FolkWorld-Artikel von Walkin' T:-)M:


Ein Fall für zwei ...
Peter Kerlin & Jens Kommnick

Die musikalische Karriere des Goslarer Singer-Songwriters Peter Kerlin hat vom einstigen Folk-Duo "Taters & Pie" zur aktuellen Zusammenarbeit mit dem Hansdampf in allen Gassen Jens Kommnick geführt. T:-)M sprach mit Peter und Jens über ihre Kooperation und die deutsche Irish-Folk-Szene.

Wie ist es zu eurer Zusammenarbeit gekommen?

Peter Kerlin: Thomas Amthor - mein ehemaliger Partner bei Taters & Pie - hat Jens als ideale musikalische Ergänzung für unsere damals anstehende 3. CD-Produktion vorgeschlagen. Das mündete 1993 in die erste gemeinsame musikalische Zusammenarbeit.

Jens Kommnick: Ich traf Peter bei einem Konzert (ich war Zuschauer), Peter Kerlin & Jens Kommnick in Münster 2004 später stieß ich auf Thomas in einer Session, der mich daraufhin zu anstehenden CD-Aufnahmen mit Taters & Pie nach England einlud. Unmittelbar vor den Aufnahmen probten wir intensiv und ich lernte dann Peter besser kennen. Nachdem sich Thomas von Peter musikalisch trennte - wir spielten teilweise auch als Trio -, arbeitete ich weiter mit Peter zusammen und unser gemeinsames Duo-Projekt entstand.

Gibt es irgendein bestimmtes Vorbild, an dem ihr euch orientiert habt?

Jens: Als ich anfing, ernsthaft akustische Musik zu spielen - ich war 11 Jahre alt -, waren das Reinhard Mey [-> FW#25, FW#27], Hannes Wader [-> FW#20], Werner Lämmerhirt und Leo Kottke. Heutzutage gibt es viele Leute und Musiker, die ich mag, die aber in dem Sinne kein Vorbild mehr sind, dem ich nacheifern müsste.

Peter: Planxty [-> FW#30], speziell Andy Irvine [-> FW#23], Dick Gaughan [-> FW#25] u.v.m. Ich bin im Januar bei einem der Planxty-Reunion-Konzerte in London gewesen. Es war ein unvergessliches Erlebnis und hat meine hohen musikalischen Erwartungen voll erfüllt. Aber ich lasse mich von vielen Musikern inspirieren.

Ihr habt euren musikalischen Schwerpunkt in traditioneller irischer Musik gefunden. In diesem Zusammenhang taucht ja immer wieder die Frage auf: Darf man das?

Peter: Also: Das, was wir spielen, ist keinesfalls traditionelle irische Musik. Wie viele andere Musikrichtungen sind Einflüsse davon bei uns Peter Kerlin nicht zu leugnen, aber wir legen Wert darauf, unseren ganz eigenen Stil entwickelt zu haben. Zum zweiten Teil der Frage: Natürlich darf man das, wer sollte einem das verbieten? Es sind übrigens immer Deutsche, die damit Probleme haben; die Iren selbst sehen das sehr viel lockerer und sind ausländischen Musikern gegenüber, die "ihre" Musik spielen, sehr aufgeschlossen. Und sie erkennen neidlos musikalische Qualität an, ganz egal, woher man kommt.

Jens: Gegenfrage: Muss man eine schwarze Hautfarbe haben, um Blues spielen zu dürfen?

Oder beschnitten sein, um Klezmermusik zu machen ... Aber häufig findet man sich zwischen ungeheurer Popularität beim Publikum und teils vehementer Ablehnung bei der Kritikerzunft. Beim Festival in Rudolstadt z.B. werden die Deutsch-Iren ins Straßenmusik-Programm abgeschoben und anschließend im Folker! abgewatscht.

Jens: Ich sehe weder eine ungeheure Popularität bei mir noch vehemente Ablehnung der Kritiker. In der Regel fallen die Zeitungskritiken und Rezensionen positiv aus, worüber ich glücklich bin. Die neue CD meiner Band Iontach [-> FW#30] wurde für die Folker!-CD des Jahres 2004 nominiert und die Kritiker waren froh, in dem Zusammenhang ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es ein veraltetes Vorurteil sei, Deutsche könnten keine authentische irische Musik spielen. Ich betrachte es als Geschenk, dass ich Musik machen darf, die manchmal auch andere Menschen berührt.

Peter: Seit der Zusammenarbeit mit Jens habe ich wirklich keine negative Kritik mehr über uns gelesen, sowohl was unsere CDs anbelangt als auch unsere Konzerte. Das mag zwar überheblich klingen, ist aber wahr. Es war mit Taters & Pie ein echtes Problem, denn die Fraktion derjenigen Kritiker und Journalisten, die grundsätzlich alles, was aus deutschen Landen kam und halbwegs irisch klang, ignorierte bzw. von vornherein für schlecht befand, war noch sehr stark. Gott sei Dank hat sich das ziemlich geändert, aber die Qualität sogenannter "deutscher Iren" hat auch merklich zugenommen.

Die deutsch-irische Folk-Szene hat sich also ziemlich gewandelt, seitdem ihr dabei seid?

Peter: Qualitativ und auch in der Breite besser; natürlich gibt es auch heute noch sehr viel "Schrott" in diesem Bereich. Die Akzeptanz in den Jens Kommnick Print-Fachmedien ist größer, im Rundfunk und Fernsehen läuft fast gar nichts mehr. Meiner Meinung nach ist die Zahl von Auftrittsmöglichkeiten eher gesunken, was angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation nicht sehr verwunderlich ist. Viele Musiker spielen in mehreren Projekten mit, um sich finanziell über Wasser zu halten.

Jens: Ich glaube, dass sich die deutsch-irische Folkszene in den letzten 15 Jahren zum Positiven entwickelt hat. Junge Musikerinnen und Musiker, die damals erst 10 Jahre alt waren, bereichern die heutige Szene ungemein. Außerdem meine ich, dass es noch nie so viele auf hohem Niveau spielende Bands gegeben hat wie zur Zeit: Cara [-> FW#29], Steampacket [-> FW#29], Friel's Kitchen [-> FW#23], um nur einige zu nennen. Die Liste läßt sich sicher fortsetzen.

Und was liegt in naher Zukunft so bei euch persönlich an?

Jens: Meine derzeitigen musikalischen Projekte sind Iontach und Friel's Kitchen sowie Auftritte mit Siobhán Kennedy, Gerry O'Connor [-> FW#30] und Brendan Power. Im Herbst bin ich mit Iontach auf Deutschland-Schweiz-Frankreich-Tournee und im Jahr 2006 werde ich wohl mit Brendan Power auf Tour sein; zwischendurch immer wieder Konzerte mit den o.a. Projekten und Unterricht auf musikalischen Workshops in ganz Deutschland.

Peter: Ich freue (und beschränke) mich auf meine zukünftige Zusammenarbeit mit Jens und pflege auch weiterhin mein Soloprogramm. Nächstes Ziel: Die Aufnahmen zu unserer neuen CD, die Mitte März beginnen. Offizielles CD-Release-Konzert wird am 26. November 2005 im Kulturkraftwerk in Goslar sein.


Homepage: www.peterkerlin.de, www.jenskommnick.de

Diskographie:
Kerlin/Kommnick "A New Day Dawning" (1998)
Fiedler/Kennedy/Kommnick "Stories & Session" (2000)
Kerlin/Kommnick "Hear the Wind Howl" (2002)
Friel's Kitchen "A Place of Clear Water" (2002)
Iontach "The Half Gate" (2004)

Kerlin/Kommnick live: "Vom Brocken nach Rio de Westphalia" (2004)


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 11/2005

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