Ausgabe 4 5/98

FolkWorld Live Review

Carnival Caribe with Edward II

Celtic Roots Reggae


Edward II in Bochum Langendreer

Bahnhof Langendreer, 21.2.98

Von Michael Moll

Die Bezeichnung 'Carnival Caribe' hätte mich fast davon abgehalten, zum Konzert von Edward II am Karnevalssamstag zu gehen - ich muß gestehen, ich hasse Karneval. Aber gut, daß ich allen Mut zusammengenommen habe und mich doch nach Bochum aufgemacht habe: Denn von Karneval war (zum Glück) nichts zu spüren; und Edward II legten ein hervorragendes Konzert vor.

Edward II, Pressefoto Edward II ist eine jener lustigen Bands, die vollkommen unterschiedliche Musikstile so zusammenbringen, daß man gar nicht so sehr merkt, daß die Stile normalerweise nichts miteinander zu tun haben. Wer hätte gedacht, daß es möglich sein kann, traditionelle Englische Folkmusik mit karibisch angehauchtem Reggae zu kombinieren, ohne daß die Eigenständigkeit der beiden Komponenten zerstört wird?

Die Band auf der Bühne zu sehen ist schon ein Erlebnis: Vier Engländer, die so typisch englisch aussehen, wie man sie sich in einem nordenglischen Pub vorstellt, und drei Reggae-Musiker wie aus dem Bilderbuch. Nicht gerade das gewöhnlichste Bild einer Band.

Die Musik ist einfach genial: Da fängt dann der Akkordeonspieler Simon Care ein flottes traditionell englisches Stück an, und irgendwann befindet man sich in mitten eines Reggaes, mit dem typischen Rhythmen, dem typischen Gesang. Aber gleichzeitig liegt immer noch unter dem Reggae-Feeling die traditionell englische Melodie, die Simon noch immer auf dem Akkordeon spielt. Die Arrangements von Edward dem Zweiten sind ungewöhnlich, aber äußerst effektiv. Unterlegt wird die Musik immer durch jamaikanische Reggae Rhythmen auf Baß und Schlagzeug; manchmal gibt eine Brass Section (Saxophon und Trombone) einen angenehmen jazzig-groovigen Spritzer in die Musik. Der Gesang von Glenn Latouche kommt eindeutig aus der Reggae-Ecke, auch wenn dann auch einmal Stücke dabei sein können wie 'Wild Mountain Thyme'.

Die Bühnenshow der Band ist originell und energiegeladen. Simon Care, der kleine hervorragende Akkordeonist, amüsiert immer mit seinen herrlichen Grimassen und Scherzen, während die anderen ganz auf die Musik konzentriert scheinen. Diese Mischung von typisch englischem Comedy von Simon ("He is crazy", wie seine Bandkollegen ihm immer bescheinigen) und seriösem Auftritt der restlichen Band ist wie geschaffen für eine lebendige Live-Performance. Die lässige Art der Band kommt auch gut 'rüber - mal geht Simon einfach von der Bühne, und der Zuschauer denkt, der hat sicher keine Lust mehr; aber die anderen Musiker lassen sich nicht daran stören, und spielen einfach fröhlich weiter. Zeitweise gehen dann auch noch weitere Musiker von der Bühne und setzen sich zu Simon. Aber das alles wirkt sich nicht aus auf die Musik. Und um so größer ist dann auch die Freude, wenn Simon wieder auf die Bühne kommt, und die Musik durch sein Akkordeon bereichert.

Die Musik ist sehr befriedigend sowohl für keltische oder englische Folkfans als auch für Reggae Fans - als auch für Freunde hervorragender Musik; von allem ist genügend dabei, um einen hervorragenden Abend zu haben. An diesem Abend bestand das Publikum - so schien es - eher aus Reggae Fans als aus Celtic/English Folk Fans; aber das kann sicher beim nächsten Konzert schon wieder vollkommen anders sein.

In Bochum war die Stimmung hervorragend gewesen, auch wenn es eigentlich - zumindest für die Qualität der Musik - etwas zu leer war. Aber Karneval - nein, nicht der karibische, sondern eben das, was die Leute an Karneval hören wollen, nämlich schlechte Schlager - waren doch eine zu starke Konkurrenz zu musikalischer Qualität. Die, die trotzdem bei Edward II waren, haben es bestimmt nicht bereut - es war ein hervorragender Abend. Edward II - ohne Zweifel eine der Bands, die eine der besten Bühnenshows bieten kann, und die wie geschaffen ist für eine fröhliche Party mit hervorragender Musik.

Die deutschen Tourdaten von Edward II finden sich auf der Homepage von deren Deutschlandagenten, Music Contact


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 5/98

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