FolkWorld #58 11/2015

CD & DVD Reviews

Steffen Gabriel & Cornelius Bode with Barbara Hintermeier
"The Land’s End Sessions"
Liekedeler, 2015

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www.thelandsendsessions.com

Steffen Gabriel hat vor knapp einem Jahrzehnt damit begonnen, traditionelle irische Musik auf der Holzquerflöte zu spielen. Seine hauptsächliche Inspiration sind die klassischen Flötenvirtuosen aus dem County Sligo, er ist sich aber auch nicht zu schade, hie und da auf Jazz-Einflüsse zurückzugreifen. Mit den Gruppen NUA[53] und COSÁN[54] sowie als Flötenlehrer ist er deutschlandweit bekannt; mittlerweile fabriziert und vertreibt er seine eigenen Querflöten. Cornelius 'Zorny' Bode hat zahlreiche Bands mit seinem Gitarrenspiel (Standard-Stimmung) geprägt; derzeit vor allem in der norddeutschen Irish-Folk-Formation EMERALD.[51] Steffen und Zorny haben zusammen mit Guido Plüschke[52] in der Gruppe TRASNÚ gespielt; vor rund drei Jahren haben sie, immer wenn es die Zeit zuließ, damit begonnen, ihre Lieblingssets irischer Instrumentalmusik aufzunehmen - vor allem Jigs und Reels, aber auch einen swingenden Walzer und einen schottischen Strathsepy. Irgendwann gesellte sich auch die More Maids-Geigerin Barbara Hintermeier[48] in den Hannoveraner Land’s End Studios dazu. Die 10 Instrumentalsets zeigen technisches Können und fundierte Kenntnisse, wichtiger aber noch ist das beseelte Zusammenspiel zweier Freunde und die pure Freude an der Musik, die aus jedem einzelnen Flötenton auf den Boden tropft.
© Walkin' T:-)M


WUCAN "Sow the Wind"
Hänsel & Gretel (MIG-Music), 2015

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www.wucan-music.de

Das Dresdner Quartett WUCAN ist nicht Living in the Past (um den Titel eines Jethro-Tull-Klassikers zu bemühen), aber zweifelsohne Looking in the Past (so der Titel eines eigenen Stückes). Der Retro-Sound bemüht nicht nur Ian Andersons extravagantes Flötenspiel (hier: Flötistin und Sängerin Francis Tobolsky), das Stromgitarre/Bass/Schlagzeug-Trio Tim George, Patrik Dröge und Leo Vaessen orientiert sich bei dem innigen Blick zurück auch schon mal an Ougenweide und Black Sabbath. Das großteils in Analogtechnik aufgenommene Debütalbum der 2014 gegründeten Heavy Retro Rock Band enthält gerade einmal 6 Titel, darunter aber auch das - einzige in deutscher Sprache - fast 16-minütige "Wandersmann". Die Bandbreite reicht von eingängigen Rockhymnen zu komplexen, jazzigen Improvisationen; gemeinsamer Anker ist die leidenschaftliche Stimme von Francis Tobolsky.
WUCAN haben sich innerhalb eines knappen Jahres eine treue Fangemeinde erspielt, denn auch optisch bringen die langmähnigen Dresdner das Lebensgefühl der Siebziger Jahre ins 21. Jahrhundert.
© Walkin' T:-)M


Louisa Baïleche "Terra Mia"
Mix et Métisse / Co'Art, 2015

www.louisabaileche.com

Louisa Baïleche ist die in Paris geborene Tochter einer italienischen Mutter und eines algerisch-kabylischen Vaters. Sie ist nicht nur als Schauspielerin und Tänzerin erfolgreich gewesen, sondern auch als Rock- und Chanson-Sängerin, am bekanntesten sicherlich die Ballade "Monts et Merveilles", mit der sie den 18. Platz beim Eurovision Song Contest im Jahr 2003 belegte. Auf ihrem aktuellen Album "Terra Mia" erfüllt sie ihren langgehegten Herzenswunsch, sich ihren italienischen Wurzeln zu widmen; Reminiszenzen an ihre Kindheit und den traditionellen Liedern ihrer Mutter. Die Arrangements atmen mediterrane Luft, das Akkordeon klingt fast klischee-haft nach der Seine-Metropole, in der Ferne am Horizont vermeint man aber auch arabische Trommeln wahrzunehmen. Louisa Baïleche singt mit großer Wärme und Zärtlichkeit ihre eigenen Texte, zeitgenössische Kompositionen von italienischen Interpreten wie beispielsweise der populären umbrischen Folksängerin Lucilla Galeazzi, aber auch das traditionelle "Cade le ulive", das schon von Dario Fo interpretierte Liebeslied aus der Toskana mit Fingerzeig auf die Olivenernte.
© Walkin' T:-)M


Weiherer und die Dobrindts "Best of greatest Hits"
Focus / BSC, 2015

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www.weiherer.com

Wenn es dem Söllner Hans zu langweilig ist, alleine zu spielen, holt er sich die Unterstützung einer Reggae-Band.[57] Auch der bairische Liedermacherkollege Christoph Weiherer ist es leid, als einsamer Streiter unterwegs zu sein. Im Gegensatz zu dem Reichenhaller Dope-Poeten, der mehr und minder immer demselben Offbeat-Rhythmus frönt, präsentiert sich der Weiherer musikalisch durchaus abwechlungsreich; nicht nur Countrymusik nach dem Motto Lucky Luke reitet in den Sonnenuntergang (wobei wir wieder beim Thema Einsamer (St)reiter wären), eine frische Brise trägt Klänge vom Balkan bis in die Karibik. Die nach dem CSU-Politiker und Verkehrsminister benannte Begleitband besteht aus gestandenen Mannsbildern, die von anderen Formationen bekannt sind: z.B. spielt Akkordeonist Andi Königsmann bei Zwoastoa,[56] Gitarrist Andreas Dombert in der Band von Claudia Koreck[46] und Schlagzeuger Manfred Mildenberger mit Ringsgwandl.[19] Die Klassiker des Weiherers präsentieren sich also in fettem Band-Sound, sind aber auch weiterhin unverwechselbarer bairischer Protestgesang. Man kann also getrost sagen: Alles richtig gemacht!
© Walkin' T:-)M


Triskilian "bell'amata"
Eigenverlag; 2015

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www.triskilian.de

Mittelalterliche Minnegesänge gibt's bei Triskilian zu hören. Das deutsche Quartett hat sich auf diesem Album mittelalterlichen Liedern zum Thema Liebe und Leidenschaft (so auch der Untertitel der CD) gewidmet - als "Hommage an die Weiblichkeit und ihrer Bedeutung in der Musik des Mittelalters". Weiblicher Gesang ist denn auch im Vordergrund aller Lieder, begleitet von grösstenteils typisch mittelalterlichen Instrumenten wie Drehleier, Dudelsäcken, Trommeln, Harfe, Nyckelharpa etc. Die Lieder stammen aus weiten Teilen Europas - Deutschland, England, Frankreich, Spanien - und sind auch in den orginalen Sprachen (in mittelalterlicher Version) gesungen.
© Michael Moll


Solid Ground "Dance!"
Eigenverlag, 2015

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www.solid-ground.de

“Modern poetry folk inspired by Ireland” ist der Untertitel dieses Albums. Neben einigen gut arrangieten Jigs und Reels sind vertonte Gedichte tatsächlich der Schwerpunkt von „Dance!“ Die sieben MusikerInnen von Solid Ground haben sich auch einigen Gedichten von klassischen englischen und irischen Dichtern – William Butler Yeats, Wordsworth and Lord Byron - gewidmet und diese im Irish Folk Stil vertont. Das ist schon recht mutig, und meiner Meinung nach sind diese Vertonungen nicht immer gut geraten. Erfreulicherweise sind auf der CD auch einige selbst geschriebenen deutschen Gedichtvertonungen zu hören. Die Musik der bayrischen Band ist gut zusammengestellt, und stilistisch irgendwo zwischen Irish Folk, Pop und traditionell anzusiedeln – mit Gitarre, Piano, Akkordeon/Drehleier/Dudelsack, Geige, Schlagzeug und Bass.
Einiges mag besser zusammenpassen als anderes, aber insgesamt ist es interessante und ansprechende Musik, individuell und neu.
© Michael Moll


Rudi Zapf Trio "Grenzenlos Vol III"
Pantaleon Records, 2015

www.zapf-musik.de

Das deutsche Trio um Hackbrettspieler und Akkordeonist Rudi Zapf spielt sich auf dieser CD quer durch Europa – viel in den Osten Europas, mit Klezmer und Balkan, mit Ausflügen nach Irland, und wieder zurück zu Musik aus deutschen Landen. Neben Hackbrett und Akkordeon sind Violine (Sunny Howard) und Kontrabass (Harald Scharf) zu hören Die meisten St&uum;cke sind traditionell, vorgetragen mit viel Improvisation, die der Musik zum Teil einen jazzigen Flair gibt. Einige der Melodien sind sehr eingänglich, andere sind etwas anstrengender zum Hören.
© Michael Moll


Fleadh "The Peacock’s Feather"
Eigenverlag, 2015

www.fleadh.de

Die deutsche Irish Folk Band um den irischen Singer/Songwriter Saoirse Mhar präsentiert auf ihrem neuen Album eine Mischung aus neuen Liedern im Folk-Pop-Stil und Instrumentalstücken im traditionell irischen Stile. Seoirse Mhors Lieder haben oft bedrückende Themen, wie zum Beispiel Mobbing oder häusliche Gewalt. Da ist es doch gut, dass wenigstens die Instrumentalstücke fröhlich und ausgelassen sind – und man findet doch tatsächlich im „Taka Tuka Set“ auch noch dide Melodie des Pippi-Langstrumpf-Liedes wieder! Fleadh haben auch so etwa alle Instrumente dabei, die man sich von einer guten Irish Folk Band erhoffen mag – Pipes, Flöten, Fiddle, Banjo/Mandoline/Harfe und Gitarre....
© Michael Moll


Fleadh "The Peacock's Feather"
Greenhillmedia, 2015

www.fleadh.de

Die dritte CD der deutschen Irishfolkformation Fleadh ist ein schönes Beispiel dafür, dass man kein Ire sein muss, um spitzenmäßigen Celticfolk zu spielen. Das hilft zwar und dieser Teil wird auch durch den Sänger und Gitarristen Saoirse Mhor ausgefüllt. Der Rest der Band stammt jedoch vom Neckar. Die eigenen Kompositionen auf dem Album sind dann allerdings doch vom Iren. Das sind fröhliche Reels und bodenständige Irishfolksongs. Gelegentliche Zitate aus anderen Quellen beleben das Album, so wie das putzige Unterfangen, die das Pippi Langstrumpf Thema aufgreift und auf die grüne Insel verschleppt. Harmonisch sind die Gesänge, schwindelerregend die Einsätze der Pipes und der Fiddle. Kurz: Ein gelungenes Folkalbum mit schwungvollen irisch Tunes.
© Karsten Rube


John McCutcheon "Joe Hill's Last Will"
Appalsongs, 2015

Article: Joe Hill

www.folkmusic.com

Lieder des Arbeiters und Demonstrationsführers Joe Hill hat der amerikanische Folksänger John McCutcheon auf seiner CD "Joe Hill's Last Will" aufgenommen. Hill rief zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit aufmunternden und kämpferischen Liedern die Arbeiter zum Protest gegen die widrigen und unmenschlichen Bedingungen auf, unter denen vor allem die Wanderarbeiter zu leiden hatten. Hill, ein Einwanderer aus Schweden textete und sang seine Protestlieder, die sehr beliebt wurden, weil sie mit einer Portion Ironie unterlegt waren. Er organisierte und unterstützte als Mitglied der Gewerkschaft Industrial Workers for the World einige Streiks bei den Eisenbahngesellschaften, nahm an der Mexikanischen Revolution teil und gründete in Utah eine Einheitsgewerkschaft der Baugesellschaft. Schließlich landete er im Gefängnis und wurde unter zweifelhaften Umstände und mangelnder Beweisführung 1915 in Salt Lake City hingerichtet. Joe Hill's letzte Worte waren "Trauert nicht! Organisiert Euch!" "John Hill's Last Will" vereinigt Lieder, die er im Laufe seines 36-jährigen Lebens geschrieben hat. "It's a long way to the soup line" ist darunter, eine Umdichtung des irischen Volkslieds "Long way to Tipperary" und "There is a power in the Union". John McCutcheon hat die Songs leicht nachbearbeitet und etwas moderner, stellenweise rockig vertont. Statt der Akustikgitarre verwendet er elektrische Gitarren und setzt Bläser ein. Das Album ist eine gut gemeinte und gut gemachte Erinnerung an einen fast vergessenen Kämpfer und Sänger, der vielen folgenden Stimmen des amerikanischen Liedes als Vorbild diente.
© Karsten Rube


Das Großmütterchen Hatz Salon Orkestar "Terry Goes Around"
Eiffelbaum Records, 2014

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www.gmhorkestar.at

Diese Combo mit dem großartigen Namen ist in Wien ansässig. Namensgeberin Franziska Hatz - alles andere als ein Großmütterchen - mischt seit 2010 kräftig die Musikszene Österreichs auf. Ihr Fundus ist die Musik der Welt und darin bedient sich die Band nach Herzenslust. Die CD "Terry goes around" ist nichts Geringeres als eine launige kurze Stunde Weltreise auf sehr vielen Noten. Balkaneske Rummelplatzpolka beherrscht diese kleinste mir bekannte Big Band genauso wie die sentimentale Ballade im Stile des kubanischen Son, wie in "Que Sociedade" zu hören ist. Klezmer, Folklore und immer wieder jazzige Töne finden auf diesem rasanten Worldtrip harmonisch zusammen. "Terry goes around" ist eine runde Sache.
© Karsten Rube


Glenfiddle "Put an egg on it!"
Timezone, 2015

www.glenfiddle.de

Wer im deutschsprachigem Raum nach hochwertiger und unterhaltsamer keltischer Musik sucht, kommt an der Lübecker Band Glenfiddle nicht vorbei. Seit 1989 besteht die Gruppe. Seit dem haben sie mit zahlreichen CDs und vor allem vielen Live-Auftritten die Freunde der Celtic-Szene, ob Open-Air oder im Pub gleichermaßen verzückt. Frisch erschienen ist bei Timezone ihr neuestes Produkt "Put an egg on it !" Es erwarten den Hörer gekonnt Gecovertes aus traditionellen und rockigen Quellen, sowie interessante Songs aus der Feder der Bandmitglieder Peter Simon und Olaf Koep. Ohne Scheu nehmen sich die Musiker Klassikern, wie "Locomotive Breath" von Jethro Tull oder "Ride on" an und wechseln sogar zur Klassik eines Johann Sebastian Bach. Einen kurzen Ausflug wagen sie in die Musik Griechenlands. Ob sich das einfach so ergab oder ein kleines solidarisches Häkchen in Richtung östliches Mittelmeer ist, bleibt nebensächlich. Hübsch ist es jedenfalls, wie aus dem Sirtaki ein Shanti wird. Mühelos zaubern sich die Lübecker Barden durch das Repertoire von keltischem Rock und Traditionals und lassen keine Wünsche offen.
© Karsten Rube


Johanna Börjeson "Bara Är"
Dwarf Records, 2014

www.johannaborjeson.com

Die Songschreiberin Johanna Börjeson ist über Jahre auf Bühnen und in musikalischen Projekten gereift. Jetzt hat sie es gewagt, sechs Songs aufzunehmen und ihr Debüt auf CD zu geben. Die auf Schwedisch eingespielten Songs liefern beste Americana-Pop-Ware, die anzuhören lohnt. Ihre großartige Stimme präsentiert die balladesken Countrysongs so gut, als hätte sie die letzten Jahre in Nashville bei den Großen der Country- und Rootsmusik gelernt. Arrangements mit Piano und Slidegitarre lassen ebenfalls nichts vermissen. Johanna Björeson spielt zudem ein dezent eingesetztes Cello und hat die Songs selbst geschrieben. Als EP ein Appetithappen, dem hoffentlich bald mehr folgt.
© Karsten Rube


Leinöl "Drei Tog"
PG Records, 2011

www.leinölband.at

Im beschaulichen Julbach in Oberösterreich widmet sich die Familie Öller der Hausmusik. Jung und Alt finden harmonisch zusammen, um traditionelle Musik des Alpenlandes und moderne Rhythmen zusammenzubringen. Unter dem Bandnamen Leinöl veröffentlichte die Familie 2011 mit Unterstützung zahlreicher regionaler Dienstleister ihre CD "Drei Tog". Frisch und fröhlich, ländlich und modern, zünftig alpenländisch geht es auf dieser unterhaltsamen CD zu. Ein schönes Beispiel gepflegter familiärer Hausmusik.
© Karsten Rube


Rosapaeda "Inn a differrent stylee"
Felmay, 2015

www.rosapaeda.it

Differrent Stylee war in den 80er Jahren eine der ersten Reggaeformationen Italiens. Die Sängerin Antonella Di Domenico, die unter dem Pseudonym Rosapaeda bekannt ist, hatte sie damals ins Leben gerufen. Mittlerweile ist die Band zwar aufgelöst, doch Rosapaeda lässt ihre Reggaevergangenheit nur teilweise hinter sich. Die aktuelle CD "Inn a Differrent Style" wartet mit satten Reggea- und Dubrhythmen auf, holt allerdings auch zahlreiche Anleihen aus HipHop und Jazz dazu. Rosapaeda gestaltet hier ein vielschichtiges Album, das sie zu ihren Wurzeln zurückführen will, die nicht ausschließlich im Reggae, sondern auch in der Kultur Süditaliens liegen. Besonders klar macht Rosapaeda dies in der Interpretation des traditionellen Liedes "Mia Mia", in der die Musik Apuliens mit Bläsern und Reggaedubs harmoniert. Die südliche Sonne ihrer Heimat ist gut zu spüren in der Musik dieser mitreißenden und stimmungsaufhellenden CD. Recht passend als Erinnerung an den heißen Sommer 2015.
© Karsten Rube


Tango-Orkesteri Unto "Yön tummat siivet"
ARC Music, 2015

www.tangoorkesteriunto.com

1913, also vor etwas mehr als einhundert Jahren wurde der Tango zum ersten Mal in einem Theater in Helsinki aufgeführt. Seit dieser Zeit haben sich die Finnen diesen musikalischen Stil so zu eigen gemacht, dass man manchmal glauben könnte, sie hätten ihn erfunden. An der Sibelius Akademie gibt es einen eigens dafür eingerichteten Lehrstuhl. Tango, das ist in Melodien gefasste Emotion. Aktuell bringt dies das Tango-Orkesteri Unto deutlich zum Ausdruck. "Dark Wings of the Night" heißt ihr Album, das auf dem ARC-Label 2015 erschien. Elegante Arrangements, virtuos gespielte Instrumente und mitreißende Melodien bestimmen das musikalische Bild des Albums, auf dem sich die Creme der finnischen Tangoszene versammelt hat. Im Vordergrund steht die Sängerin Pirjo Aittomäki. Mit sehnsuchtsvollem Ausdruck gibt sie den Songs die nötige Schwere. Der Pianist des Orchesters heißt Timo Alakotila und gehört zu den wichtigsten Vertretern der neuen finnischen Musik. Er hat bereits mit Maria Kalaniemi ein paar prägende musikalische Projekte gestemmt. Die vielleicht beste Akkordeonistin neben Frau Kalaniemi ist Johanna Juhola, die ebenfalls zum Ensemble des Tango Orkesteri zählt. Neben dem Gründungsmitglied von JPP, dem Geiger Mauno Järvelä und dem Jazzkontrabassisten Hannu Rantanen ist noch der populäre Gitarrist Petri Hakala zu nennen. "Dark Wings of the Night" ist voll wunderschöner melancholischer Momente und spiegelt die finnische Seele auf eine Weise wieder, die nichts Düsteres oder Verlorenes zeigt. Die CD beinhaltet feinsten Tango von einer berauschenden Seite.
© Karsten Rube


Louisa Lyne & di Yiddishe Kapelye "A Farblondzhete Blondinke"
Maestro Music, 2015

www.louisalyne.se

Aus dem Norden Schwedens erwartet man nicht unbedingt Klezmermusik zu hören. Aber die schwedische Musikszene überrascht mit einer Vielfalt unter dem Polarkreis, die ihn zu einem bunten Breitengrad färbt. Louisa Lynes aktuelles Album "A Farbondzhete Blondinke" ist geprägt von tief empfundener Leidenschaft und jiddischer Melancholie. Dunkelheit und Trauer, Lust und Feuer wechseln sich auf diesem hervorragenden Album in steter Weise ab. Mit "Mir Leben Eybik" ist Lyne sogar ein kraftvoller jiddischer Tango gelungen. Die Texte zahlreicher jüdischer Dichter hat Louisa Lyne und ihre Band mit zum Teil dramatischen Arrangements musikalisch beseelt, besonders in den Momenten, in denen der tiefe Bass gestrichen wird, als gelte es eine Totenklage anzustimmen. Doch immer wieder steigt die Lebenslust durch den Lauf der CD und einige Bulgars laden zum Tanz. Brillant arrangiert und spannend erzählt ist diese wunderbare neue CD von Louisa Lyne, junge jüdische Kultur, die sich geschickt zwischen Tradition und Moderne bewegt.
© Karsten Rube


Kerstin Blodig "Out of the woods"
Stockfish Records, 2015

www.kerstinblodig.com

Kerstin Blodig hat sich mit ihren Musikern in den deutschen Wald begeben und den Frühling gefeiert. Auf einer Lichtung im Solling, einem waldreichen Naturschutzgebiet im Weserbergland, nahm sie im Frühling 2015 ein paar neuer Lieder in einer Art Liveperformance unter freiem Himmel auf. Neben den Musikern spielen auf der CD auch diverse Waldvögel eine tragende Rolle, was dem ohnehin schon entspannenden Mystiksound von Frau Blodig einen zusätzlichen naturidentischen Anstrich verleiht. "Out of the Woods" ist eine verträumte Reise durch die Natur und durch die mystische Welt von Trollen, Zauberpferden und Wäldern voller Fabelwesen. Wie so oft ist Kerstin Blodigs langjähriger Wegbegleiter Ian Melrose auch auf dieser CD wieder an ihrer Seite. "Out of the Woods" ist im wahrsten Sinne des Wortes bezaubernd und versetzt den Hörer musikalisch auf eben jene Wiese im verwunschenen Märchenwald.
© Karsten Rube


Baraka "Shams" [Doppel-CD]
Sketis Musik, 2015

Nach ihrem erfolgreichen Debütalbum "Tribut to Nargiz",[53] auf dem sich die lettische Band Baraka zum ersten Mal der Musik Tadschikistans widmete, erschien nun ihr zweites Album "Shams". Wieder sind die Musiker in die Kultur des Mittleren Ostens eingetaucht. Dabei hat das bunt zusammengewürfelte Ensemble, in dem neben den Letten auch Künstler aus Afghanistan, Russland, Nepal und dem Libanon mitwirken, zeitgenössische und traditionelle Musik aus Tadschikistan und Afghanistan gesammelt. Interpretiert werden die Songs als Ethno Jazz, in dem sich die Elemente der traditionellen Musik der Region auch mit modernen Interpretationsformen, wie HipHop verbinden. Groovige Passagen, Dancefloor und fetzige Gitarrenriffs zeigen eine große musikalische Bandbreite. Tragendes Element des Albums ist die zauberhafte Stimme der Sängerin Devika Evsikova. Über zwei Stunden dauert die Reise durch die Kultur Mittelasiens. Eine Reise, die sich lohnt.
© Karsten Rube


Root Doctor "New Attitude"
ReverbNation, 2013

www.rootdoctorband.com

Der Veteran des Michigan Blues, Root Doctor hat zusammen mit dem Sänger Freddie Cunningham sein fünftes Album vorgelegt. Bodenständiger Lakeblues mit reißenden Gitarrenriffs und Orgelanfällen im Stile der Bluesbrothers sind auf diesem Album zu hören. Neun neue Tracks hat sich der Wurzeldoktor einfallen lassen. Ein weiterer Song "Someone elses stepping in" ist ein Tribut an Denise Lassalle. Sämtliche Songs klingen klassisch ausgespielt, mit deftigem Gesang und den unvermeidlichen und perfekten Instrumentalsolis. "New Attitude" sind gelungene Michiganbluesstandards von bester Qualität, vorgetragen mit einer Menge Spaß.
© Karsten Rube


Various Artists "Nordic Notes Vol. 2"
Nordic Notes, 2014

Nordic Notes ist vor einigen Jahren mit dem Ansinnen gestartet, die Musik Skandinaviens etwas genauer zu beleuchten. Der Fokus lag weniger darauf, die traditionellen Werte zu betonen, sondern die kulturelle Vielfalt der Region aufzuzeigen. Auf Vol. 2 kann man davon weniger spüren. Ziemlich poppig ist die Kollektion geraten, doch bei weitem nicht langweilig. Einige der auf der CD versammelten Künstler haben ihre Heimat in der Americanamusik gefunden, so Orche Room oder auch der Songwriter Svavar Knutur. Andere verbinden skandinavische Mystik mit Pop, wie Ragga Gröndal. Kammerfolk von der exzellenten Sorte ist von der isländischen Band Aristir zu hören. Angenehm wirkt auch der Elektropopsong von Gudir Hansdottir. Nordic Notes Vol. 2 schafft es tatsächlich eine Vielfalt der nordischen Musik zu versammeln, die dann gänzlich anders klingt, als man das zunächst erwartet hat. Überraschend gut.
© Karsten Rube


Seiva "Seiva"
Bigorna, 2015

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www.seivaonline.de

Nachdem sich die portugiesische Folkrockgruppe Dazkarie im Jahr 2014 aufgelöst hat, gründeten die Sängerin Joana Negrão und der Gaitaspieler Vasco Ribeiro Casais die Folgeformation Seiva. Seivas erste CD besticht durch ihre gekonnten Sprünge zwischen den Stilen. Portugiesische Folklore, die vor allem mit den Einsatz verschiedener Dudelsäcke und den für die Musik typischen Trommeln und Tamburinen bestechen, treffen auf den magischen und zuweilen beschwörenden Gesang Joana Negrãos. Auch Fadoanklänge mischen sich unter die Kompositionen, die zum Großteil von den beiden Protagonisten stammen. Mit Seiva trifft also das folkoristische Portugal auf die Musik der Reisenden, trifft ländliche Idylle auf urbane Kraft. Ein spannendes Projekt.
© Karsten Rube


Ceumar "Silencia"
ARC Music, 2014

www.ceumar.com.br

Ceumar wuchs im brasilianischen Bundesstaat Minais Gerais auf. Mittlerweile lebt sie in Amsterdam und hat zahlreiche musikalische Projekte vor allem im Jazz ausprobiert. Mit "Silencia" besinnt sie sich ihrer Herkunft und widmet dieses wunderschöne leise Album ihrer brasilianischen Heimat. "Silencia" besitzt sentimentale Züge, wie sie auch in der Bossa Nova zu finden sind. Doch Bossa ist es nicht, was Ceumar spielt. Der Einfachheit halber hat man ihre Musik der MPB, der Musica Popular Brasileira zugeordnet. Aber auch das trifft nicht die Eigenständigkeit ihrer Kompositionen. Einflüsse aus dem Nordosten Brasiliens, folkloristische Elemente und Populärmusik halten sich hier in engem Tanz umschlungen. Ceumars Stimme schwingt auf beruhigend gleichmäßigem Niveau. Streicher und Akkordeon werden aus dem reichhaltigen Fundus brasilianischer Perkussionsinstrumente unterstützt. "Silencia" ist ein höchst versöhnliches Album, das den Hörer nicht zulallt, sondern mit eleganten Melodien zum Schwelgen und Schweigen animiert.
© Karsten Rube


SIR "... statt Hollywood schaukeln"
Timezone, 2015

Artist Video

www.sound-of-sir.com

Hinter dem Initialenkürzel SIR verbirgt sich die Berliner Schauspielerin Saskia Inken Rutner. Die Künstlerin hat bereits eine ganz ansehnliche Vita in Film, Theater und TV aufzuweisen und nun versucht sie sich als Sängerin. Ihr Debütalbum „… statt Hollywood schaukeln“ erschien Anfang 2015 bei Timezone, einem Label, das sich gerade im Newcomerbereich immer wieder genügend Zeit nimmt, nach unentdeckten Perlen zu fischen. SIR präsentiert sich auf ihrem Album als Berliner Pflanze des 21. Jahrhunderts. Das sind heute weitgehend Nachtschattengewächse, die ihren Lifestyle in der großen, lärmenden und nicht gerade sauberen Stadt zu den Zeiten hochleben lassen, in denen Business- und Familienmenschen versuchen, ein bisschen Schlaf zu finden. Ihre Texte orientieren sich an den Lebenslaunen zwischen ausschweifenden Szeneszenen und den gelegentlichen Momenten der Zurückgezogenheit. SIR beobachtet nur teilweise, die meiste Zeit erlebt sie. So beschreibt sie im Lied „Suspekt“ einen Typen, der sie angeberisch anbaggert.
Da sie ihn offensichtlich nicht mag, hat er keine Chance und schrammt kurz unterhalb des Sexismusvorwurfs an ihr vorbei. In einem anderen Lied „Abgewrackt“ wiederum scheint ihr das gleiche zu passieren. Hier führt Alkohol und eine gewisse Grundsympathie zu einem Happyend. Nun, vielleicht nur End - ohne Happy, denn als sie am Morgen danach aufwacht, fühlt sie sich wie ein ausgewrungener Scheuerlappen. Diese beiden Lieder im Doppelpack sind schöne Beispiele dafür, wie zwei Personen mit denselben Ambitionen, ganz unterschiedlich bewertet werden und natürlich auch mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten durch den Abend eiern. An anderer Stelle beschreibt sie Berlin als liebenswerte, wenn auch ruppige Stadt, in der zu Leben sie nicht missen möchte. In ihrer neuen Single „Brandenburg“, die nicht auf dieser CD zu finden ist, formuliert sie dieses Gefühl ganz ähnlich, nur nimmt sie sich eine Auszeit im Grünen, bevor sie zurückkehrt auf die Partyflächen aus Beton. Feinsinnige Satire lässt SIR in „Reformhaus“, einer Betrachtung der Bioszene anklingen. Auch die leisen, die melancholischen und die versöhnlichen Momente beherrscht die Sängerin, wie in „Komm heraus“, „Sonne“ und in „Am Fenster bei Nacht“ zu hören ist. „Mein Leben ist ‚ne Sinuskurve“ steht wie eine Überschrift über dem Album und lässt sie wie die Verkörperung des Berliner Zeitgeistes erscheinen. Höhenflüge und Talfahrten, Selbstüberschätzung und Selbstmitleid, unantastbare Unabhängigkeit und überraschend schmerzhafte Einsamkeit wechseln sich in diesem Umfeld rasant ab. Musikalisch hat SIR das alles höchst präzise umgesetzt. Mit Karl Neukauf hat Saskia Inken Rutner zudem einen kreativen Partner an ihrer Seite, mit dem sie von der betont einsilbigen Popweise, bis hin zum melancholischen Chanson all diese Facetten ihres Lebensgefühls exzellent vertonten konnte. Und auch ihre Stimme mit einem eher dunklen samtigen Timbre passt zum gelungenen Porträt einer Frau, die hin und her gerissen ist zwischen selbstbewusster Großstadtgöre und sensibler Hinterhofperle.
© Karsten Rube


The Knickerbocker Allstars "Open Mic at the Knick"
JP Cadillac Records, 2014

Die Knickebocker Allstars sind eine Musikervereinigung, die sich bereits seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich dem Blues verschrieben haben. Die Musiker haben an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Bands ihre Spuren hinterlassen. In Westerly auf Rhode Island haben sie ihre Basisstation, im dortigen Knickerbocker Café. Auf dem vorliegenden Album haben sie sich in gemütlicher Runde eingefunden und zusammengejamt, was ihnen vor die musikalischen Finger, Zungen oder Lungen kam. 13 Songs mit bluesigem und swingendem Lebensgefühl unterstützt durch starke Bläsersequenzen, begleitet von zerrenden Gitarren und Barpiano. Wenn man die Songs nur laut genug hört und ein bisschen ins Träumen gerät, sieht man dazu vor seinem geistigen Auge die Paare in einer schummrigen Tanzstube Jitterbog, Swing und langsame enge Drehungen vollziehen.
© Karsten Rube


Markey Blue "Hey Hey"
Delta Groove Productions, 2014

www.markeyblue.com

Der Gitarrist Ric Latina und die Sängerin Jeannette Markey trafen sich vor einiger Zeit auf einem Festival und begannen miteinander musikalisch zu werden. Herausgekommen ist das Album "Hey Hey" von einer Band, die die beiden Musiker Markey Blue genannt haben. Dieses quirlige Rhythm & Blues Baby hat es in sich. Soulige Tunes, fetziger Bluesrock und eine markige Stimme der Frontfrau lassen den Hörer nicht lange ruhig vor der Stereoanlage verharren. Es ist, als wenn Aretha auf einen ausgelassenen B.B.King trifft. Bester souliger Blues, also und besonders überzeugend, wenn die röhrende Stimme auf eine sich verzerrende Bluesgitarre und auffallend dezente Bläsersätze trifft.
© Karsten Rube


Tas Cru "You keep the money"
Crustee Tees Records, 2014

www.tascrue.com

Für Leute, die dem Blues nicht sonderlich nahestehen, mag diese Musik manchmal etwas einseitig klingen. Taucht man in die Geschichte dieses Stils ein und verfolgt man seine Entwicklung bis in die Gegenwart, wird man erstaunt sein, wo der Blues überall seine Fühler hineingestreckt und welche Vielfalt er erreicht hat. Gut nachzuvollziehen ist dies auf der CD "You keep the Money" des Bluesrockers Tas Cru und seiner Band. Die Idee zu diesem Album fußt in einem Benefizkonzert, das Tas Cru für einen befreundeten und von Schlaganfällen geplagten Bluesmusiker gab. Am Ende des Konzerts überreichte er das eingespielte Geld dem Enkel des kranken T-Model Ford. "You keep the Money" wurde zum Opener für das folgende Album, auf dem Tas Cru alle Register des modernen Rhythm & Blues zieht. So rockt er erbarmungslos zu heftigen E-Gitarrenriffs los, lässt eine mehr als schräge Orgel heulen und heult auch schon mal selbst eine sentimentale Ballade ins Mikrofon. Abwechslungsreich zeigt er sich, wenn er vom rockigen Blues zum Funkysound wechselt, wie in "Heart Trouble". Kurz danach brilliert er mit dem wunderbar gefühlvollem Gospelblues "A little more time". "La Belle Poutine" ist ein romantisch wirkendes Instrumentalstück, das mit jazzigen Elementen eines Orgelsolos verfeinert wird. Beendet wird das Album mit dem musikalisch vielschichtigen Roadsong "Thinking How to Tell me Goodbye". Ein gelungener Abschluss eines Albums, das nicht nur den Bluesspezialisten ans Herz wachsen dürfte.
© Karsten Rube


Tristan Le Govic & Lise Enochsson "Elva"
Eigenverlag, 2014

www.tristanlegovic.eu

Ein Länder und Meere übergreifendes Project stellt sich mit der CD "Elva" vor. Der bretonische Cetic Harp Spezialist Tristan Le Govic und die schwedische Sängerin Lise Enochsson fanden sich zusammen und nahmen für dieses Album elf (Elva auf Schwedisch) Titel auf, die an so unterschiedlichen Plätzen beheimatet sind wie Schweden, Schottland, Norwegen oder in der Bretagne. Manch gaelisches Lied transportierte man dabei in die schwedische Sprache. Die helle Stimme Lisa Enochsson spiegelt das elfenhafte der nordischen Musik ebenso wieder, wie die Harfe die Mystik der keltischen Musik repräsentiert. Doch lassen sie sich nicht allein auf die verträumte Welt der verwunschenen Wälder ein, sondern gehen mit beschwingten Rhythmen zur Sache, die durch den stimmigen Einsatz von Drums, Bombarde und Bass erzeugt werden. Ein gelungenes weitgespanntes und musikalisch geschickt gesponnenes Konzept.
© Karsten Rube


Various Artists "The Falkirk Musik Pot"
Greentrax Recordings, 2015

Der Falkirk Pot ist ein Eisentopf, der auf drei Beinen steht, in dem man allerhand Kochen kann und der im frühen 19. Jahrhundert in Falkirk, einer kleinen, aber nicht unbedeutenden schottischen Gemeinde nahe Edinbourg hergestellt und von dort exportiert wurde. Der Topf gelangte irgendwie auch nach Afrika. Brian McNeill fand diese Gemeinsamkeit zwischen Schottland und Afrika auf einer Reise nach Malawi recht beeindruckend. So kam bei dem Musiker eins zum anderen. Er rief das Projekt "The Falkirk Music Pot" ins Leben, eines von drei Projekten des Falkirk Community Trusts. Dieses musikalische Projekt liegt nun als Doppel-CD vor. Darauf finden sich zahlreiche Lieder Brian McNeils mit schottischen Musikern und dem Mädchenchor einer malawischen Partnerschule. Sehr harmonisch fügen sich die warmen afrikanischen Mädchenstimmen in die sturmgewöhnte Musik Schottlands ein, besänftigen die wilden Pipes und tanzen mit den Fiddletunes der Highlands. "The Falkirk Music Pot" kocht auf sanfter Flamme mit den Zutaten zweier unterschiedlicher Kulturen eine angenehm schmackhafte musikalische Suppe.
© Karsten Rube


Short Trail Snails "Dunkle Wolken"
Eigenverlag, 2014

English CD Review

www.la-lauzeta.de

Die höfische Musik des Mittelalters beschränkt sich nicht auf die Minne. Fahrende Sänger hatten vielmehr die Funktion, die heute Internetforen wahrnehmen: Information und Beratung aus zweiter und dritter Hand verbreiten, Nachrichten und Gerüchte, Wahrheit und Dichtung vermengen. Kurz: Das Lied im Mittelalter war eine Kommunikationsform. Short Trail Snails hat sich dem mittelalterlichen Lied verschrieben, singen über Tod, Liebe und Sehnsucht. Die Band, die sich seit neuestem Lauzeta (okzitanisch für Vogel) nennt, beherrschen die Kunst der neuen Minne. Sie interpretieren das traditionelle Liedgut des mittelalterlichen Europa gekonnt mit modernen musikalischen Mitteln. Sie singen in verschiedenen Sprachen, wie Okzitanisch und Althochdeutsch, weben musikalische Klangteppiche vom Mittelmeer, über Deutschland bis in den Orient. "Dunkle Wolken" ist Alte Musik ohne ein Körnchen Staub. Beste mittelalterliche Weltmusik.
© Karsten Rube


El Naán "Código de Barros"
ARC Music, 2014

www.laisladelnaan.com

Das englische Weltmusik-Label ARC hat mit der kastillischen Gruppe El Naán ein Projekt aufgelegt, das sich der musikalischen Entwicklung auf der Iberischen Halbinsel beschäftigt. El Naán präsentieren mit der CD "Código de Barros" einen umfassenden Blick auf die kulturelle Vergangenheit Spaniens. Es finden sich ebenso keltische Wurzeln, wie arabische Einflüsse und die Musiker bringen zudem das jüdisch-sephardische Erbe in die Musik ein. Ebenso ist der starke Einfluss zu hören, den Spanien auf Lateinamerika hat und der wiederum in großen Wellen zurückschwappte. Das alles transformieren sie gekonnt in die Moderne, so dass die CD ein kurzweiliges Weltmusikalbum geworden ist, auf dem nicht geschichtsträchtig analysiert, sondern aus dem Erbe geschöpft und lebendig musiziert wird.
© Karsten Rube


La Banda Morisca "La Banda Morisca"
Eigenverlag, 2012

www.labandamorisca.org

La Banda Morisca ist eine Folkoreformation aus dem Süden Spaniens. Dort in Andalusien sind die Einflüsse der Mauren, die Jahrhunderte die Iberische Halbinsel kulturell prägten, noch deutlich zu spüren. Das musikalische Vermächtnis der arabischen Besatzer ist in Andalusien stets präsent gewesen und bestimmt heute einen Teil der kulturellen Identität der Region. La Banda Morisca haben auf ihrem vorliegenden Album diese Identität musikalisch umgesetzt und spielen Lieder, die sich zwischen Okzident und Orient bewegen. Flamenco ist also genauso zu hören, wie die Musik des Magreb. Die Musiker, die zum Teil bereits in der bekannten Band Radio Tarifa ihr zu Hause hatten, sind Meister dieser kulturübergreifenden Verbindung aus Traditionspflege und Gegenwartsbezogenheit und zeigen die Kultur Andalusiens mit ihren durch die Geschichte geformten Charakter. Es ist eine sehr authentisch wirkende Musik, die sicher nicht für den Pauschaltouristen in Marbella aufgenommen wurde.
© Karsten Rube


MozuluArt "Township Serenade"
Univeral Music, 2014

www.mozuluart.at

Drei afrikanische Stimmen aus der Tradition der Zulu und Mbubu fanden sich vor einigen Jahren in Österreich wieder. Hier traf ihre Kultur der Sonne auf die des Schnees auf den Bergen. Hier trafen sie auf einen gewissen Herrn Mozart. Bei solch scheinbar gegensätzlichen musikalischen Polen eine Gemeinsamkeit zu finden, war eine Herausforderdung, die sicher nicht jeder Musiker auf sich genommen hätte. Im österreichischen Pianisten Roland Guggenbichler fanden sie einen Partner, der sich bestens in Klassik, Jazz, Folklore und Weltmusik auskennt, hat er doch bereits mit Hans Söllner, Erika Pluhar und Kurt Ostbahn gearbeitet. Die Formation, die aus dieser Kombination entstand nennt sich MoZuluArt. Aber nicht nur auf den Kompositionen Mozarts setzen die Sänger ihre wunderbaren afrikanischen Stimmen, sie lassen auch Haydns und Bachs Klassik zur Weltmusik werden, bringen afrikanische Leichtigkeit in die durchkomponierte Ordnung der Altmeister. Die CD "Township Serenade" dieses ungewöhnlichen, wie perfekt harmonierenden musikalischen Projekts gibt einen guten Eindruck der Arbeit des Ensembles wieder und beweist, dass auch Klassik und Folklore irgendwo gemeinsame Wurzeln haben.
© Karsten Rube


Souad Massi "El Mutakallimûm"
Wrasse Records, 2015

Souad Massis erstes Album seit fünf Jahren taucht auf moderne Weise in den Kosmos der maurischen Besatzung Andalusiens ein. Ansatz dieses popbetonten Weltmusikalbums ist das Córdoba im 9. Jahrhundert. Córdoba war zu diesem Zeitpunkt die vielleicht modernste Stadt Europas. Zumindest jedoch die Größte. In Córdoba lebten viele Religionen und Kulturen verhältnismäßig friedlich miteinander. Man lernte voneinander. Die Poesie galt als eines der höchsten Künste. Die algerische Sängerin suchte in den Archiven und Bibliotheken nach poetischen Schätzen aus dieser Zeit und vertonte einiger dieser Weisen so kulturübergreifend, wie es wohl in der Zeit vor knapp tausend Jahren gemeint war - tolerant und respektvoll. Die arabische Poesie ist auch heute noch eine sehr blumige. Die algerische Sängerin greift auch auf die Werke heutiger Dichter zurück. Was beim ersten Hörgang anfangs nach einem simplen Popalbum in arabischer Sprache aussieht, entpuppt sich bei genauerem Zuhören als ein feinsinniges und weltoffenes musikalisches Engagement für ein tolerantes Miteinander. Stimmen aus dem arabischen Frühling mischen sich unter eine rockige Vertonung eines Gedichtes des im Exil lebenden Irakers Ahmed Matar. Souad Massi agiert mit arabischem Reggae - eine Musikform, die es eigentlich noch nicht gibt, sie macht aus einem Gedicht aus dem sechsten Jahrhundert einen wunderbar verliebten Schlager und wechselt schnell mal zu einer bossaorientierten Ballade, die textlich eine arabische Version des Romeo und Julia Themas aufgreift. Man sollte sich nicht täuschen lassen, von den insgesamt sehr westlich klingenden Harmonien des aktuellen Souad Massi Albums. Sie ist ein Popstar in Algerien und in Frankreich. Der Versuch, die auch heute immer wieder mit großem Unverständnis aufeinandertreffenden Kulturen des Okzidents und des Orients, in versöhnlicher Weise harmonisch miteinander agieren zu lassen, gelingt Souad Massi mit dem Album "El Mutakalimûm" vorzüglich. Die Melange aus Jazz, Flamenco, Reggae, Pop und orientalischem Rhythm & Besq ist höchst ansteckend. Für mich bisher Souad Massis gelungenstes Album.
© Karsten Rube


Zoobazar "Dos"
Zoomusic, 2014

Artist Video

www.zoobazar.es

Vor einigen Jahren las ich das Reisebuch "An den Gestaden des Mittelmeeres". Der Autor Paul Theroux begann damals in Gibraltar eine Reise rund um das Mittelmeer und endete schließlich auf der anderen Seite der Straße von Gibraltar. Die Kulturen die er beschrieb waren vielfältig, die menschlichen Verhaltensform ähnelten sich allerdings. Ich habe mir damals vorgestellt, wie diese Reise wohl klingen würde, wenn man sie anhand der regionalen Musiken nachstellen würde. Die spanische Band Zoobazar tut das mit ihrem zweiten Album "Dos" zwar nicht auf die selbe kontinuierliche Reiseweise, wie der Autor, doch die Inkredenzien ihrer Musik sind zum größten Teil an den Küsten des Mittelmeers zusammengetragen. Allein die Instrumente, die die Band benutzt bilden eine musikalische Landkarte. Arabische Laute, türkische Saz, griechische Bouzuki, Geige und Flamencogitarre sind zu hören. Die Arrangements klingen ebenso vielfältig, denn die Musik der Berber Nordafrikas mischt Zoobazar gekonnt mit Balkanbeats, andalusischen Klängen, musikalischen Anleihen vom östlichen Mittelmeer und immer wieder Jazz, Funk und Rock. Damit gelingt der Band eine ebenso umfassende Reise um das Mittelmeer, so dass man die Musik ohne Probleme als musikalische Untermalung zu der Lektüre von Paul Theroux' Reise von einer zur anderen Säule des Herakles betrachten kann.
© Karsten Rube


Low Society "You can't keep a good woman down"
Icehouse Records, 2014

www.screaminblues.com

Blues ist schon länger keine Männerdomäne mehr. Low Society sind ein weiterer Beweis dafür. Die CD "You can't keep a good woman down" ist ein außergewöhnlich kraftvolles Bluesalbum. Frontfrau Mandy Lemon singt mit einer Energie, die man selten hört. Sie verlässt mit ihrer Mischung aus Texas- und Delta-Blues und Memphis Soul, der auch eine gepfefferte Ladung Gospel untergerührt wurde, alle ausgetretenen Pfade des Blues. Auf der CD wird ordentlich gerockt, geschrien und die Gitarrensaiten gefetzt. Für Bluesfreunde ist dieses Album eine wahre Ohrenweide.
© Karsten Rube



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