FolkWorld #72 07/2020
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O du lieber Augustin Reloaded

Songs That Made History: Das Volkslied "O du lieber Augustin" und der damit verbundene Wiener Dudelsackspieler aus dem Zeitalter der Pestilenz, gleichsam Synonym für Optimismus und Galgenhumor, werden beim Multiinstrumentalisten und Stimmakrobaten Albion Paulus in Zeiten der Corona-Pandemie zu "Augustin Reloaded".

Marx Augustin oder Der liebe Augustin (eigentlich Markus Augustin; * 1643 in Wien; † 11. März 1685 ebenda) war ein Bänkelsänger, Dudelsackspieler, Sackpfeifer, Stegreifdichter und Stadtoriginal. Er wurde durch die Ballade „O du lieber Augustin“ sprichwörtlich und zu einem sogenannten geflügelten Wort. Bis heute ist die Figur des lieben Augustin ein Inbegriff dafür, dass man mit Humor alles überstehen kann.

Biografie

Corona
Augustin Reloaded: Mit Freude, Musik und
Stil Durchhalten in dieser speziellen Zeit!


Albin Paulus Seiner Kreativität freien Lauf lassen und die verrücktesten Dinge ausprobieren! So dachte Albin Paulus, nachdem es Konzertabsagen hagelte und Trübsalblasen nicht gerade sein Ding ist. Seit Beginn des Lockdowns nimmt er sich eine bekannte Wiener Sagengestalt zum Vorbild: den „Lieben Augustin“, der die Pestzeit mit Dudelsackspiel und Späßen (und auch ein paar Glaserln Wein) überbrückte und zum Symbol für unbeirrbares positives Denken wurde.

Aus der eingängigen Melodie des bekannten Wienerliedes „O du lieber Augustin“ erschafft er auf unzähligen, möglichen und unmöglichen, zum Teil spontan gebauten Instrumenten und seiner Stimme immer wieder neue unterhaltsame, witzige, verblüffende, mitunter tagesaktuelle Variationen, schlüpft dabei in die unterschiedlichsten Rollen – vom Hendrix-Hippie bis zum verkappten Klassikvirtuosen, vom obertonsingenden Warmduscher bis zum Technofreak, oder einfach als er selbst – als neugieriger Bastler und Klangerforscher, vor dem nichts sicher ist und dem fast alles als vollwertiges Melodieinstrument dient: Fahrradpumpen, Gartenschläuche, Ostereier oder einfach als scheinbar letzte Zuflucht – ein Weinglas!

In der Zeit der Ausgangsbeschränkungen entstanden so täglich kleine Videokunstwerke, die die Welt unter www.albinpaulus.com und auf facebook miterleben kann. Das Bühnen-Programm „Augustin Reloaded“ ist in Vorbereitung und schon jetzt zu buchen! Ob und wie die Versionen Death Metal im Erdkeller, Jonny Hendrix oder der Gartenschlauch-Augustin für die Bühne adaptiert werden, bleibt abzuwarten … ;-)
#01 Die Geburtsstunde von Augustin Reloaded
#03 Vier Maultrommeln - gleichzeitig
#05 Archaischer Dudelsack mit Ziege & Holunder
#06 Obertonsingen unter der Dusche
#11 Klezmerversion: Ojojoj!
#16 Fujara bei Sonnenaufgang
#30 Corona-Masken-Special

Augustin Reloaded @ ORF Studio 2

Albin Paulus (Hotel Palindrone)

Artist Video Albion Paulus @ FROG

www.albinpaulus.com

Zum Leben Augustins ist wenig gesichert. Augustin soll sehr beliebt gewesen sein, weil er mit seinen zotigen Liedern vor allem während der Pest in Wien im Jahr 1679 die Bevölkerung der Stadt aufheiterte, weshalb er im Volksmund nur als „Lieber Augustin“ bekannt war.

Augustin soll als Sohn eines heruntergekommenen Wirts aufgewachsen sein und war demnach schon früh darauf angewiesen, mit seinem Dudelsack von einer Spelunke zur nächsten zu ziehen, wobei nur wenig von dem verdienten Geld die jeweilige Kneipe verlassen haben soll – der Überlieferung nach soll er auch ein „tüchtiger Trinker“ gewesen sein.

Relief an der Außenmauer des Hauses mit dem Griechenbeisl

Der Legende nach war der 36-jährige Augustin 1679 während der Pestepidemie wieder einmal betrunken und schlief irgendwo in der Gosse seinen Rausch aus. Siech-Knechte, die damals die Opfer der Epidemie einsammeln mussten, fanden ihn, hielten ihn für tot und brachten die Schnapsleiche zusammen mit den Pestleichen auf ihrem Sammelkarren vor die Stadtmauer. Dort warfen sie ihre ganze Ladung in ein offenes Massengrab. Diese Pestgrube soll sich in der Nähe der Kirche St. Ulrich am Neubau (heutiger siebter Wiener Gemeindebezirk) befunden haben, gleich neben dem Platz, an dem heute der Augustinbrunnen steht. Wie in der damaligen Situation üblich, wurde das Grab nicht sofort geschlossen, sondern provisorisch mit Kalk abgedeckt, um später weitere Pestopfer aufzunehmen. Am folgenden Tag habe Augustin inmitten der Leichen so lange krakeelt und auf seinem Dudelsack gespielt, bis Retter ihn aus der Grube zogen.

Danach soll Augustin sein Erlebnis als Bänkelsänger vorgetragen und davon recht gut gelebt haben. So ist die Legende vom lieben Augustin vielleicht seinem eigenen Bericht zu verdanken. Bereits zeitgenössische Quellen berichten von dem der Leichengrube entstiegenen Augustin. Abraham a Sancta Clara erwähnt das Ereignis in seinem „Wohlangefüllten Weinkeller“, um vor der Trunksucht zu warnen. Urkundliche Stütze für die Legende ist nur ein Eintrag im städtischen Totenschauprotokoll, das einen „Augustin N.“ verzeichnet.

Augustin wurde auf dem Wiener Nikolai-Friedhof beerdigt, nach dessen Auflassung wurden seine sterblichen Überreste vermutlich auf den Sankt Marxer Friedhof überführt.

Das Volkslied O du lieber Augustin ist erst um 1800 in Wien nachgewiesen. Die sehr verbreitete Melodie ist jedoch älter, so ist sie 1720 in einer Musikhandschrift belegt. Teilweise wird Augustin selbst als Verfasser genannt, der Ursprung ist jedoch unklar. Der spöttische Text gibt aber den Galgenhumor wieder, der den Wienern in Erinnerung geblieben ist:

O du lieber Augustin, Augustin, Augustin,
O du lieber Augustin, alles ist hin.

Geld ist weg, Mensch (Mäd’l) ist weg,
Alles hin, Augustin.
O du lieber Augustin,
Alles ist hin.

Rock ist weg, Stock ist weg,
Augustin liegt im Dreck,
O du lieber Augustin,
Alles ist hin.

Und selbst das reiche Wien,
Hin ist’s wie Augustin;
Weint mit mir im gleichen Sinn,
Alles ist hin!

Jeder Tag war ein Fest,
Und was jetzt? Pest, die Pest!
Nur ein groß’ Leichenfest,
Das ist der Rest.

Augustin, Augustin,
Leg’ nur ins Grab dich hin!
O du lieber Augustin,
Alles ist hin!

Filme

Bücher

Erinnerungsorte

Albin Paulus

Auļi: Senču balsis – Voices of the Ancestors
Albin Paulus ist nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern gleichberechtigter Mitstreiter auf dem aktuellen Werk des lettischen Dudelsack- und Trommel-Ensembles Auļi. Auf insgesamt 6 von 12 Stücken ist Albin mit Maultrommel, Sackpfeife und Flöte zu vernehmen, in vorderster Front ist sein Gesang und Jodeln beim traditionellen Almerlied (Live). Auļi ist bekannt für die raffinierte Fusion von archaischer Folkmusik aus dem Baltikum mit dem Geist und der Kraft globaler Welt- und Rockmusik; Senču balsis (Stimme der Ahnen) will verschiedenste (männliche) Gesangstraditionen erforschen und trifft neben Albin überdies auf den mongolischen Kehlkopfgesang von Batzorig Vaanchig, den samischen Joik-Gesang von Kai Somby und die lettischen Volkslieder von Edgars Lipors. [wt]

Artist Video
Auļi "Senču balsis – Voices of the Ancestors", Lauska/CPL, 2020

Auf dem Platz in der Wiener Neustiftgasse Ecke Kellermanngasse, umgangssprachlich seit Jahrhunderten als Strohplatzl, in neuerer Zeit auch als Augustinplatzl genannt, wurde zu Augustins Ehren ein Denkmal aufgestellt und am 4. September 1908 enthüllt. Der Augustinbrunnen besteht aus dem Sockel mit dem namensgebenden Brunnen und einer darauf stehenden, ursprünglich aus Bronze gegossenen Skulptur der Figur des Augustin. Im Zweiten Weltkrieg ereilte auch den Bronze-Augustin – so wie bei vielen ähnlichen Brunnen in Wien – das Schicksal, zur Herstellung von Kriegsmaterial eingeschmolzen zu werden. Kurz danach soll auf dem Sockel die sarkastische Aufschrift angebracht worden sein:

Der schwarzen Pest bin ich entronnen,
die braune hat mich mitgenommen.

Auļi

Artist Video Auļi @ FROG

www.auli.lv

Im Jahre 1952 wurde auf dem Sockel die seit dem Krieg fehlende Statue wieder ergänzt. Die neue Skulptur aus Sandstein von Josef Humplick wurde am 18. Oktober 1952 enthüllt. Die Figur lehnt sich an einer Steintafel an, auf deren Rückseite auf das jahrelange Fehlen mit einer Inschrift hingewiesen wird:

Ich war hin. –
Nun habts
mich wieder.
Und nun
hörts auf
meine Lieder.

Zumindest seit Beginn der 2000er Jahre wurde dann auch amtlich vom Augustinplatz gesprochen; nach einem völligen Umbau der gesamten Verkehrsfläche zu beiden Seiten der Kellermanngasse und Einbeziehung einer schräg von der Neustiftgasse zur Kellermanngasse abzweigenden Nebenfahrbahn wurde der neu gestaltete Grätzlplatz am 1. Dezember 2007 eröffnet. Im Jahr 2008 wurde die offizielle Benennung der Verkehrsfläche in Augustinplatz beschlossen. Die Benennung bezieht sich nicht nur auf Marx Augustin, den Lieben Augustin, sondern auch (auf der Zusatztafel erstgenannt) auf die Sängerin Liane Augustin (1928–1978). Am 26. Mai 2009 wurden das Straßenschild und die Zusatztafel in Anwesenheit von Liane Augustins Tochter enthüllt.

An der Außenmauer des Hauses am Wiener Fleischmarkt in dem sich das Griechenbeisl befindet und in dem Augustin angeblich regelmäßig auftrat, ist ein Relief mit der Figur des Augustin und dem begleitenden Schriftzug „Hier sang sein Lied zum 1. Mal der Liebe Augustin“ angebracht.




O du lieber Augustin

O du lieber Augustin

 O du lieber Augustin:
       Ensemble Unisonus
       Jürgen Fastje
       Johann Nepomuk Hummel
       Eberhard Kummer & Karl Riedel
       Charlotte Poeffel
       Die Strottern

 Ballade vom lieben Augustin:
       Maegie Koreen
       Ozzimandias der Schelm




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Date: June 2020.



Photo Credits: (1),(3)-(4) Albin Paulus, (2) Relief an der Außenmauer des Griechenbeisls, (5)-(6) Auļi, (7) "O du lieber Augustin", (8) Briefmarke "Sagen und Legenden aus Österreich: Der liebe Augustin" (unknown/website).


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