner @ FROG

www.herbert-pixner.com

Herbert Pixner gilt als Erneuerer der alpenländischen Volksmusik. Der Südtiroler Musiker ist selbst ein virtuoser Meister auf diversen Instrumenten. Sein Markenzeichen ist das Knopfakkordeon, auf dem er seit Langem ergreifende Melodien formt. Über 15 Jahre bildet Pixner mit den Musikern Manuel Randi (Flamenco-Gitarre, E-Gitarre, Gipsy-Gitarre), Heidi Pixner (Harfe) und Werner Unterlercher (Kontrabass) unter dem Namen Herbert Pixner Projekt einen der erfolgreichsten Eckpfeiler der progressiven Volksmusik.

Seine Werke sind häufig umfangreiche Geschichten ohne Worte. Poetische Werke aus wandelbaren Klangspektren. Wenn solche Musik, die ursprünglich aus dem volksmusikalischen Raum entstanden ist, auf die Hochkultur der symphonischen Klassik trifft, ist man schnell geneigt, von musikalisch unterschiedlichen Klassen zu reden. Ein Sujet, das immer noch lebt, aber längst in den Tümpel abgelegter Denkmodelle gehört. Virtuosität und Leidenschaft glänzt auf vielen Ebenen und verbindet sich zuweilen an unverhofften Orten zu hoher Brillanz.

Herbert Pixner Project by Jörg Wolf

Artist Video
www.italo-connection.com

Das Herbert Pixner Projekt vereinigte sich 2019 für eine Saison mit dem großartigen Klangkörper der Berliner Symphoniker. Sie tourten im Herbst 2019 - damals, vor der Pandemie, als Liveauftritte noch der Standard für öffentliche und vitale Kultur waren - durch eine Reihe von Konzertsälen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Pixner gelingt es, mit seiner Musik Landschaftsbilder von deutlicher Detailtreue und agiler Lebendigkeit zu malen. Vor allem das Akkordeon bringt den Hörer auf die Alm, in die Stuben Tirols, in die Gassen der beschaulichen Städtchen. Die Klangfülle des Orchesters wiederum vermag den Blick schweifen zu lassen auf die Erhabenheit und Weite des umgebenden Alpenpanoramas. Heidi Pixners Harfe untermalt die Situation schwelgerisch.

Um eine allzu gefährlich tümelnde Stimmung aus dem Werk zu verbannen, setzt Pixner immer wieder auf Manuel Randi und seine vielfältigen Fähigkeiten mit E-Gitarre, Flamenco-Gitarre und Manouche-Gitarre die Stimmung ins Bedrohliche kippen zu lassen. Es wird deutlich, dass die Alpen hier nicht als streichelschönes Urlaubsparadies inszeniert werden, sondern als eine Natur von rauer Schönheit und gefährlichem Selbstbewusstsein. Eine Natur, die den Menschen oft genug klein und zu Recht beeindruckt erscheinen lässt.

Nicht immer verharrt das Ensemble im Laufe des Konzertes beim Alpenklang. Manuel Randi ist auf der Flamencogitarre ebenso firm, wie auf allen anderen Gitarren und so wird es zuweilen mediterran warm ums Herz. Pixner greift bei den Liveeinspielungen auf vorhandenes Material zurück. Viele der Tracks sind Kompositionen, die er für die CD „Lost Elysium“ schrieb und die mit den Symphonikern eine neue Wertigkeit erfahren. Dies alles in erlesenste Klangkultur zu verwandeln ist Herbert Pixner, seinen Mitstreitern und den Berliner Symphonikern auf dem Doppelalbum “Symphonic Alps” meisterlich gelungen.

Bevor Pixner mit den Berliner Symphonikern auf Tour ging, trieb er seine Italo Connection durch die Konzerthallen und Festivallocations im deutschsprachigen Raum. Die Konzerte während der Tour wurden ordentlich aufgezeichnet und von Christoph Franceschini filmisch in Szene gesetzt. Das Ganze erschien unter dem Titel “Italo Connection - Live” als Doppel-CD mit beiliegender DVD.

Italo Connection

Der Film ist eine Art Roadmovie, der die Musiker vor allem am Rand der Tour begleitet, Backstage, im Bus, in den Städten, in denen sie spielten. Die Musiker reden dabei über ihre Musik und den Zusammenhalt, den eine Band prägt, die lange unterwegs ist. Der Film bietet einen guten Einblick, um zu erkennen, wie Musiker von dieser hohen Virtuosität ticken. Wie sie ihre Liveauftritte sehen und ihr Publikum, dem sie egal wie umfangreich es am Abend vorhanden ist, immer mit dem gleichen großen Respekt entgegentreten.

Die beiden CDs lassen einige der besten Momente der Tour nacherleben. Es ist ein musikalischer Roadtrip zwischen Alpenjazz und Tarantino, Adriadico und Rock. Besonders Manuel Randi legt dabei ein E-Gitarrenmarathon hin, der schon beim Zuhören schweißtreibend ist. Großartige Musik jenseits der Gefälligkeit.


Herbert Pixner & Berliner Symphoniker “Symphonic Alps”, Three Saints Records, 2020 (2 CDs)

Herbert Pixner & The Italo Connection “Live”, Three Saints Records, 2019 (2 CDs + DVD)





Photo Credits: (1ff) Herbert Pixner (unknown/website).


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