FolkWorld Artikel von Christian Rath:

Harfenmusik ohne Romantik

Das Ende des Internationalen Harfenfestivals


Die zwanzigste Ausgabe wird vorerst die letzte sein. Das "internationale Harfenfestival" startete Ende November seine Deutschland-Tournee in Weil am Rhein. Mit dem Organisator und Star des Festivals, Rüdiger Oppermann, sprach Christian Rath.

Rüdiger Oppermann Folkworld: Ist das nicht nicht etwas langweilig, einen ganzen Abend nur mit Harfenmusik zu füllen?
Oppermann: Harfenmusik kann sehr langweilig sein, aber nicht beim internationalen Harfenfestival. Da gibt es auch schräge Sachen und Harfenmusik mit viel Rhythmus. Wir präsentieren Harfenkünstler aus der ganzen Welt und diese entsprechen eben nicht dem Image, das man in Europa im allgemeinen von Harfenmusik hat.

Folkworld: Harfenmusik ist also nicht immer lieblich und entspannend?
Oppermann: Ach, hören Sie auf. Seit 25 Jahren kämpfe ich gegen dieses romantische Image der Harfenspielerin mit blonden Haaren und langem Kleid. Das stammt alles aus dem 19. Jahrhundert und hat sich leider im Kopf der Leute festgesetzt. Aber es ist einfach eine falsche Vorstellung, daß man mit der Harfe nur eine bestimmte Art von Musik spielen kann.

Folkworld: Ist das Publikum dann nicht etwas verstört, wenn ihm beim Harfenfestival sozusagen ein Weltmusik-Konzert geboten wird?
Oppermann: Wer das Plakat gelesen hat, weiß ja, worauf er sich einläßt. Und viele Leute kommen Jahr für Jahr wieder, um neue Seiten der Harfe zu entdecken.

Folkworld: Sie bezeichnen die Harfe als das "älteste Instrument der Welt". Sind Trommeln nicht viel archaischer?
Oppermann: Das denken viele. Aber die Harfe hat sich aus dem Bogen entwickelt, der zum Jagen benutzt wurde. Mit dessen Saite konnten Töne produziert werden und im Laufe der Zeit kamen dann immer mehr Saiten dazu. Eine solche Bogenharfe ist ist zumindest das älteste abgebildete Instrument.

Rüdiger Oppermann Folkworld: Das aktuelle Harfenfestival wird als das zwanzigste gezählt. Wie hat das eigentlich alles angefangen?
Oppermann: In Marburg gibt es ein regelmäßiges Harfentreffen, das ich auch organisiere. Zu Beginn war das Harfenfestival "nur" ein Abschlußkonzert dieses Treffens. Doch nach zehn Ausgaben hat sich das Festival verselbständigt und zieht jetzt als eigenständige Tournee durch mehr als zwanzig Städte.

Folkworld: In Weil spielen Sie in einer Kirche, das klingt nun doch wieder nach besinnlicher Harfenmusik...
Oppermann: Nein, nein, so ist das nicht gemeint. Wir spielen auch in der Frankfurter Alten Oper oder in kleineren Clubs.

Folkworld: Nach dieser Jubliläumstournee soll vorerst Schluß sein. Warum?
Oppermann: Ich brauche Zeit, um neue Pläne zu verwirklichen. Im nächsten Herbst will ich mit einem Projekt namens "Klangwelten" touren, das mit Musik verschiedener Stilarten experimentiert und sie mit Tanz und Licht vereint.

Folkworld: Sollen auch diese "Klangwelten" weltmusikalisch ausgerichtet sein?
Oppermann: Sicher. Ich knüpfe da an die ersten "Klangwelten"-Festivals an, die ich bis Ende der 80er-Jahre organisiert habe. Das waren sozusagen die ersten Weltmusik-Festivals in Deutschland.
Rüdiger Oppermann Folkworld: Als der Begriff "Weltmusik" gerade erst entstand...
Oppermann: Ja. Den Begriff habe übrigens ich in Deutschland eingeführt. Bereits 1981 habe ich eine meiner CDs als "Weltmusik" beschrieben.

Folkworld: Ungewöhnliche Harfenmusik benötigt ein ungewöhnliches Instrument. Was haben Sie an ihrer Harfe baulich verändert?
Oppermann: Ich habe mir eine Harfe mit beweglichen Stegen gebaut. Das erlaubt mir, die Töne zu ziehen - wie bei einer Blues-Gitarre.
Folkworld: Und verkauft sich diese Oppermann-Harfe dann gut?
Oppermann: Gar nicht. Das ist wohl zu individuell auf mich zugeschnitten, bisher hat diese Technik noch niemand übernommen.


20. Internationales Harfenfestival Besetzung:
Tata Dindin: Kora-Grooves aus Gambia
Park Stickney: New Yorcker Jazz Harpist
Janet Harbison: Harfenmeisterin aus Irland
Solongo Damdin: Urharfe der mongolischen Steppe
Rüdiger Oppermann: Global Celtic Harp Sounds

Rüdiger Oppermann Biographie
+ 1954 geboren und in der Pfalz aufgewachsen
+ Klassische Musikausbildung an Klavier und Cello, daneben E-Gitarre in einer Bluesband gespielt
+ Statt zu studieren, zwei Jahre durch Afrika und Asien gezogen
+ Vom Bretonen Alan Stivell ("Renaissance de la Harpe Celtique") zum Harfenspiel inspiriert
+ Instrumentenbauerlehre (Gitarre), den Lebensunterhalt als reisender Gaukler verdient
+ seit 25 Jahre mit der Harfe auf der Bühne.
+ lebt heute mit amerikanischer Frau, drei Kindern und zwei mongolischen Freunden im Elsaß

Aktuelle CDs
+ Rüdiger Oppermann "Fragile Balance" (intuition)
+ Various Artists "Art of Harp, Vol. 3 und 4" (intuition)

Kontakt: Music Contact

Photo Credit: Press Pics


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 12/99

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