FolkWorld #48 07/2012
© Daniel Bax / amnesty international

Nicht allzu ernst

Die Folk-Rock-Band Zdob şi Zdub aus Moldawien ist vor allem in Osteuropa beliebt. Nun wagt sie sich mit ihrem neuen Album "Basta Mafia!" in den Westen vor.

Zdob şi Zdub

Zdob şi Zdub @ FolkWorld: FW#36

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www.zdob-si-zdub.com

Zwei Mal sind sie schon beim Eurovision Song Contest aufgetreten. "Für mich war das sehr lustig", sagt Roman Iagupow, der Sänger von Zdob şi Zdub. "Man darf das nicht allzu zu ernst nehmen." Das erste Mal, 2005 in Kiew, ließen sie beim Folk-Punk-Song "Bunica Bate Toba" ("Oma schlägt die Trommel") ein altes Mütterchen für sich auf die Pauke hauen. Das zweite Mal entfesselte die Band mit krachenden Rock-Gitarren und Trompeten sowie mit spitzen Fellmützen, die sie wie riesige "Fang den Hut"-Spielfiguren aussehen ließen, in Düsseldorf 2010 ein kubistisches Inferno.

Zdob şi Zdub

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Toast to Freedom

Toast to Freedom. Zum Eurovision Song Contest in Aserbaidschan hat auch ai einen Song für Baku: Die Hymne ist die Auffor- derung, Menschenrechte im eigenen Land zu achten ...

www.toasttofreedom.org

Zdob şi Zdub stammen aus Moldawien, einem der ärmsten Länder Europas. "Unser Land ist wie ein Kind ohne Hosen", sagt Roman Iagupow. "Aber es ist reich an Kultur: die Musik, die Traditionen, die Menschen." Moldawien war schon immer eine Grenzregion, von Römern und Byzantinern beeinflusst und später als Pufferzone von Osmanen und Russen beansprucht. Seit 1991 ist Moldawien ein eigener Staat, der zwischen Rumänien und der Ukraine eingebettet liegt.

Mit ihrem wilden Stilmix sind Zdob şi Zdub vor allem in Osteuropa populär, in der Ukraine, Rumänien und Russland. Mit "Basta Mafia!" wagt die Band nun einen Schritt in den Westen. Das Album ist in Berlin entstanden und auf einem deutschen Label erschienen, die meisten Texte sind auf Englisch. Es sei ein Abenteuer und ein Kindheitstraum von ihm, sagt Roman Iagupow, in der Sprache der Beatles und der Rolling Stones zu singen.

Der Titelsong handelt davon, wie Osteuropa nach dem Fall der Mauer durch den brachialen Einbruch des Kapitalismus auf den Kopf gestellt wurde. Zu einer rockigen Wildwest-Melodie gesellen sich osteuropäische Bläser. Sänger und Mastermind Roman Iagupow betont aber, dass der Song sehr aufmunternd sei. Und er bestreitet, dass er auf eine spezifisch moldawische Realität anspiele. "Der Song spiegelt eine weltweite Problematik - man denke nur an die Demonstrationen an der Wall Street", sagt er: "Es geht um das beschissene Geld."

In den frühen neunziger Jahren formierten sich Zdob şi Zdub zunächst als Rockband, die westlichen Vorbildern wie den Red Hot Chili Peppers oder Faith No More nacheiferten. Bald begannen sie aber, aus lokalen Traditionen zu schöpfen und Hirtenflöten, Dudelsack und andere Folklore-Instrumente zu integrieren. Und gern ziehen sie sich Trachtenjacken an, um mit örtlichen Roma-Musikern zu jammen. Trotz allem Augenzwinkern nehmen sie ihre Sache sehr ernst: Als Teil eines oberflächlichen "Balkan"-Trends sehen sie sich nicht.

Was er davon hält, dass der nächste Eurovision Song Contest in Aserbaidschan stattfindet - in einem Land, das nicht gerade eine lupenreine Demokratie ist? Darauf antwortet Roman Iagupow mit einer Gegenfrage: "Halten Sie die USA für ein Vorbild in Sachen Demokratie?" Und dann meint er: "Wir haben auch schon Konzerte in Baku gegeben. Da gibt es auch Leute, die Rockmusik lieben - und es ist eine Möglichkeit für sie, etwas Neues zu sehen und sich frei zu fühlen. Daran ist nichts verkehrt."


Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (www.amnesty.de) entnommen: amnesty journal April 2012.



Photo Credits: (1)-(2) Zdob şi Zdub, (3) Toast to Freedom (unknown).


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