Ausgabe 29 9/2004

Irish Folk und mehr - 1. Halbjahr 2004

Die FolkWorld Kolumne für Liebhaber irischer Musik - zusammengestellt von Axel Schuldes

Danu in Tonder 2004, photo by The MollisWenn ich die Zeiger der Uhr jetzt um acht Monate zurückdrehen würde, um darüber zu sinnieren, was denn für mich die drei herausragenden Folk-Platten des Jahres 2003 waren, so wären's diese:

Gemeinsam ist diesen CDs, dass die überragende Qualität aller drei Einspielungen vorrangig von den involvierten großen Frauenstimmen getragen wird - sozusagen "The Finest in Female Vocal Folk"! Da scheint sich ein erfreulicher Trend zu etablieren. Denn wie ein Blick auf unsere CD-Liste offenbart, gab es auch im laufenden Jahr schon etliche nennenswerte Veröffentlichungen in dieser attraktiven Sparte.

Eine jener außergewöhnlichen Stimmen, die den Hörer sofort in ihren Bann ziehen, besitzt Susan McKeown. Für das vorletzte originale Irish Folk Festival - das von 1998 - konnte Carsten Linde die gebürtige Dublinerin aus New York gewinnen und dem deutschen Publikum die Ausnahmesängerin mit der saalfüllenden Stimme vorstellen. Seit diesen Tagen hat Susan McKeown auch bei uns eine große Fangemeinde. Susan McKeownDie wird's freuen, dass mit Sweet Liberty nun ihr zehntes - und wohl bestes - Album erschienen ist: Eine wundervolle Sammlung traditioneller Songs, allesamt in einfallsreichen Arrangements, die auch immer wieder für die eine oder andere Überraschung gut sind. Toll!

"Only a Woman's Heart" ist sicher der mit Abstand berühmteste Song aus der Feder von Eleanor McEvoy. Nach diesem Riesenerfolg von 1992 (im Duett mit Mary Black) hat die Sängerin jedoch noch viele weitere großartige Lieder verfasst. Das belegt auch ihr Album # 5 wieder, Early Hours, mit hochkarätigen Eigenkompositionen wie "The D.J.", "Ave Maria", "Make Mine a Small One" und "Slipping Away". Hervorragend aber auch ihre Voverversionen von "Memphis Tennessee" (Chuck Berry) und die Sandy Denny-Hommage "Where Did My Life Go?" (Bert Jansch). Die CD endet mit "Anach Cuain", einem wunderbaren traditionellen Lied, das Eleanor McEvoy von Maire Breatnach gelernt hat. Die CD ist zudem ein Fest für audiophil gestimmte Folk-Freunde. Das SACD-Format erfordert zwar für den vollen Genuss den entsprechenden Player, aber da es sich um eine Hybrid-CD handelt, bleiben auch Leute mit einem herkömmlichen CD-Player nicht draußen vor. Alles in allem eine sehr sympathische Folkrockpop-Einspielung mit starken Songs, klasse interpretiert und wunderschön arrangiert.

Deirdre Starr ist eine irischstämmige Sängerin aus Neuseeland, deren aktuelle CD Quiet Land of Erin von Jan Reichow in seiner WDR-Sendung "Hörproben" so vorgestellt wurde: "Die Stimme, die Sie jetzt hören, der wunderbare Registerwechsel, der Atem, die verlangsamte Zeit, die er ausfüllt, all dies gehört zu einer Frau, über deren Horizont und deren Lebenserfahrung man unwillkürlich nachzudenken beginnt. Die CD ist von Anfang bis Ende sanft und schön; man kann sie in einer sommerlichen Mondnacht auflegen, sich auf den Balkon setzen und muss nicht ein einziges Mal aufstehen, um leiser zu stellen. Nachbarn werden hellhörig und fragen, woher diese betörenden Sirenentöne kommen. Die Stimmung wird Sie nicht mehr loslassen." Wer kann Musik so in Worte wandeln wie Jan Reichow? Ich (leider) nicht. Ich belasse es dabei, mich mit Respekt seinen Sätzen anzuschließen.

Mit einer kleinen, aber sehr, sehr feinen Band meldet sich Geraldine MacGowan nach fünf Jahren Plattenpause zurück. Somewhere Along the Road ist ihr viertes Soloalbum in zehn Jahren. Dass sie sich von der teutonischen Szene gelöst hat und wieder nach Irland gegangen ist, scheint ihr gut getan zu haben - die Sängerin wirkt viel entspannter und souveräner als zuvor. Zudem hat sich ihr mit Éamonn De Barra ein musikalischer Überflieger angeschlossen, der nicht unerheblichen Anteil daran haben dürfte, dass die neue CD die drei Vorgänger doch ziemlich in den Schatten stellt. Muireann Nic Amhlaoibh & Eddi Reader in Tonder 2004, photo by The MollisWas das Repertoire anbelangt, so setzt sie auf Songs von Bruce Cockburn, Richard Thompson, Kieran Halpin und anderen Zeitgenossen. Ein höchst gelungenes Comeback, alle Achtung.

Bohola - das Instrumentaltrio aus Chicago um den legendären Akkordeonvirtuosen Jimmy Keane - hat sich entscheidend verstärkt. Die Sängerin Kat Eggleston macht die Formation zum Quartett, so dass es dann doch nicht einer gewissen Logik entbehrt, ihre zweite CD 4 zu taufen. Bohola spielt weitestgehend Traditional Folk ohne Schnickschnack. Bei der brillanten Cover-Version von Richard Thompsons "How Will I Ever Be Simple Again" aber ausnahmsweise nicht. Die singt Kat Eggleston schön verinnerlicht, Und einen Song wie "There Was a Lady" möchte man immer wieder hören. Kat Eggleston ist eine echte Entdeckung, von der man gern noch viel mehr hören möchte. So wie auch von Muireann Nic Amhlaoibh, der Sängerin von Danú. Die ist auf Up in the Air leider nur mit zwei Songs vertreten, aber fairerweise trägt die CD auch den präzisierenden Untertitel "Irish Traditional Music Solos Played by the Members of Danú". Immerhin 18 Stücke werden hier geboten, aber halt nicht im bewunderten Ensemble-Sound. Trotzdem: Für Folk-Freaks natürlich eine Top-Delikatesse.

Wenn man sich seit fast vierzig Jahren mit irischer Musik beschäftigt hat, dann ist so eine Planxty-Reunion schon eine etwas ernüchternde Affäre. Da machen die Herren mal eine kleine Pause von gut 20 Jahren, hocken sich dann völlig entspannt wieder zusammen und spielen locker, locker so ziemlich alles an die Wand, wovon man in der Zwischenzeit eingeredet hat, das sei Irish Folk vom Feinsten. Pustekuchen - hier kommen die Meister! Der Mitschnitt Live 2004 (als CD und als DVD erhältlich) ist ein Dokument einsamer Klasse. Wie viele von all jenen CDs, die ich mir in den letzten 20 Jahren zugelegt habe, hätte ich mir vielleicht doch nicht unbedingt ins Regal sortieren müssen? Christy Moore of Planxty, photo by The MollisDie Meßlatte wird jetzt von den Herren Lunny, Irvine, O'Flynn und Moore (wieder) ganz nach oben gelegt, die Maßstäbe müssen hinterfragt werden. PS: Auf der CD lauert ein "hidden track": "Sean O Duibhir".

Noch ein Konzertmitschnitt, noch ein echter Hammer: Live from the Powerhouse von Mozaik, der "ultimate global string band". Ins Leben gerufen wurde die Formation von Andy Irvine, mit beherzter Unterstützung durch seinen jahrzehntelangen Weggefährten Dónal Lunny. Womit der Motor dieses Ensembles 50% der Planxty-Besetzung entspricht. Was sagt uns das? Mit dieser Feststellung soll aber keinesfalls der Rest dieser phantastischen All-Star-Band in den Schatten geschoben werden: Der ungarische Multi-Instrumentalist Nikola Parov (Riverdance), der Amerikaner Bruce Molsky und der Holländer Rens van der Zalm, allesamt geniale Virtuosen. Das Repertoire besteht aus irischer traditioneller Musik, Old-Tyme American Music, Balkan-Melodien, traditionellen Liedern und Andy Irvines Kompositionen. Muss man haben!

Apropos Andy Irvine: Dessen allererste Gruppe waren ja die legendären Sweeney's Men. Und so ist der Titel The Legend of Sweeney's Men auf keinen Fall zu hoch gegriffen im Fall einer neuen Doppel-CD, die den Output der Band so umfassend dokumentiert wie nie zuvor eine LP- oder CD-Veröffentlichung. Sie enthält nicht nur komplett die beiden LPs der Jahre 1968 (die mit Andy Irvine) und 1969, sondern auch die A- und B-Seiten der zwei Singles, die den LPs vorangegangen waren. Hinzu kommen 13 weitere Tracks, die mehr oder weniger mit Sweeney's Men in Zusammenhang stehen. Den harten Kern der Gruppe bildeten durchgängig die Exzentriker Johnny Moynihan und Terry Woods (Pogues), die sich so gar nicht leiden konnten, aber trotzdem (oder gerade deshalb?) gemeinsam so spannende innovative Musik hervorbrachten. Nach dem Fortgang von Andy Irvine stieß Moynihans Kumpel Henry McCullough zu der Gruppe, der zuvor als E-Gitarrist seiner Band Eire Apparent für Furore gesorgt hatte. Am 22. November 1969 gaben Sweeney's Men ihr letztes Konzert, zwei Wochen bevor The Tracks of Sweeney, ihre zweite LP, auf den Markt kam. Später unternahm Ashley Hutchings, "god father of British folk rock", nach seinem Fortgang von Fairport Convention noch einen Versuch, die originalen Sweeney's Men wieder aufleben zu lassen. Andy Irvine hätte mitgemischt, aber Johnny Moynihan stellte im allerletzten Moment fest, dass er es nicht eine einzige Sekunde mehr zusammen mit Woods aushalten könnte. Hutchings bekam beinahe einen Nervenzusammenbruch, aber auch Woods und dessen Frau Gay als neue Partner. Und das war der Beginn einer hübschen kleinen Band namens Steeleye Span. Die exzellenten Liner Notes stammen von Colin Harper. Im Oktober erscheint ein Buch von ihm mit dem Titel Irish Folk, Trad & Blues: A Secret History. Ich bin mir völlig sicher, dass es sich dabei um Pflichtlektüre handeln wird.

Apropos "god father of British folk rock": Der Name Ashley Hutchings ist ja quasi Synonym für die von ihm 1971 gegründete Albion Country Band, die ihren Namen Ende der 70er Jahre auf Albion Band verkürzte und zwischendurch auch mal Albion Dance Band hieß. Dahinter verbarg sich aber weniger eine echte Band, sondern vielmehr ein niemals endendes Projekt von Hutchings. Zu den Mitgliedern zählten phasenweise so illustre Namen wie Shirley Collins, Steve Ashley, Simon Nicol, Dave Mattacks, Richard Thompson, Martin Carthy, John Kirkpatrick, Martin Simpson, Bill Caddick, Cathy Lesurf, John Tams. Es ist schon beeindruckend, wie frisch und tragfähig Hutchings' Konzept die Jahrzehnte überstanden hat: Der wohlkonzertierte Einsatz von akustischen und elektrifizierten Instrumenten, um einen Folk Rock-Sound zu schaffen, der dem von Fairport Convention nicht ganz unähnlich ist - aber meist irgendwie "typischer englisch". Die Jahre von 1994 bis 1999 für das HTD-Label werden nun auf einer Doppel-CD mit dem Titel Albion Sunrise dokumentiert. Die 32 Tracks ergeben eine prima Anthologie, eine mit Sachverstand und Geschmack zusammengestellte "Best of"-Auswahl. Zudem widerlegt sie überzeugend alle Zweifel, ob man die Band nach den glorreichen Tagen der 70er jemals hat abschreiben müssen. In der Tat litten die meisten Alben der HTD-Phase darunter, dass sie oft neben einigen guten Stücken auch immer (zu) viele "Filler" aufwiesen (Albion Heart von 1995 vielleicht mal ausgenommen). Aber eben das ist ja das Nützliche an dieser Doppel-CD: Von diesen schwächeren Stücken taucht hier nicht ein einziges auf! Ein Trend, der sich an den Aufnahmen von Mitte der 90er ablesen lässt, ist der, dass auch Hutchings sich dem "unplugged"-Phänomen nicht ganz entziehen mochte, so dass zeitweise die Charakteristik der Band durch den vorrangigen Einsatz von akustischen Instrumenten hörbar verändert wurde. Etliche der Aufnahmen mit Julie Matthews, Simon Nicol und Chris While wären mit dem Etikett "English Singer/Songwriter" sicher zutreffender bedacht als mit der Bezeichnung "Folk Rock" - was durchaus als Kompliment zu verstehen ist! Auch in der zweiten Hälfte der 90er wies die Albion Band die bekannten Parallelen zu Waterloo Station auf, ein kaum noch nachvollziehbares Kommen und Gehen war weiterhin typisch für das Image der "Band". Matthews, Nicol und While entschwanden wieder, die Klinke in die Hand gaben sich Chris Leslie, Joe Broughton, Kellie While, Ken Nicol und Gillie Nicholls.

GradaNun ist es natürlich keineswegs so, dass in diesen Tagen keine vielversprechenden Bands mehr auf den Plan treten würden. Eine davon ist Gráda, die derzeit in Dublin absolut angesagt sind und mit ihrem facettenreichen Folk'n'Trad-Sound vor allem auch sehr junge Leute begeistern. Einflüsse aus irischer, bretonischer und osteuropäischer Musik verschmelzen sie zu innovativer Roots Music, die sie virtuos instrumentieren. Und mit Anne Marie O'Malley haben sie eine Leadvokalistin, deren eleganter, zeitlos schöner Gesang ein weiterer großer Pluspunkt ist. Ihr Produzent und Toning, der Lúnasa-Bassist Trevor Hutchinson, hat dafür gesorgt, dass auf The Landing Step alle Qualitäten der Band brillant ausbalanciert sind und ihre erfrischend modernen Klangvisionen auch auf CD in bestem Licht erstrahlen. Gráda hat das Kunststück vollbracht, sich gegenüber Endeavour (2002) tatsächlich nochmals zu steigern - klasse!

Wenn es neben Sharon Shannon jemand versteht, mit seinem Akkordeonspiel ein breites Publikum zu Begeisterungstürmen hinzureißen, dann ist's young David Munnelly. Er und seine Band haben es einfach drauf. Ob lyrisch oder lebhaft-druckvoll, ob mit Saxophon oder Drums, ob ohne oder mit Gesang (Helen Flaherty), immer trifft Munnellys Sound den Nerv. Bei den Aufnahmen zur CD By Heck hatten sich unter anderem Saxophon-Eminenz Richie Buckley und der Teufelsgeiger Daire Bracken (ex Danú) im Studio eingefunden. Ein vorzügliches Dokument einer Munnelly/Bracken & Co.-Performance bietet die DVD Irish Unplugged, ein Mitschnitt vom 26. Februar 2003 in Utrecht. Ebenfalls sehr hörens- und sehenswert sind die Auftritte von Kieran Goss und von Frances Black, die mit ihren Beiträgen am selben Konzertabend auch auf der DVD vertreten sind. Was aber nichts daran ändert: Absoluter Höhepunkt dieser Show war unwiderleglich der dritte und abschließende Programmpunkt, das Feuerwerk der Musikpyromanen David Munnelly and Friends!

Eine in der irischen Folk-Musik immer wieder sehr beliebte Duo-Kombination ist die von Fiddle und Flute. Eines der derzeit herausragenden Ensembles in dieser Sparte sind Méabh O'Hare & Conor Byrne. Der Flötist/Komponist Conor Byrne, ein Neffe von Christy Moore und Luka Bloom, gehörte übrigens zu der Band von Eimear Quinn, die mit "The Voice" 1996 den "Eurovision Song Contest" gewann. Im selben Jahr begann er, auch mit der Máire Breatnach Band zu touren, unter anderem im Rahmen des Irish Folk Festival - das damals noch in voller Blüte stand - durch deutsche Lande. Mit Méabh O'Hare spielt er nun seit sechs Jahren zusammen, den beiden wurde sogar schon eine BBC-Dokumentation gewidmet: "Music in the Company of Méabh O'Hare and Conor Byrne". Umso erstaunlicher ist es, dass 2003 erst ihre erste gemeinsame CD erschienen ist. Aber das Warten hat allemal gelohnt, Bavan ist ein großartiges Konzentrat ihrer musikalischen Kreativität. Ihr virtuoses (gemeinsames) Spiel geht nach vorn, ist unglaublich dicht gesponnen und zugleich aber von einer schwebenden Unangestrengtheit geadelt. Man muss weder wagemutig noch Prophet sein, um dem sympathischen jungen Paar eine erfolgreiche Zukunft vorauszusagen.

Weitaus traditioneller - aber selbstredend auch auf allerhöchstem Niveau! - geht es zu, wenn sich zwei Altmeister der Fiddle'n'Flute-Fraktion ins Aufnahmestudio begeben, nämlich Maeve Donnelly & Peadar O'Loughlin. Ihr musikalischer Background ist zum einen East Galway und zum anderen West Clare. Die unterschiedlichen Stile sind zwar erwartungsgemäß charakteristisch für die Musik, die die beiden für The Thing Itself haben entstehen lassen, jedoch weniger in der Kontrastierung als vielmehr im Miteinander der Stile und der beiden tragenden Instrumente besteht der Reiz dieser Aufnahme. Für besondere Highlights sorgt der große Ronan Browne, der seine Uilleann Pipes zwar dieses Mal nicht mit ins Studio brachte, aber als Produzent der CD immensen Anteil an der Qualität dieser superben Einspielung hat. Und gelegentlich greift er ja immerhin mal zu diversen Flöten. Ein Zitat von Robert Schumann steht übrigens den profunden Sleeve Notes voran: "The musician's art is to send light into the depths of men's hearts." Muss ich mir merken, gefällt mir außerordentlich.

Sehr schwer tu ich mich mit dem gemeinsamen Projekt von Lisa Gerrard & Patrick Cassidy. Mein schlechtes Gewissen beruhige ich ein wenig mit dem Satz, den mir netterweise die Plattenfirma als Steilvorlage fett und mittig in die Story zur CD Immortal Memory reingedruckt hat: "Wenn Sprache an ihre Grenzen stößt ..." Tja, in eben dieser misslichen Situation befinde ich mich gerade. Um aber auch dieser Veröffentlichung fairerweise ein paar Sätze zuteil werden lassen zu können, scheint es mir ausnahmsweise erlaubt zu sein, dass ich's mir extrem einfach mache, indem ich den Text der Indigo-Leute nahezu original übernehme: "Anfang der 80er gründete die australische Sängerin Lisa Gerrard die legendäre Band Dead Can Dance. 1995 startete sie eine Solokarriere und avancierte zu einer der gefragtesten Soundtrack-Komponistinnen Hollywoods. Für die Filmmusik zu Gladiator wurde sie mit einem Oscar und dem Golden Globe ausgezeichnet. Bei Gladiator arbeitete sie mit Hans Zimmer zusammen, durch den sie den Harfenspieler Patrick Cassidy kennen lernte. Cassidy, einer der zur Zeit meistbewunderten irischen Komponisten für moderne klassische Musik, nahm mit ihr Immortal Memory auf, eine unverkennbar von den kompositorischen Wurzeln beider Künstler geprägte Einspielung. Eine Symbiose, die funktioniert, ein elegisches Werk der modernen Klassik, das sicher auch denen Türen öffnet, die sich bisher nicht für dieses Genre begeistern konnten."

Wer 1998 das Glück hatte, auf die CD The Wyndy Turn von Dan Healy & Ciarán O'Raghallaigh zu stoßen, dem sagt vielleicht auch der Name Máire McDonnell Garvey etwas. Sie war diejenige, die jene wunderbaren alten Tunes für diese CD aufgespürt hatte und die umfangreichen Sleeve Notes verfasst hatte. Gleiches gilt nun für die CD The Conversation of the Waves der Gruppe Cómhrá na dTonn. Die im Jahr 1927 geborene Musikwissenschaftlerin und Geigerin Máire Garvey hat dazu ein Begleitbuch von 132 Seiten Umfang verfasst, das jedem ans Herz gelegt sei, der sich ernsthaft mit Irlands traditioneller Musik der Vergangenheit und der Gegenwart befasst. Die Gruppe Cómhrá na dTonn umfasst acht Musikerinnen und Musiker, darunter auch wiederum Dan Healy und Ciarán O'Raghallaigh. Ein besonders großes Kompliment geht an den fantastischen Bouzouki-Spieler Niall Ó Callanáin, der als Produzent und Toningenieur Máire Garveys Visionen kongenial umgesetzt hat. Nicholas Carolan, verdienstvoller Leiter des Irish Traditional Music Archive, Dublin: "I have nothing but praise for the research which has gone into this book. If musicians of Máire's generation put on record their memories and experiences, what a wonderful collection we would have to pass on to our future generations!" Ein vielleicht noch großartigeres Kompliment formulierte der Musiker und Forscher Mick O'Connor: "There is something for everyone in this package - good music, detailed background to the tunes and original research. Máire Garvey is unstoppable, possessing an energy that would exhaust a person half her age. She is unrelenting in her quest for background material to enhance our knowledge of the tunes!" Wenn ich in der Sparte "etwas ganz Besonderes" dieses Mal eine dicke Empfehlung aussprechen möchte, dann für diese CD und dieses Buch. Nicht nur wegen der schieren Qualität, sondern auch wegen des Herzbluts, das darein geflossen ist. Ein Hoch auf die alte Dame der traditionellen Musik, ein Hoch auf die großartige Máire Nic Dómhnaill Gairbhí!

Lecker Sachen, photo by The MollisAuch von den deutschen Kelten gibt es gute Neuigkeiten, was CD-Veröffentlichungen anbelangt: Discover von Bardic, In Colour von Cara, The Half Gate von Iontach und Universum d'Amour von Lecker Sachen sind vier rundum empfehlenswerte Titel, auf die wir eventuell in der nächsten Ausgabe noch näher eingehen können.

Eine kleine Gemeinheit zum Schluss: Wer Before Sleep Comes, das neue (Mini-)Album von Luka Bloom, in der Ausführung mit dem Bonus Track "Salt Water" erstehen möchte, darf sich die Devise von Quantas Airways zu Herzen nehmen: "Travel to Australia!" Denn nur dort gibt es diese CD mit zehn anstatt neun Stücken ...

Eine kleine Quizfrage zum Schluss: Was haben die folgenden Künstler gemeinsam? Und zwar: Pearl Jam, Bruce Springsteen, R.E.M., Dave Matthews Band, Jurassic 5, Dixie Chicks, Death Cab for Cutie, James Taylor, Ben Harper, My Morning Jacket, Jackson Browne, Bonnie Raitt, John Fogerty, Keb' Mo', Bright Eyes, John Mellencamp, Kenny "Babyface" Edmonds und John Prine. Korrekt, alle sind an der Aktion "Vote for a Change" beteiligt, durch die George Walker Bush aus dem Amt gerockt werden soll. Das ist gut so. "Keep on rockin'!" ermuntert sie daher vehement

Axel Schuldes.

Photo Credit: 1, 3, 4, 6 by The Mollis: (1): Danu at the Ceilidh, Tonder Festival 2004, (2) Susan McKeown, (3) Muireann Nic Amhlaoibh (of Danu) & Eddi Reader at the Ceilidh Tonder 2004, (4) Christy Moore (of Planxty), (5) Grada, (6) Lecker Sachen


Originalabdruck: 'irland journal' (Christian Ludwig Verlag, Dorfstr. 70, 47447 Moers).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 9/2004

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