FolkWorldLive Review August 2003 von Walkin' T:-)M:

Auf zum bots

Hans Sanders & Bots, Folkwoods 2003

Mit dem neuen Festivalgelände unweit von Eindhoven hat das Folkwoods-Festival einen Glücksgriff getan. Da ließ es sich auch Mitorganisator Hans Sanders nicht nehmen, noch einmal bots auf die Bühne zu stellen und die alten Hadern anzustimmen: Alle Menschen, die ein besseres Leben wünschen, sollen aufstehn!

Agitprop nannten wir das damals, die Älteren erinnern sich vielleicht. Das war aber auch heimtückisch: tanzbare Popmusik spielen und das mit sozial-kritischen Texten.

In der Philips-Stadt Eindhoven ging 1967 ein Licht auf, als Sänger und Gitarrist Hans Sanders seine erste Single veröffentlicht.Bots, CD Entrüstung Das Projekt bots (botsen = zusammenstoßen) wird 1974 angegangen. Das Debütalbum im darauffolgenden Jahr wird ein Riesenerfolg, obwohl - oder vielleicht gerade weil - bots (1) die erste Band ist, die ein vollständig holländisch-sprachiges Repertoire spielt, und zudem (2) eine durch und durch politische Band ist.

Die zweite LP Voor God en vaderland (Für Gott und Vaterland) enthält den Hit Zeven dagen lang (Sieben Tage lang), ebenso wie das Stück Geburt nach einer traditionellen bretonischen Melodie.

Was wollen wir trinken, sieben Tage lang?
Was wollen wir trinken, so ein Durst!
Es wird genug für alle sein,
Wir trinken zusammen, roll das Fass mal rein,
Wir trinken zusammen, nicht allein!

Auf Benefizkonzerten und Solidaritätsfestivals ist bots gerngesehener, musikalischer Gast. Die dritte LP Wie zwijgt stemt toe (Wer schweigt, stimmt zu) stellt klar:

Und das ist unser Leben als Popmusikant:
Wir spiel'n für große Feste und wir spiel'n fürn Widerstand,
Wir spiel'n zum Mut und Mitmachen und keiner spielt den Star,
Und alles was wir singen, haben wir schon selbst erfahrn.
Popmusik ist nicht nur Erfolgsmusik, wenn das Volk draufsteht,
Popmusik ist auch Volksmusik, wenn das Volk aufsteht.
bots, Folkwoods 20031979 tritt bots auf dem Rock gegen Rechts-Festival in Frankfurt auf. Es folgt ein Angebot, die Texte einzudeutschen, und 1980 steht eine deutschsprachige LP in den Läden: Aufstehn! Bei den Texten haben u.a. die Liedermacher Dieter Dehm, Wolf Biermann und Hannes Wader, die Kabarettisten Henning Venske, Dieter Hildebrandt und Hanns Dieter Hüsch sowie Enthüllungsjournalist Günter Wallraff nachgeholfen.

Nach den Alben Entrüstung (1981) und Schön krank (1983) spielt bots vor 500.000 Menschen auf dem Festival Künstler für den Frieden in West-Berlin. Das Album Lass die Sterne stehen (1986) hingegen verkauft sich nur noch mäßig; die entpolitisierende Kohl-Ära hat begonnen. 1990 wird noch einmal eine niederländische LP, Paradijs, aufgenommen, aber Hans Sanders zieht sich mit dem in Deutschland verdienten Geld in das Kaffe de Groot am Wilhelminaplein in Eindhoven zurück.

Auf dem Folkwoods-Festival 2001 gibt es dann ein vielbejubeltes Wiedersehen. Von der Originalbesetzung ist wenig übriggeblieben, aber Hans Sanders hat Blut geleckt. Es folgen weitere Konzerte und Sanders schreibt neue Lieder.

Da erklingen sie nun, die Klassiker von damals: der Nichtsnutz und Ali Kümmeltürke, und die Augen immer nach Rechts. Natürlich alles in holländischem Urtext. Hans Sanders müht sich an der Stromgitarre ab und es rockt. Das Publikum schwelgt, nicht nur in Nostalgie. Denn die Texte sind noch genauso aktuell wie vor 25 Jahren. Sieben Tage lang kann hier jeder mitsingen. Und in diesem Lied wird nicht nur getrunken, sondern auch geschafft und gestritten und zwar zusammen, keiner kämpft allein.

Es ist Sonntag abend. Nicht nur das bots-Konzert neigt sich dem Ende entgegen, auch das Festivalgelände liegt im Licht der untergehenden Sonne. Damit droht der Montag - schließlich gehört nicht jedermann und -frau der Gattung Musikant an. Hans Sanders, Folkwoods 2003

Montagmorgen ist der Morgen nach dem Sonntag,
Nur mein Kater kommt im Kopf sofort in Fahrt.
Nebenan spielt einer Aufstehn,
Kann der Kerl denn das nicht abdrehn,
Soviel Optimismus is nix gut fürn Start.
Wenn ich so leben kann wie der Sänger nebenan,
Der geht schlafen, wenn ich grad beim Aufstehn bin.
Komm ich heim kaputt und schlapp,
Kommt der nebenan auf Trab
Und dann hör ich wie er Lieder komponiert.
Und er singt so viel von Arbeit
Und Problemen mit der Freizeit,
So'n paar Zeilen hab ich gestern mitnotiert:
Montag ist ein Misttag, Montag ist kein Tag,
Montag ist nur eine helle Nacht.
Da sieht man nur so aus wie wach.
Bis nächstes Jahr, wenn es vielleicht wieder in Folkwoods heißt: Botst zusammen!

Bots : home.iae.nl/users/vdmark/ehvsemuz/bots.htm

Folkwoods (www.folkwoods.nl) : 2000 2001, 2002, 2003.

Photo Credit: Walkin' T:-)M


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 02/2004

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