FolkWorld #59 03/2016

CD & DVD Reviews

Stranniki "Светлый месяц" (Heller Mond)
Sketis Music, 2012

Various Artists "The Grass Harp - Musik aus Udmurtien"
Sketis Music, 2013

Vasily Evhimovich "Russische Volkslieder"
Sketis Music, 2014

Folk Ensemble Svechanik "Time for Joy - Folksongs of Southern and Central Regions of Russia"
Sketis Music, 2014

Vasilyev Vecher "Siberia Land - Russian traditional songs of the Western Siberia"
Sketis Music, 2013

Avis Die "Tänze aus dem Alten Europa"
Sketis Music, 2013

Folkbeat RF "In Mixt"
Sketis Music, 2015

Sketis Music ist ein russisches Plattenlabel, das sich vor allem um die Pflege authentischer russischer Volksmusik bemüht. Sie tun dies mit dem Blick auf die Geschichte der verschiedenen russischen Volksgruppen. Die moderne Folklore und die avantgardistischen Experimente finden bei dieser innovativen Plattenfirma ebenfalls Gehör. Für jemanden, der in Ostdeutschland aufgewachsen ist, besitzt die russische Folklore einen eigenen Charme. Abgesehen von den Erheiterungen der russischen Militärkampfkapellen, die in Kulturhäusern vor allem kleinerer Kreisstädte auftauchten, Volkslieder trällerten und eine frühe russische Form des Breakdance aufführten, kennt man die russische Folklore vor allem aus den Filmen, die im Ostfernsehen die klassischen russischen Märchen aus dem Zauberwald erzählten. Tatsächlich wecken einige der Produktionen von Sketis genau diese Assoziationen. Eine kleine Auswahl des Labels soll im folgenden vorgestellt werden:

Für Freunde der russischen Vokalmusik ist die CD der russischen Band Stranniki eine wahre Fundgrube. Volkstümliche Lieder Russlands mit Weltmusikklängen und Pop vermischt ergeben eine moderne Hörvariante des russischen Volksliedes. Im Vordergrund stehen die klassischen weiblichen Wechselgesänge. Die traditionelle Begleitung erfolgt durch das altrussische Saiteninstrument Gusli. Ergänzt werden die Frauenstimmen mit Folkinstrumentarium wie Drehleier und dem Krummhörnchen Jaleika. Weltmusikalische Einflüsse hört man durch die indische Bansuriflöte. Das Schlagzeug liefert die Popkomponente und die Querflöte erweckt den Geist von Jethro Tull. Die CD lässt den Hörer eine lebensfrohe und weltoffene Atmosphäre miterleben und beweist, dass Mütterchen Russland ohne Schwermut ein ganz hübsches Gesicht hat.

www.ewhim.ru

Udmurtien liegt westlich des Urals in der Taiga. Im Rahmen des Projektes "Der Planet der Menschen" wurde die CD The Grass Harp unter deutscher Mithilfe erstellt. Musiker aus Russland und Deutschland fanden sich zusammen, um die ethnische Musik der Region aus mehreren Jahrhunderten wiederzubeleben. Die Musiker nutzten dabei nicht nur den folkloristischen Gesang Maria Korepanovas, einer Interpretin altertümlichen Melodien der nordischen Udmurten, sondern schufen zudem mit russischer Volksmusik, afrikanischer Perkussion und zurückhaltenden Computerverfremdungen ein außergewöhnliches Klangwerk, das traditionell und meditativ wirkt.

Auf seiner Website präsentiert sich Vasily Evhimovich als Urbild des russischen Bauern, der in seiner spärlich bemessenen Freizeit die Drehleier bedient. In der Realität ist der Mann ein professioneller Künstler, der seine Instrumente selbst herstellt. Im Atelier seiner Werkstatt im Dorf Povodnievo hat er vorliegende CD mit ein paar Freunden eingespielt. Aufgenommen hat er Lieder aus der Region um den Fluss Oka, aber auch Volkslieder aus Sibirien und dem russischen Norden. Im Mittelpunkt stehen bei den Aufnahmen das Spiel seiner Drehleier und der vielstimmige russische Gesang.

www.vk.com

Mit der Doppel-CD Time for Joy - Folksongs of Southern and Central Regions of Russia aus dem Süden Russlands wird es sehr authentisch. Die eineinhalb Stunden der CD sind ausschließlich mit mehrstimmigem russischen Frauengesang gefüllt. Lieder von Spiel, Freude, Arbeit und Gemeinwesen sind zu hören. Diese stammen vor allem aus den Regionen um die Städte Belgorod, Voronesch und Lipezk. Die Lieder der 11 Sängerinnen und eines Knaben sind sehr, sehr volkstümlich und werden nur einmal mit einer Balalaika begleitet.

www.vk.com

Lieder aus Sibirien hat uns Vasilyev Vecher zu bieten. Der Künstler aus der Region Tomsk hat sich den traditionellen Gesängen der Region aus der Zeit des 19. Jahrhunderts verschrieben. Die Bewahrung der russischen Kultur, war zu dieser Zeit etwas kompliziert. Denn aus Zentralrussland emigrierten viele ehemalige Leibeigene, die für eine Veränderung sorgten, der man sich in den Dörfern nur allzu gern verschloss. Ein düsteres, langsames Tempo ist den Liedern eigen, was die Stimmung der CD auf eine Weise prägt, die man getrost als depressiv bezeichnen kann. Die Musik unterstützt das Klischee vom kalten Land, in das einen nur die Verbannung zu schicken vermag.

www.avisdei.com

Einem gänzlich anderen Zeitalter hat sich Avis Dei verschrieben. Diese Band widmet sich der europäischen Musik der frühen Renaissance. Die Musik dieser Zeit ist weitaus weniger bekannt, als die der späteren Renaissance. Avis Dei haben höfische und ländliche Tänze, wie Rondo, Mourisque und Pavanas aus Flandern, Italien, Frankreich und England ausgegraben, die vor allem aus dem fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert stammen. Vorgetragen mit alten Instrumenten und in historischen Kostümen, wirken sie wie fahrende Musikanten aus einer vergessenen Zeit.

www.folkbeatrf.com

English CD Review

Die vier jungen Frauen des Quartetts Folkbeat RF lernten sich auf der Musikschule in Moskau kennen und konnten ihre gemeinsame Neigung schnell ausmachen. Zum einen wollten sie flippige coole Elektrobeats machen, um Erfolg zu haben. Zum anderen wussten sie, dass diesen Traum viel haben, aber an Unoriginalität scheitern. Da alle vier eine gewisse Zuneigung zur russischen Vokalvolksmusik besaßen, hatten sie bald die gemeinsame Richtung gefunden. Aus Tradition, folkloristischen Gesangstechniken, modernen Soundmixtechniken und coolen Beats entstand das Quartett FolkBeatRF, eine elektrisierende Kombination aus russischer Folklore und russischer Disko. Die 10 Songs bezaubern durch perfekte, polyphone Vokalmusik, die mittels Beatboxsampling entstaubt wird, ohne dass sie ihren Bezug zur Folklore Russlands verlieren. Das ist auf eine sympathische Weise umgesetzt und angenehm anzuhören. Den vier Damen aus Moskau sollte mit diesem Konzept eigentlich eine erfolgreiche Zukunft bevorstehen.
© Karsten Rube


Various Artists "Melodies en sous sol"
AEPEM, 2015

Various Artists "Cornemuse Picardi"
AEPEM, 2014

AEPEM ist eine Art Förderverein zur Bewahrung der traditionellen Musik Frankreichs. Die Förderer und Forscher, die diesen Verein am Leben erhalten, sind selbst Musiker oder Musikpädagogen. Sie graben in Bibliotheken und bereisen das Land auf der Suche nach authentischer Folklore. Dabei entdecken sie immer wieder geschichtlich interessante Melodien, Instrumente oder spüren vergessene musikalische Strukturen auf. Was sie finden, versuchen sie hörbar zu machen und auf ihrem Label AEPEM zu veröffentlichen.

Traditionelle Dudelsackmusik aus Zentralfrankreich: Melodies en sous sol bietet einen großen Überblick über die traditionelle Dudelsackmusik in Zentralfrankreich. Jacques Lanfranchi hat historische Tänze, Begleitmusiken für die Arbeit und Musik der Wandersleut aus verschiedenen Jahrhunderten zusammengetragen und diese zum Teil selbst eingespielt. Die Lieder stammen aus den Regionen Limousin, Saône et Loire, der Auvernge und dem Zentralmassiv. Die Geschichten, die die Lieder erzählen, erschließen sich dem Hörer nur mit dem Begleitheft. Die zum Teil sehr schönen Melodien auf diesem Doppelalbum sind sicher ein Schatz für Dudelsackfreunde und Musikhistoriker. Dem Radiohörer werden sie eher ein Rätsel bleiben.

Traditionelle Dudelsackmusik aus der Picardie: Auf dem Doppelalbum Cornemuse Picardi gibt es einiges an Dudelsack und Krummhörnchen aus dem Norden Frankreichs und Belgien zu hören. Das Pas-de-Calais, die Picardie, Flandern und die Wallonie sind den wenigsten als Hort alter traditioneller Musikkulturen bekannt. Man denkt eher an die Fußballclubs von Lille und die Radklassiker von Roubaix und Flandern, als an Dudelsäcke. AEPEM fand in diesen eher rauen Landstrichen trotzdem genug an Material für ein Doppelalbum. So gibt es Aufnahmen von den Konzerten von Pipasso. Dabei handelt es sich um ein Cornemuse-Festival, das Ende September an unterschiedlichen Orten in der Picardie stattfindet. Die zweite CD ist gefüllt mit Studioaufnahmen verschiedener Dudelsackmusiker, die in den Regionen zwischen Somme und Schelde beheimatet sind. Auch diese Aufnahmen sind eher etwas für Historiker und Selbstdudler. Dieses Album ist von AEPEM mit einem dicken Begleitheft versehen, in dem es viele Informationen über die Musik und die Region nachzulesen gibt. Jedoch nur für Menschen mit guter französischer Sprachkenntnis.
© Karsten Rube


Cupeiro Yukhnevich "Compromiscuo"
Radio Galega, 2015

Artist Video

www.compromiscuo.com

Dieses Duo Cupeiro Yukhnevich ist in seiner Zusammensetzung recht ungewöhnlich. Der galizische Multiinstrumentalist Abraham Cupeiro kann auf eine erstaunliche Anzahl seltener Blasinstrumente verweisen. Er spielt das Cornetto, sowie eine alte Trompete aus der Römerzeit, die er anhand einer Abbildung auf einer römischen Münze nachgebaut hat. Vadzim Yukhnevich stammt aus Weißrussland und bedient das Bajan, ein Akkordeon, wie es nur in den russischen Ländern gebaut wird. Die osteuropäische Druckluft aus dem Tasteninstrument trifft auf dem Album "Compromiscuo" auf die Pressluft aus den westeuropäischen Blasinstrumenten. Beide Musiker besitzen fundierte Musikkentnisse in vielen Sparten. Weltmusik, Folklore, Jazz und Klassik finden sich auf ihrem erstaunlich abwechslungsreichen Album wieder. Besonders auffallend auf der CD sind die Interpretationen einer Astor Piazzolla Komposition und einer Bach-Arie, gespielt auf der galizischen Gaita. Klassik trifft Dudelsack, begleitet vom Akkordeon. Dass das hervorragend klingt, glaubt man erst, wenn man es gehört hat. Ein bezauberndes Album mit Seltenheitswert.
© Karsten Rube


Otava Yo "Once upon a time"
CPL Music, 2015

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www.otava-yo.spb.ru

Otava Yo ist eine folkorientierte Spaßband aus der quirligen Musikszene von St. Petersburg. Ihre CD "Once upon a time" besitzt alles, was eine kultige Folkband zur attraktiven Tanzband auf jedem Folkfest küren dürfte. Aus traditionellen Werten erwachsene moderne Tanzmusik, ist auf dem knapp 45 Minuten langen Album zu hören. Dabei geht es mächtig zur Sache. Fiddletunes, Pogotrash und Folkrock verbinden sich zu einer ansteckenden Melange, der man sich nur schwer entziehen kann. Aber warum sollte man das auch. Dieser russische Folk kommt gut gelaunt daher und bringt eine ganz andere Sichtweise der russischen Seele an den Tag. Lieder um Liebe, Freude, Tanz, Alkoholexzesse, Pfannkuchen, Straßenfeger und Matrosen lassen sie erklingen. Dabei binden sie Instrumente und Stilmittel aus ganz Europa in ihre Songs ein. Galizischer Dudelsack, irische Tin Whistle, Mandoline werden ebenso mühelos bedient, wie die russischen Instrumente mit Seltenheitswert Gusli und Zhalaika. Und vor einem Kosakenlied ist ihnen ebenso wenig bange, wie vor einem Balkanbeat, einem Gitarrenrock, einer finnischen Polka oder einem Gassenhauer im Stile von "Ach du lieber Augustin". So temperamentvoll kann russische Folklore sein.
© Karsten Rube


Guttenberger Brothers "#One"
59music, 2015

www.guttenberger-brothers.de

Selbst bezeichnen sich die Guttenberger Brothers als Vertreter des Zigeunerjazz. Die Gipsyklänge in ihrer Musik nimmt man allerdings erst auf den zweiten Blick war. Die Gebrüder Guttenberger haben selbst Sintiwurzeln und weben sie in ihre Spielweise ein. Doch zuallererst macht die Band feinsten Barjazz. Beste Musik zum Cocktail. Ihre erste CD nennen sie einfach "#One", was Raum nach oben lässt für viele weitere Alben in Jazzmanier. Auf "#One" wird schön ausgewogen zwischen Coverversionen und eigenen Kompositionen. Die eigenen Songs stammen aus der Feder vom Bassisten Branko Arnsek. Dabei handelt es sich um pointierte deutschsprachige Jazzschlager. Die Coverversionen auf dem Album sind so geschickt interpretiert, dass man manchmal glaubt, hier hört man das Original. "#One" ist eine gut gelaunte Swingjazz Produktion mit einem Schuss Manouche. Das Album macht Lust auf den Frühling.
© Karsten Rube


Rachelle Garniez "Who's Counting"
Jaro Medien, 2015

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www.rachellegarniez.com

Die New Yorkerin Rachelle Garniez kann man als musikalischen Freigeist bezeichnen. Als Songwriterin und Sängerin ist sie meist mit ihrem Akkordeon unterwegs, doch gern setzt sie sich auch ans Klavier oder spielt Gitarre. Ihren Songs veröffentlichte sie anfänglich auf dem eigenen Label. Das aktuelle Album hat sie nun bei Jaro-Medien herausgebracht. Es heißt "Who's Counting" und zeigt die Künstlerin so eigenwillig, wie bisher. Ihre Lieder sind nicht immer eingängig, aber besitzen eine Tiefe, die sich erschließt, wenn man ihren Liedern etwas Zeit gibt. Kleine Perlen reihen sich an Klangexperimente. Ihre Stimme ist mal zart, mal quengelig. Das Album klingt aus mit einem angejazzten Weihnachtslied.
© Karsten Rube


Axel Krygier "Hombre de Piedra"
Crammed Discs, 2015

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www.axelk.com

Der Argentinier Axel Krygier ist, wie viele seiner Musikerkollegen vom Rio de La Plata, beeinflusst von der wichtigsten Musik der Region, dem Tango. Aber er lebt in einer modernen weltoffenen Stadt mit einer der lebendigsten Tanzszenen des Planeten. Elektrobeats gehören ebenso natürlich zu seinen Stilmitteln. "Hombre de Piedra" ist das fünfte Album des umtriebigen Multiinstrumentalisten, Bandleaders und Komponisten. Neben den unvermeidbaren Versatzstücken des Elektrotangos, spielt Krygier auf diesem Album mit poppigen Computereffekten, die direkt einem Commodore aus den 80er Jahren entsprungen zu sein scheinen. Bläsereinsätze platziert er geschickt auf Discozitate. Kurz, "Hombre de Piedra" ist ein pfiffiges Tanzalbum mit bemerkenswerten Einfällen.
© Karsten Rube


Svjata Vatra "Vabadus Svoboda"
Eigenverlag, 2015

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www.svjatavatra.com

Die Band Svjata Vatra setzt sich aus estnischen und ukrainischen Musikern zusammen. Aus russisch-finnischer Folklore mit Anleihen des Mittelalterrocks und des ruppigen Bühnenpogos schaffen es die Musiker mit der CD "Vabadus Svoboda" ein flottes Folktanzalbum zu zimmern. Diese brisante Mischung in estnischer Sprache hat bereits auf Festivals in Finnland, der Ukraine, Ungarn und Polen mächtig für Tanzstaub gesorgt. "Vabadus Svoboda" ist genau richtig, wenn man es beim Folk mal richtig krachen lassen möchte.
© Karsten Rube


Massilia Sound System "Massilia"
Le Chant du Monde, 2014

www.massilia-soundsystem.com

Das Massilia Sound System ist schon seit über dreißig Jahren am Start. Die Mitglieder der Band sind in die Jahre gekommen, der Mitbegründer Lux Botté bereits seit einigen Jahren tot. Trotzdem lässt sich das Ensemble aus Marseille das Leben nicht schwer werden. Selbst der Rap an der südfranzösischen Küste scheint lebensfroher zu sein, als sein amerikanisches Pendant. "Massilia" heißt das letzte Album der Band, ihr achtes als Sound System. Neben zahllosen Soloproduktionen der einzelnen Musiker, darunter ein Ausflug in die Welt der in die Operette, bleiben sich Massilia als Soundsystem musikalisch seit 30 Jahren treu. Der freundlich fröhliche Mix aus Elektrobeat, Reggae, Dub und Rap kann auch 2015 noch überzeugen. Textlich geben sie sich heimatbezogen und knuspern sich durch die kleinen und großen Ärgernisse und Liebenswürdigkeiten ihrer Region und deren Bewohner. Sie parlieren in okzitanisch und französisch über Einwanderer, Ungleichbehandlung, Kriminalität, über die Sonne von Marseille, Pastis, Bouillabaisse und schöne Frauen. Eine CD, die mit Schwermut nichts am Hut hat.
© Karsten Rube


The Living Sisters "Harmony is real"
Make My Days Records, 2014

FolkWorld Xmas

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Songs for a Happy Holiday: Weihnachten passiert ja immer zur falschen Zeit. Wenn der Advent beginnt, kommt man nur schwer in Stimmung, die Lichterdiskotheken und von den Balkonen herabbaumelnden Weihnachtsmänner gehen einen schnell auf die Nerven und für die Weihnachtsmärkte hat man einfach nicht genügend Zeit. Und dann ist Weihnachten, man beginnt zu ahnen, dass man den schönen Adventsteil wieder verpasst hat, guckt sich noch schnell "Tatsächlich Liebe", "Den kleinen Lord" und die "Muppets Weihnachtsgeschichte an" und konzentriert sich auf den Gänsebraten. Und dann fliegt der Baum auch schon wieder aus dem Fenster. In der Zwischenzeit bemerkt man, was einem alles musikalisch von der ruhigen besinnlichen Weihnachtszeit vorgeflötet wird. Fernab von der Bimmelbammeldrivinghomeforlastchristmasbeschallung gibt es die vielen kleinen Weihnachtsalben, die irgendwo in der Welt von entspannten Gemütern produziert werden und wirklich Harmonie predigen. Die vier Damen der Vokaltruppe The Living Sisters aus dem sonnigen Kalifornien haben mit dem Weihnachtsalbum "Harmony is Real" eine ganz vortreffliches Stimmungsbild weihnachtlicher Gemütlichkeit mit freundlichem Kitsch und aufmunterndem Tanz gezaubert. Ein bisschen Andrew Sisters swingt im Satzgesang, wenn sie von der Winterwunderwelt in Kadoka, South Dakota schwärmen. Ganz beschaulich winken die Winkekatzen zu "Neon Chinese Christmas Eve", und nasse Füße holt man sich im Remember the Beach Boys Lied "Christmas in California". Mit "Hanukkah" schaut man mal ganz harmonisch bei den jüdischen Mitbürgern rein. Bei "Jingle Bells" und "Silver Bells" sind alle Baumkugeln mit den Tränen der Selbstrührung auf Hochglanz poliert worden und "Don't Go To Sleep" ist so wunderschön feierabendlich, dass man beseelt in friedliche Träumereien fällt. Das Album ist auf eine so rührende Weise kitschig, wie man es nur in der Weihnachtszeit durchgehen lassen kann, da aber mit voller Hingabe. Noch ein "Aschenputtel" und eine Wiederholung von "Das Leben ist schön" und dann ist endlich Weihnachten, so harmonisch und gemeinschaftlich, wie es die Living Sisters im besten Dickens’schen Sinne beschwören.
© Karsten Rube


Caroline Cotter "Dreaming as I do"
Bella Blue Records, 2015

www.carolinecotter.com

Junge Leute müssen sich heute immer erstmal finden, bevor sie ins Leben einsteigen und da sie sich selten zu Hause antreffen, suchen sie sich auf Reisen. Caroline Cotter fand sich irgendwo im Ausland wieder und nahm sich mit zurück, um ein Album mit ihren Erfahrungen zur Gitarre einzusingen. "Dreaming as I Do" ist ihr Debüt als Songwriterin und Sängerin. Die junge Frau aus Maine durchmaß Länder, wie Portugal, Frankreich, Spanien, besuchte Südamerika und entdeckte letztlich das Yogastudium in Indien. Das klingt als Lebensweggestaltung mittlerweile so individuell, wie die Körperbemalung aus dem Tattoostudio. Und ebenso aufregend ist auch die Musik auf ihrem Album. Ein paar melancholische Songs über gebrochene Herzen, den Winter an der Küste von Maine und über Träume, erfüllte und unerfüllte. Manche der Lieder singt sie in Englisch einige in Französisch. Musikalisch wird das Gitarrenspiel der Yogalehrerin von Cello, Fiddle und leichtem Fingerschnipping aufgewertet.
© Karsten Rube


Kreusch Bros. "Two Worlds One"
GLM Musikverlag, 2015

Nicht immer nimmt man als Künstler ein neues Album auf, weil genug Material dafür da ist. Die kreativsten Köpfe entwickeln konkrete Albumkonzepte über einen längeren Zeitraum. Die Entwicklung des Albums "Two World One" der Brüder Cornelius Claudio und Johannes Tonio Kreusch jedoch hat einen ganz außergewöhnlichen Verlauf genommen. Zum Ersten haben die beiden musikalischen Eigenbrödler bisher nie zusammen gearbeitet, zum anderen dauerte es von den ersten Proben für das Album bis zur Veröffentlichung 14 Jahre. Geprobt wurde in New York im Spätsommer 2001. Das Studio für die Aufnahmen war ab 12. September gebucht. Der 11. September veränderte nicht nur die Welt, sondern auch die Sichtweise der Künstler auf ihr Material. Über die Jahre wurden andere Projekte verfolgt. Die beiden Gastmusiker Badi Assad aus Brasilien und Jamey Haddad hatten ihrerseits eigene Arbeiten zu verfolgen. Es wurde also viel Ruhe in die Musik gebracht, gefeilt, neu aufgenommen, anders gemischt. Nun liegt das Werk vor und es ist eine eigenwillige Klangreise ins Herz der Musik geworden. Klangliche Mystik des Regenwaldes wird von der sanften Stimme der brasilianischen Sängerin Badi Assad und den vielen Perkussionsspielereien des Amerikaners Jamey Haddad geschaffen. Das Piano Cornelius Claudio Kreusch's perlt, wie frischer Regen an den Ohrmuscheln herab und die meisterlichen Töne aus der Gitarre seines Bruders Johannes Tonio veredeln die Melodien mit sanften Glanz. Die elektronische Verarbeitung einiger der Songs bewirkt zudem eine ständige Stimmungsbalance, die den Gegensatz zwischen urtümlichen und urbanen Erleben widerspiegeln. Zwölf Kompositionen gibt es zu hören, die die unterschiedlichen Ecken der Welt ausleuchten und viele Gemeinsamkeiten dabei entdecken. Während man sich in "Labyrintos" noch in scheinbar ausgangslosen Gängen verirrt, lässt man sich mit "Flying through the Atmosphere" scheinbar schwerelos treiben. Der Titel "Welcome to the Mothership" bringt es auf den Punkt. So unterschiedlich wir die Welten in denen wir leben betrachten - wie hier auf dem Album die brasilianische und die elektronisch geprägte westliche - letztlich leben wir alle auf einem Planeten. Um dies so treffend musikalisch auszudrücken, wie es die Kreusch Brothers und ihre Gäste mit dem Album "Two Worlds One" ganz hervorragend getan haben, kann man sich schon mal einige Jahre Zeit lassen.
© Karsten Rube


Neptune's Car "The 45th Parallel"
Eigenverlag, 2015

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www.neptunescar.com

Neptune's Car ist ein Folkduo aus Maine. Ihr Album "The 45th Parallel" widmen sie mit einfachen Folksongs den Bewohnern im Norden der U.S. A.. Sie huldigen dem weiten Himmel in Montana, den Kupferminen in New Hampshire und einem kleinen Ort auf dem 45 Breitengrad in Michigan, dessen einzige Bedeutsamkeit in der Tatsache besteht, dass er sich genau auf halbem Weg zwischen Äquator und Nordpol befindet. Musikalisch ist das Album warm und freundlich eingespielt und passt gut dazu, an einem kalten Tag mit einem Tee in der Hand in der Küche gehört zu werden. Der Ausritt in die Bluegrassecke kurz vor Ende der CD tut dem Album gut, um es aus einer klanglich weitgehend farblosen Stimmung zu retten, die den Großteil der Dreißig Minuten ausmacht.
© Karsten Rube


Banda Chuka "Tenalo"
Eigenverlag, 2012

www.banda-chuka.de

Die Berliner Band Banda Chuka hat sich aus fünf Musikern zusammengefunden, die ein musikalisches Erbe zu pflegen angeben, das es so eigentlich nicht gibt. Wurzeln suchen sie und graben, dort, wo sie sie haben wollen. Das ist vielleicht nicht ordentlich authentisch, aber zumindest erfüllt es den Zweck. Wer den Eintopf, den sie angerührt haben kostet, wird auf ein paar sehr aromatische Ingredienzien stoßen. Slawische Musik, Gipsy-Swing und orientalische Grundstimmung vermengen sich dabei mit iberischem Flamenco, einer Messerspitze Reggae und und einem Hauch Dub. Alles fein abgeschmeckt, das auch jede Zutat zur Geltung kommt. Oder um aus dem Wortschatz der Grünen Woche wieder rauszukommen: Das Album "Tenalo" der Band Banda Chuka mit seiner eigentümlich erfunden wirkenden Sprache tanzt sich ohne Berührungsängste durch ein sonniges südliches Europa vom Okzident bis zum Orient.
© Karsten Rube


Sue Massek "Precious Memories"
Strictly Country Records, 2015

www.suemassek.com

Sarah Ogan Gunning war eine Folksängerin in Kentucky, die heute wenig bekannt ist. Sie lebte in der Bergbauregion des Bundesstaates und war in den 30er Jahren in der Folkszene sehr aktiv. Pete Seeger und Woody Guthry erwähnen sie, wenn es um die Einflüsse geht, die sie prägten. Die Sängerin Sue Massek und der Gitarrist Si Kahn erinnern auf der CD "Precious Memories" an die Songwriterin Sarah Ogan Gunning, ihre Lieder und ihre Zeit. Die sechszehn Song werden mit eindringlicher Stimme vorgetragen. Zurückhaltende Begleitung durch Banjo, Gitarre und Bass lassen den Texten und dem Gesang jederzeit den Vorrang. Arbeiterlieder, traditionelle Folksongs aus Kentucky und ein paar Lieder aus dem Fundus der Geschwister von Sarah Ogan Gunning, Aunt Molly Jackson und Jim Garland, finden sich unter den ausdrucksstarken Vorträgen dieser eindrucksvollen Aufnahmen.
© Karsten Rube


Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba "Ba Power"
Glitterbeat, 2015

www.bassekoukouyate.com

Lob für den westafrikanischen Bluesmusiker Bassekou Koyaté gibt es zu Hauf. Taj Mahal und Ali Farka Touré halten ihn für den besten Musiker seiner Zunft. Tatsächlich kann man sich sein aktuelles Album "Ba Power" anhören und ohne Abstriche ins Schwärmen kommen. Der westafrikanische Bamako-Blues geht schnell in die Hörgänge und von dort in die Beine. Afrobeats mit schnellen Gitarren und Tendenzen zum Saharablues der Touareg werden schnell deutlich. Das Album, das weitgehend aus einer Session zusammengestellt wurde und wenig technischer Nachbearbeitung bedurfte, zeigt, mit welcher beinahe telepathischen Fähigkeit die Bandmitglieder aufeinander abgestimmt sind. "Ba power" ist ohne Abstriche das impulsivste Afrobluesalbum der letzten Jahre.
© Karsten Rube


Borja Baragaño "Where I could go"
housemaster records, 2014

Artist Video

www.borjabaragano.com

Asturien im Norden Spaniens hat viel zu bieten, was für Naturliebhaber und traditionsbewusste Menschen von Wert ist. Wunderbare urtümliche Berglandschaften, herzhafter Käse und Folklore, die unverfälschter kaum sein kann. Das einzige, was dort manchmal mächtig im Weg sein könnte, sind die vielen natur- und traditionsbewussten Pilgerer, die dort in Strömen den Jakobsweg entlang hechten. Vielleicht war es dem asturischen Dudelsackspieler zu voll in seiner Heimat, oder die traditionelle Musik seiner Heimat findet im Ausland größeren Anklang, als zu Hause. Das wäre nichts Ungewöhnliches, denn in vielen Ländern freut man sich über Exotisches und weiß das Heimische kaum zu schätzen. Aber wie auch immer, Borja Baragaño ist Astrurier und lebt in Deutschland. Sein Album "Where I could go" wirft musikalisch die Frage auf, wohin man gehen könnte. Man könnte zu Hause bleiben, das demonstriert er mit den asturischen Melodien, die er auf Flöte und Gaita spielt. Doch Titel wie "Road to Ibbenbüren", "Dañs Plinn" und "Marga in Bulgary" zeigen ihn als musikalischen Wanderer durch die Länder Europas. Keltische Wurzeln finden sich in seinen Melodien, weit gespannt zwischen Irland, der Bretagne und Nordspanien. Das Album wirkt wie eine mitreißende Folktanzsession, besitzt aber zwischenzeitlich auch nachdenkliche Momente. "Where I could go" legt sich weder örtlich noch stilistisch fest. Es ist europäische Folkmusik im besten Sinne und jede gespielte Sekunde hörenswert.
© Karsten Rube


Brokeland Bullets "Heartbroke"
Eigenverlag, 2014

www.brokelandbullets.com

Das ist mal wieder eine fröhliche, temporeiche Bluegrassproduktion ganz nach meinem Geschmack. Und sie kommt natürlich aus Skandinavien, genauer gesagt aus Norwegen. Sicher bekommen es die Amerikaner auch noch gut hin mit dem authentischen Country, aber im Moment scheinen die Skandinavier in der Hinsicht aktiver zu sein. "Heartbroke" bezaubert durch flinke Bluegrassspielfreude mit Banjo, Mandoline, Gitarre, Fiddle, Bass und Gesang. Die meisten der Songs hat der Gitarrist Richard Piansky und der Banjospieler Espen Svenjungsen geschrieben, nachdem sie eine Art Pilgerreise in die U.S.A. unternommen haben. Sie haben dabei versucht, die Wurzeln der Country- und Bluegrassmusik freizulegen, die heute oft unter Poparrangements verschwinden. Herausgekommen ist ein wirklich nur rustikal zu nennendes Bluegrass-Album, das danach schreit, die karierten Baumwollhemden aus dem Fundus zu kramen und mit einem ordentlichen Jiihaa durch die Stube zu hopsen.
© Karsten Rube


Bad Temper Joe "Tough Ain't Easy"
Timezone, 2015

Artist Video

www.badtemperjoe.com

Der Blues ist die Musikrichtung, die man neben der Countrymusik am eindeutigsten mit den Vereinigten Staaten in Verbindung bringt. Es gibt eine überschaubare Menge an Spielarten dieses Stiles. Bemerkenswert ist sicher, dass sich der Blues deutlich von anderen Stilarten abgrenzt und genreübergreifende Projekte oder Crossoverproduktionen mit dem Blues seltener sind, als bei anderen Musikrichtungen. Eine Vielzahl amerikanischer, aber auch europäischer Musiker, fühlen sich im Blues zu Hause. Sicher auch deshalb, weil seine harmonische Grundfunktion verhältnismäßig einfach zu beherrschen ist und für eine klare Linie im Ausdruck sorgt. Blues ist also vor allem eine Musikrichtung für Erzähler. Im folgenden ist eine kleine Sammlung neuerer Bluesproduktionen zu finden.

Bad Temper Joe ist Anfang Zwanzig und hat bereits seine dritte CD aufgenommen. Der junge Bielefelder Gitarrist ist ein Bluesgetriebener. Seine Stilistik kann man dem Rootsblues zuordnen. Während er bisher eher zur Slidegitarre griff, hat er sich bei der Aufnahme des aktuellen Albums "Tough Ain't Easy" dazu entschlossen, zum klassischen Gitarrespiel zu wechseln. Die Songs sind klar von der Erzählstruktur des Blues geprägt, lassen aber auch Elemente von Folk und Country durchschimmern.
© Karsten Rube


Michael Jerome Browne "Sliding Delta"
Borealis, 2015

www.michaeljeromebrowne.com

Der kanadische Musiker Michael Jerome Brown hat sich die Inspiration für sein Album auf einer Reise entlang des Mississippi geholt. Das Cover zeigt eine Illustration eines Mississippidampfers, der als Eisenbahnfähre diente. Hier transportierte ein Dampfschiff eine Dampflok über den Strom. Dies als Anregung hat sich Brown ganz dem ländlichen Blues der zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre des letzen Jahrhunderts gewidmet. Seine Akustikversionen alter Songs sind beeindruckend in ihrer klaren und einfachen Spiel- und ihrer Erzählweise. Mit präzisem Fingerpicking- und Slidestile bearbeitet er Banjo und Gitarre, greift auch mal zur Mandoline. "Sliding Delta" ist ein schönes Stück wiedererstandener Bluesgeschichte.
© Karsten Rube


Igor Prado Band "Way Down South"
Delta Groove, 2015

www.igorpradoband.com

Ich würde die CD der Igor Prado Band "Way Down South" ohne Bedenken dem Chicago-Blues zuordnen. Eine rockig-bluesige Atmosphäre bricht sich beim Hören des Albums Bahn. Dass der Bandleader, Sänger und Gitarrist aus Brasilien stammt, ist dem Album nicht anzuhören. Stellenweise klingt ein Stich Rockabilly in den Songs durch. Der hervorragende Bluesgitarrist lässt die Saiten seines Instrumentes ordentlich Feuer fangen. Ivan Marcio bekommt mit einerverrotzten Harmonika im Song "She's got" sein Solo. Das Album wurde dem Entdecker der Igor Prado Band, dem Bluesharmonikaspieler Lynwood Slim gewidmet, der noch während der Produktion des Albums verstarb.
© Karsten Rube


Magnus Berg "Cut me Loose"
Screen Door Records, 2015

www.magnusbergmusic.com

Blues muss nicht immer aus Amerika kommen, auch wenn er sich so anhört. Und er muss nicht immer von alt gedienten Musikern stammen. Magnus Berg ist keine zwanzig Jahre alt und stammt aus Norwegen. In Punkt Dampf kann der junge Bluesgitarrist manchem alten Hasen was vor machen. Gesanglich glaubt man ihm sein Alter ohnehin nicht. Sein Debütalbum "Cut me loose" ist ein feuriges Bluesrock-Album der alten Schule. Strenge Gitarrenriffs, deftige Rocksequenzen und eine schreiende Mundharmonika bietet das Werk. Magnus Berg wartet mit ein paar eigenen sehr gelungenen Bluesnummern auf. Unterstützt wurde er dabei von der Bluesröhre Kirsten Thien. Lediglich drei der zehn Tracks sind Coverversionen, darunter der "Kansas City Blues" von Kim Jackson. Ein deftiges und rundum gelungenes Debüt.
© Karsten Rube


John Cee Stannard "Bus Depot Blues"
Cast Iron, 2014

www.johnceestannard.co.uk

Der Brite John Cee Stannard war bereits in den Siebzigern als englischer Volksmusikstar auf Festivals unterwegs. Später moderierte er Radiosendungen und übernahm ein paar Statistenrollen in Kinofilmen, wie in "Harry Potter und der Feuerkelch" und im "Anhalter durch die Galaxis". Einen Fantasyroman hat er auch geschrieben. Seine neueste Passion ist der entspannte Blues. "Bus Depot Blues" ist ein unangestrengtes, unterhaltsames Bluesalbum mit einer Tendenz zum Jazzschlager. Er erzählt ein paar Geschichten über verlorene Liebe und das Leben im Rückwärtsgang, über ein dunkles, muffiges Busdepot und ein gescheitertes Unternehmen. Mit "Thats Alright" greift er auf einen alten Kassenschlager zurück, den Elvis Presley zum Erfolg jodelte. "Bus Depot Blues" ist eine dreiviertel Stunde Blues der angenehmsten Sorte.
© Karsten Rube


Sauce Boss "100% Pure"
Burning DiskInc., 2014

www.sauceboss.com

Sauce Boss, der Mann, der mit Kochmütze auftritt, gehört nicht zur Muppetshow, sondern inszeniert sein eigenes Bluestheater. Mit rockigen Slides würzte er kräftig den Bluestopf. Entsprechend deftig ist das Produkt, das er auf der CD "100% Pure" vorstellt. So viel Strom hört man selten bei einer Bluesscheibe über die Gitarrensaiten heizen. Harte Grooves und eine kantige Stimme verleihen dem Album die nötige Authentizität. Auch an einen langgezogenen Delta-Blues wagt sich der Koch heran und zum Ende des Albums wird er mit der Ballade "Song of the Irish Band" etwas melancholisch, bevor er ganz zum Abschluss nochmal alles an elektrischer Energie aus den Steckdosen holt, was das nahegelegene Kraftwerk zur Verfügung stellt. "100% Pure" ist schriller und lauter Blues.
© Karsten Rube


Bobby 'Hurricane' Spencer "Hurricane Unleashed"
R Music, 2014

www.bobbyhurricane.com

Den Kämpfernamen Hurricane bekam Bobby Spencer bei einer Session, in der er seine Lippen nicht vom Saxophon losbekam. "Du spielst wie ein Hurrikan" hieß es damals. Also blieb er dabei und importierte diesen Namen auf seine CD "Hurricane Unleashed". Dieses 2014 entstandene Album vereint zwei seiner musikalischen Seiten. Er stammt aus Michigan und lebt in Kalifornien. Für ihn ist damit eine Verbindung aus Chicagoblues und West Coast Blues unvermeidlich. Spencer besticht vor allem durch seine Nähe zum Rhythm & Blues und zum Soul. Stellenweise wird das Album sogar mit Funk-Rhythmen aufgepeppt. Im Mittelpunkt der Songs steht natürlich das nie verhallende Saxophon des Meisters.
© Karsten Rube


Carl Franklin "Been a While"
Pwop Studios, 2013

www.carlfranklin.com

Gutes Handwerk ist nie zu verkennen. Carl Franklin ist ein ausgezeichneter Virtuose auf der E-Gitarre. Über die Jahre hat er ein großes Interesse am Blues und an der Funkmusik entwickelt. Dies kombiniert der Sänger und Instrumentalist auf dem Album "Been a while" gekonnt. Die Bläsersektionen der Songs ihn zwar eher am Jazz andocken, trotzdem ist sein Gespür für den elektrisch verstärkten Blues in seinen Arrangements unüberhörbar. Drei der neun Songs sind Coverversionen. "Drive my car" gefällt mir auf dem Franklin Album um Längen besser, als das Beatles-Original. Sein "Boogie- Groove" erinnert mich an Steely Dan, die Franklin ausdrücklich als Vorbilder angibt. Feines grooviges Album.
© Karsten Rube


Various Artists "Blues Harp Women" [2 CDs]
Ruf Records, 2015

Ruf Records verdient sich mit diesem Doppelalbum den Ruf, ein Kapitel der Musikentwicklung ausgeleuchtet zu haben, der so noch nicht betrachtet wurde. Frauen im Blues sind ja seit einiger Zeit gleichberechtigt und manchmal habe sie den altgedienten Herren des Genres auch einiges an Originalität voraus. Aber um die Bluesmusikerin, die die Harmonika spielt, wurde bisher nicht viel Brimborium gemacht. Zu Unrecht, denn was das Label für die CD "Blues Harp Woman" ausgegraben hat, wagt sich schon deutlich an die obere Messlatte im Blues- und Mundharmonikaspiel. Ich muss gestehen, dass mir keine der Künstlerinnen auf diesem Album bisher bekannt waren. Vermutlich hört man auch nicht viel von ihnen in einschlägigen Medien. Doch so wie sie sich präsentieren, müssen sie Live schon manche Bühne in Brand gesteckt haben. Kraftvolle Interpretationen sind zu hören, selbstbewusst wirkende Songs, phänomenale Stimmen und immer wieder allerfeinste Harmonikasolos. Keine der 31 Frauen möchte ich herausheben, denn jede für sich ist ein Ereignis. Das Label hat beste Arbeit beim Heraussuchen der Künstlerinnen und Songs geleistet. Musik nicht nur für Bluesfans und Harmonikafetischisten, sondern für alle, die starke Stimmen lieben.
© Karsten Rube


Tori Sparks "El Mar"
Glass Mountain Records, 2014

Artist Video

www.torisparks.com

Tori Sparks hielt es nicht in Chicago. Dort hat sie zwar ein paar erwähnenswerte Blues-Alben produziert, aber irgendwas drängte sie nach Barcelona. Das Album "El Mar" entstand fast ausschließlich am Mittelmeer. Die europäischen Einflüsse der iberischen Musik und ihren amerikanischen Wurzeln fanden darin zu einem Gemisch zusammen, das am ehesten an Tex- Mex erinnert. Flamenco möchte hier eine Verbindung mit dem Blues eingehen. Da beide Musikformen Ausdruck tiefster Empfindungen aus Seele und Herz sind, funktioniert das auch sehr gut. Zweisprachig aufgenommen, klingt das Album wie nach multikulturellem Weltschmerz. Die Melancholie scheint die Haupttriebfeder dieses iberoamerikanischen Flamenco-Blues-Album zu sein.
© Karsten Rube


Dalannah and Owen "Been around a While"
Quest Records, 2015

www.dalannahandowen.com

Minimalbesetzung lautet das Konzept der beiden kanadischen Bluesmusiker Dalannah Gail Bowen und Owen Veber. Dalaannah singt, Owen spielt Bass. Bei den Songs, die sie für ihr Album "Been around a While" ausgesucht haben, handelt es sich vor allem um Standards des Blues. So bedienen sie sich bei B.B.King und Son House. Aber auch der "Inner City Blues" von Marvin Gaye wird von den beiden auf dramatische Weise reduziert vorgetragen. Man braucht schon einiges an Erfahrung und Talent, eine Bluesscheibe nur mit Bass und Stimme aufzunehmen. Davon haben die Künstler aus Vancouver allerdings eine Menge.
© Karsten Rube


Tom Shaka "Sweet and Mean"
Blind Lemon Records, 2015

www.tom-shaka.de

Thomas Schleiken - Gitarrist und Labelgründer - lädt in sein kleines Tonstudio immer wieder Bluesmusiker ein. Tom Shaka hatte er schon zu Gast. Nun hat er den amerikanischen Bluesmusiker ein weiteres Mal geladen und einen Liveabend mit ihm aufgenommen. Shaka, der eigentlich an vielen Fronten politisch aktiv ist, hat sich hier bewusst mit Songs bewaffnet, die kaum zu den brisanten Themen Stellung nrhmen. Er weist zwar im Booklet darauf hin, wie wichtig ihm politische Stellungnahme ist, erklärt aber nicht, weshalb seine Songs auf der CD keine Protestsongs sind. Vielleicht wollte er sich dem Blues in seiner reinen Form widmen, denn dieser ist für sich schon eine Musikform, die aus Protest und Engagement entstand. "Sweet and Mean" ist eine Aufnahme eines gelungenen Solobluesabends.
© Karsten Rube


Adam Franklin "Outside Man"
Blind Lemon Records, 2015

www.adamfranklinblues.com

Ebenfalls bei Blind Lemons erschienen ist die CD "Outside Man" von Adam Franklin. Franklin gelingt es, die Songs mit Gitarre und Ukulele so zu interpretieren, als wären sie bereits hundert Jahre alt. Dabei bringt er alte Songs der Vorkriegs-Ära zu Gehör, aber auch eigene Lieder. Den Blues und Ragtime der goldenen Ära amerikanischer Musik als One-Man-Band-Live- Performance hat Thomas Schleiken in dem kleinen Raum, in dem er seine Gäste empfängt in einer sehr persönlichen Atmosphäre eingefangen. Eine musikalische Zeitreise, der man sich gern anschließt.
© Karsten Rube


Tim Williams "So Low"
LowdenProud Records, 2015

www.cayusemusic.com

Der kanadische Bluesgitarrist Tim Williams begibt sich mit seinem Album "So Low" auf die Spuren des handgemachten traditionellen Blues. Eine gut sortierte Mischung aus eigenen Kompositionen und Song solcher musikalischer Größen, wie Johnny Cash, Big Bill Broonzy und Blind Boy Fuller. Der Purist beschränkt sich aufs Wesentliche. Ein meisterhaftes Gitarrespiel und die Geschichte, die er erzählen will. So klingt das kurze Album authentisch und ehrlich.
© Karsten Rube



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