Issue 8 2/99

FolkWorld Szene von Innen:

Life with Brian

Von Pam Naylor

Brian McNeill; photo by The Mollis Drones & Bellows haben eine aufregende Zeit hinter sich: In den Osterferien nahmen sie, mit Brian McNeill als Produzent, ihre zweite CD auf. Wenn alles nach Plan geht, erscheint sie rechtzeitig zum Tønder Festival.

Zwischen dem Erscheinen von 'Song of the Chanter' im Mai 1997 und dem Tondern-Festival 1998 hatte Brian sich mehrfach gemeldet. Bei einem Treffen beim Festival bot er schließlich an, die neue CD zu produzieren. In den folgenden Monaten kommunizierten wir per e-mail. Wir schickten ihm Rohaufnahmen, er gab seine Kommentare und Ratschläge zu den Arrangements.

23.3.99 - Anker Hintze und ich fahren abends nach Billund zum Flughafen, um Brian abzuholen. Ist er wirklich im Flugzeug gewesen? Die Maschine ist schon lange auf dem Boden. Unendlich viele Menschen kommen durch die Tür. Langsam werden wir unruhig. Doch dann kommt Brian mit einem breiten Lächeln und begrüßt uns, als seien wir bereits alte Freunde. So weit, so gut.

24.3.99 - Noch sind keine Osterferien. Wir treffen uns mit Brian um 14.00 Uhr im Tonderaner Gymnasium. Er verliert keine Zeit. Wir spielen ihm Bonnie Ship the Diamond vor. Kritik, Verbesserungen, Brian verlangt absolute Konzentration. Trotzdem ist die Stimmung heiter. Musiker, Komponist und Schriftsteller ist er - Schauspieler und Komiker könnte er auch ohne Weiteres sein. Nach zwei Stunden ist er mit Bonnie Ship halbwegs zufrieden. Wir dürfen erstmal von Bord steigen, aber dann geht's gleich weiter mit dem nächsten Stück ...
Wir beenden den Abend mit Essen und Nacht-Trunk in Hagges Pub.

25.3.99 - Donnerstag morgen in der Schule. Die Schüler merken sofort, daß ich nicht ausgeschlafen bin, und teilen mir dies unverblümt mit. Die Stunden bringe ich gutgelaunt, aber ungeduldig hinter mich. Um 14 Uhr hole ich Brian von seiner Wohnung ab. Wir proben wieder bis abends im Gymnasium. Nachdem er alle Stücke gehört hat, trifft er die vorläufige Auswahl. Mit diesen Stücken möchte er morgen wieder arbeiten.
Feierabend und gemütlicher Ausklang beim Italiener.

26.3.99 - Letzter Tag in der Schule vor den Osterferein. Endlich kann ich mich ganz auf die Sache konzentrieren. Brian und die Jungs kommen zu mir nach Sejerslev. Wir machen heute früher Schluß. Brian wirkt immer zufriedener mit unseren Bemühungen. "Well, that's the album finished. Let's have the party now!" Wir essen Lasagne und lassen uns unglaubliche Geschichten aus Brians Leben erzählen. Ob sich das wirklich alles so zugetragen hat?

27.3.99 - Morgens im Gymnasium. Ich werde zum Brötchenholen geschickt. Carl, der Techniker, und seine Anlage sind noch nicht angekommen. Auf dem Weg zurück vom Bäcker treffe ich Brian. Wie so oft spaziert er herum und redet in sein Diktiergerät. Dieser Mann läßt wohl keine Minute ungenutzt. Ich komme mir ziemlich faul vor.
Bald taucht Carl auf. In kurzer Zeit ist alles auf- und eingestellt. Auch ein Mann, der keine Zeit verschwendet. Die beiden werden gut miteinander auskommen. Am ersten Tag können wir wider Erwarten schon zwei Stücke aufnehmen.

Brian McNeill; photo by The Mollis 28.3.99 - Carl und Brian sind schon ein eingespieltes Team. Wir Musiker wechseln zwischen unerträglicher Anspannung bei den Aufnahmen und dem langen Warten dazwischen. "Hurry up and wait!" witzelt Brian. Im Kontrollraum ist meistens absolute Ruhe angesagt. Wir hängen also oft draußen auf dem Flur herum, hören aber trotzdem deutlich die Bemühungen des jeweiligen "Opfers".
Manchmal dauert es ganz schön lange, bis sich der Perfektionist McNeill zufrieden gibt. "You'll hate me by the end of the week!" hat er uns versprochen, gibt sich aber jede Mühe, seinen 'babies' auf die Sprünge zu helfen. Wenn Witze und gute Tips nicht klappen, greift er zuweilen zu drastischen Mitteln: "Now, get it right this time or I'll make you listen to the Spice Girls!" Wenn es auf Anhieb klappt, spart er aber nicht mit Lob: "Now, don't tell me there's anything wrong with that or I'll strangle you and throw the bits out of the window."

29.3.99 - "Heute müssen wir gern drei Stücke aufnehmen", meint Brian. Wir schaffen es gerade. Das letzte Lied klappt ganz unerwartet innerhalb einer Stunde. Morgen kommt das Fernsehen.

30.3.99 - Brian hat überlegt, daß wir für das Fernsehen Bothwell spielen sollen. Das Stück hat er für uns geschrieben; es ist nach dem dritten Ehemann von Maria Stuart benannt, der seine Tage in einem dänischen Gefängnis beendete. Nicht gerade unser lustigstes Stück, aber damit werden wir schon seriös wirken, meint Brian.
Von den Fernsehleuten ist Brian sehr angetan. "Die haben fast gar nicht gestört", staunt er. Bothwell dauert noch den ganzen Nachmittag. Mit dem Ergebnis sind wir aber alle sehr zufrieden. Wir beschließen spontan, die CD 'Bothwell' zu nennen.

31.3.99 - Beim obligatorischen Frühstück sehen wir uns den Fernsehbericht vom Vorabend an. Er ist sehr gelungen. Endlich ein Drones and Bellows -Medienereignis ohne Panne!
Dann meine erste Krise. Ein Stück, das mir nicht gelingen will. 'Uncle Brian', wie er sich für diese Aufgabe nennt, ist die Geduld in Person. Mittendrin die Pressekonferenz in Hagge's. Ich bin ziemlich deprimiert, staune aber, wie Brian gutgelaunt vor den Journalisten von uns schwärmt. Zurück ins Studio. Irgendwann ist das Stück eingespielt. "Cheer up", sagt Brian, "the next crisis is just around the corner!" Recht hat er: Um drei Uhr morgens geht es mit dem übernächsten Stück nicht weiter. Wieder liegt es an mir. Wir treffen uns morgen nachmittag wieder, und dann bekomme ich eine Stunde Zeit - oder ...

Brian McNeill; photo by The Mollis 1.4.99 - Letzter Aufnahmetag. Ich bin am Vormittag für die Familie nicht ansprechbar, übe stundenlang auf dem blöden Dudelsack. 14 Uhr: Brian taucht auf und hört uns beim Üben zu - unbemerkt von mir. "Das hört sich doch viel besser an", behauptet er. Die Aufnahme klappt auf Anhieb und die Stimmung steigt zusehends. Nur noch ein Stück - Bonnie Ship the Diamond. Hier fühlen wir uns ziemlich sicher, aber aufnahmetechnisch hat das Stück es in sich. Irgendwann mitten in der Nacht sind die vielen Komponenten des Bonnie Ship zusammengeschraubt. Wir stoßen an, fallen einander um den Hals. Brian ist (wie fast immer) bestens gelaunt und hat noch jede Menge Geschichten auf Lager. Wir hassen ihn noch immer nicht.
Als Carl anfängt, zusammenzupacken, wird uns klar, daß es wirklich vorbei ist. Die Rückkehr ins 'normale' Leben wird nicht einfach sein.

2.4.99 - Der Frühling hat sich von uns unbemerkt eingestellt. Die Fahrt nach Billund vergeht im Nu. Brian erzählt von den Strapazen der kommenden Woche. "Es wird nicht so angenehm wie die Woche mit euch," meint er. Am Flughafen ist noch Zeit für ein Bier. Dann der Abschied. Ich bedanke mich für die tolle Zeit. "Oh, but there's a lot more fun to come," versichert mir Brian.

Ergänzung der FolkWorld Herausgeber:
Mit dem erwähnten Fernsehauftritt hatte Brian anschließend noch eine weitere Begegnung. Im Brüsseler Flughafen sah er sich plötzlich auf einem Fernsehbildschirm wieder - der Beitrag aus Dänemark hatte einen französischen Text und einen niederländischen Untertitel...

Dieser Artikel entspringt den Folk News der LAG Folk Schleswig-Holstein.

Photo Credit: The Mollis

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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 7/99

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